Geheimakte Krankenschein: Sport trotz Attest vom Arzt Kann man dadurch seinen Job verlieren?

Spielen auf Krankenschein
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Immer wieder kommt es im Amateursport vor: Ein Spieler fehlt auf dem Aufstellungsbogen mit Klarnamen. Auf Nachfrage heißt es dann, dass der Spieler einen Krankenschein habe und man keine Konsequenzen bei seinem Arbeitgeber riskieren wolle. Nach dem Motto: „Was der Arbeitgeber nicht weiß, macht ihn nicht heiß.“

Versteckspiel auf dem Spielbericht: Wenn Namen verschwinden

Konflikte zwischen Firmen und ihren Angestellten gibt es immer wieder. Um Geld. Um Leistung. Um Aufrichtigkeit. Immer wieder gibt es im Amateurfußball oder auch im Handball zahlreiche Beispiele für Sportler, die sich trotz Krankschreibung bei ihren Arbeitgebern schließlich in den Dienst ihrer Mannschaft stellten.

Funktionäre, Trainer und Offizielle haben dabei ihren eigenen Weg gefunden, mit der Thematik umzugehen. Sie lassen den Namen für die Öffentlichkeit verschwinden. Wie das geht? Bei der Aufstellung, die mittlerweile weitestgehend digital ausgefüllt wird, reichen einige Klicks, um den Klarnamen auf Plattformen wie fussball.de verschwinden zu lassen. Begründen muss man das nicht. Und deswegen wird es häufig praktiziert - und für manche ist das erschreckend selbstverständlich.

Spieler könnten vom Arbeitgeber kein Geld mehr bekommen

Das Verhalten des Spielers kann durchaus Konsequenzen nach sich ziehen, wie Udo Speer, Anwalt für Arbeitsrecht, erklärt. Zwar würden Folgen für den Spieler grundsätzlich vom Einzelfall abhängen, Arbeitgeber könnten beispielsweise aber die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall einstellen.

„Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht nur, wenn der Arbeitnehmer die Krankheit nicht selbst verschuldet hat“, sagt Speer. Hat der Arbeitnehmer seine Fürsorgepflicht verletzt, erlischt der Anspruch. Das bedeutet im konkreten Fall: Verlängert er durch falsches Verhalten seine Krankheit, muss er mit Lohnkürzungen rechnen.

Udo Speer (l.), Anwalt für Arbeitsrecht, hat sich zur Thematik „Spielen auf Krankenschein“ geäußert.
Udo Speer (l.), Anwalt für Arbeitsrecht, hat sich zur Thematik „Spielen auf Krankenschein“ geäußert. © Teimann

Arbeitgeber könnten sogar Schaden geltend machen, wenn der Mitarbeiter beispielsweise plötzlich länger ausfällt und er kurzfristig teuren Ersatz finden muss. Kündigungen seien Speers Einschätzung zufolge aber grundsätzlich nicht rechtens. „Das wäre eine verhaltensbedingte Kündigung“, lautet Speers Einschätzung. Als Voraussetzung müssten Abmahnungen ausgesprochen worden seien.

Konsequenzen auch von der Krankenkasse

Auch von ihrer Krankenkasse nehmen Spieler unbequeme Nachforschungen in Kauf. Die Pressestelle der Barmer antwortete auf eine Anfrage: „Krankengeld erhalten Arbeitnehmer, die wegen einer Arbeitsunfähigkeit ihre Arbeit nicht ausüben können. Im Sinne der Solidargemeinschaft unserer Versicherten sind wir als gesetzliche Krankenkasse gehalten, wirtschaftlich und verantwortungsvoll mit den Beiträgen aller umzugehen. Dazu gehört unter anderem, bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst (MD) einzuleiten. Dies sieht der Gesetzgeber ausdrücklich so vor.“

Nur wenn der MD auch die Arbeitsfähigkeit bestätigt, kann die Zahlung des Krankengeldes eingestellt werden. „Arbeitgeber, die bereits während der Entgeltfortzahlung Zweifel an der vom Mitarbeiter vorgelegten Bescheinigung haben, können die zuständige Krankenkasse beauftragen, die Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen. Ergibt sich dies nicht sicher aus den vorliegenden Akten, schalten wir auch dann den MD ein und informieren den Arbeitgeber im Anschluss über das Ergebnis“, teilte die Barmer mit.

Keine Kündigung vom Arbeitgeber, Versicherungsschutz bleibt

Den Versicherungsschutz verlieren Sportler nicht, genau so wenig, wie sie eine sofortige Kündigung erfahren dürften - der Worst Case der Befürchtungen dürfte bei den allermeisten Fällen nicht eintreten.

Ist das eine gute Nachricht? Sicherlich nicht. Denn stärker fallen hier die gesundheitlichen Risiken ins Gewicht: eine Krankheit zu verschleppen oder zu verschlimmern bis hin zu dem Risiko, sich eine Herzmuskelentzündung zuzuziehen. Und ob es sich lohnt, auf Krankenschein zu spielen und für Sport in einer unteren Liga persönliche Folgen zu riskieren, muss am Ende jeder selber abwägen.

Redaktioneller Hinweis: Dieser Artikel erschien bereits am 1. Januar 2022. Wir haben ihn aus gegebenem Anlass erneut veröffentlicht.