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Staatenloser Mendener gerät wegen Fehler der Eltern vor Gericht
Prozess in Menden
Obwohl er in Deutschland geboren ist, gilt der Sohn einer Familie, die in Menden lebt, als staatenlos. Denn es kann nicht geklärt werden, woher die Eltern kommen. Er hätte mit 14 das Land verlassen müssen.
Ende der 1980er Jahre reißt eine mehrköpfige, ausländische Familie nach Deutschland ein. Sie stellt einen Asylantrag. Es kommen weitere Kinder zur Welt. Unter anderem wird 1992 ein Sohn geboren. Die Familie erhält einen negativen Asylbewerberbescheid, muss die Bundesrepublik verlassen. Doch das tut sie nicht.
Lediglich der Vater kehrt in seine Heimat zurück. Wo diese ist, darüber herrscht Unklarheit. Während die deutschen Behörden die Familie der Türkei zuordnen, behauptet die Mutter, sie sei aus dem Libanon und ihr Mann aus Syrien. Der 1992 geborene Sohn, der aufgrund der nicht geklärten Herkunft der Eltern als staatenlos gilt, musste sich nun wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz vor dem Jugendstrafgericht im Amtsgericht Menden verantworten.
Zwei Vorwürfe spielten eine Rolle. Zum einen hätte er mit Erreichung des 14. Lebensjahres, also seit 2006, die Bundesrepublik verlassen müssen da er keine Aufenthaltsgenehmigung hatte. Den zweiten Vorwurf machte die Staatsanwaltschaft dem 28-Jährigen, weil er 2017 beim Ausländeramt unter falschem Namen eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt und 2018 bekommen hatte.
Richter sieht Verantwortung nicht beim Angeklagten
Im Gericht machte es der Angeklagte kurz: „Ist richtig.“ Bezüglich des ersten Vorwurfs sah der Richter die Verantwortung nicht beim Angeklagten, sondern bei den Eltern. 2006 sei der Angeklagte 14 Jahre alt gewesen. Es dürfe nicht davon ausgegangen werden, dass er wusste, dass sich er und seine Familie unerlaubt in Deutschland aufhielten. Das kriminelle Unrecht des 28-Jährigen sei gering, da er in die Situation hinein geboren wurde, befand der Richter. Am Ende entschied das Gericht, das Verfahren im Ganzen einzustellen. Allerdings muss der Angeklagte wegen der Angabe des falschen Namens 300 Euro als Auflage an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.
Der Fall gehöre eigentlich vor ein Verwaltungsgericht, so der Richter. Strafrechtlich hat sich der 28-Jährige bislang nichts zuschulden kommen lassen. Ein Bruder des Angeklagten musste sich vor einiger Zeit wegen derselben Vorwürfe vor einem Strafgericht verantworten. Auch sein Verfahren wurde letztlich gegen eine Geldauflage eingestellt.
Ist im Land Brandenburg geboren, fühlt sich seit 2008 in Nordrhein-Westfalen wohl. Nach ihrem Volontariat und einer zweijährigen Redaktionatätigkeit hat sie ihre Liebe für die Gerichtsberichterstattung entdeckt. Seither ist sie in vielen Sitzungssälen anzutreffen.
