Die geplante Krankenhausreform könnte die Notfallversorgung bei akuten Herzinfarkten laut einer Analyse für die Krankenhausgesellschaft in gefährlichem Ausmaß verknappen. Das geht aus einer am Dienstag vorgestellten Analyse für die Deutsche Krankenhausgesellschaft hervor.
Die auf Nordrhein-Westfalen heruntergebrochenen Daten wiesen unter anderem auf eine „extrem gefährliche“ Konzentration der geplanten Standorte in der sogenannten interventionellen Kardiologie hin, warnte der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW), Ingo Morell. Derzeit könnten akute Herzinfarkte in NRW noch an 136 Standorten schnell behandelt werden. Bei der angepeilten Aufteilung der Krankenhäuser in Grundversorger und höhere Notfallstufen blieben nur noch 34 Standorte übrig.
Extreme Auswirkungen auch in Geburtshilfe
„70 Prozent der Patientinnen und Patienten müssten auf eines dieser Krankenhäuser ausweichen“, kritisierte Morell. „Wenn es um Leben und Tod geht, wenn jede Sekunde zählt, kann in einem Bundesland mit 18 Millionen Einwohnern nicht ein dünnes Netz von wenigen Kliniken die Daseinsvorsorge sichern.“
Extrem wären die Auswirkungen der vor zwei Monaten von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellten Vorschläge demnach auch in der Geburtshilfe: Von 137 Standorten blieben nach einer Spezialisierung der Krankenhäuser nur noch 35 übrig, errechnete ein Essener Wirtschaftsprofessor mit einer auf Krankenhäuser spezialisierten Datenanalyse-Firma. 70 Prozent der Eltern müssten sich dann eine andere Entbindungsklinik suchen.
Reformvorschläge hätten „rigorose Einschnitte“ zur Folge
„Es ist vollkommen unrealistisch, mehr als zwei Drittel aller Geburten kurzerhand auf wenige Geburtshilfen auszulagern“, betonte Morell. „Dafür müssten an diesen Standorten mehrere Etagen mit Kreißsälen und zugleich Hotels für Hochschwangere und Angehörige gebaut werden.“
Die Reformvorschläge brächten für die meisten Patienten „rigorose Einschnitte“ mit sich - unter anderem in der Neurologie und Urologie. „Wichtige medizinische Leistungen müssten bei konsequenter Anwendung des Reformkonzepts auf nur noch 36 Krankenhäuser im Rheinland und in Westfalen-Lippe konzentriert werden“, bilanzierte die KGNW. „Das bedeutet, dass der überwiegende Teil der 337 NRW-Krankenhäuser von elementaren Teilen der Versorgung ausgeschlossen würde.“
Caritas ist alarmiert
Aus Sicht der Gesellschaft und des Landkreistags NRW muss die Verantwortung für die Krankenhausplanung bei den Ländern bleiben. „Wer Krankenhausplanung nur nach einem Algorithmus ausrichtet, kann dem realen Bedarf der Menschen in unserem Land nicht gerecht werden“, warnte Morell. „Wir hoffen, dass Bund und Länder bei ihren Gesprächen über eine Krankenhausreform den Fokus auf die flächendeckend gute Versorgung der Patientinnen und Patienten legen.“
Auch Caritas, Diakonie und der Landkreistag äußerten sich alarmiert über die Ergebnisse der Auswirkungsanalyse. „Eine Krankenhausreform ist notwendig, sie darf aber nicht zu Versorgungslücken führen“, unterstrich der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags NRW, Martin Klein, in einer Mitteilung. „Wir rechnen mit ernsten Folgen nicht nur für die medizinische Versorgung in ländlichen Gebieten“, warnte auch die Caritas in NRW.
dpa
urn:newsml:dpa.com:20090101:230214-99-592226/2
Laumann zu Klinikreform: Krankenhaus-Planung muss Ländersache bleiben
Lauterbach will Krankenhaus-“Revolution“ schaffen: Diese Reformen sind geplant
Mangel an Blutkonserven : DRK: „Eine rote Linie ist erreicht“