Bilanz der Solaranlagen Kreis Unna schwächelt bei Photovoltaik-Großprojekten

Solaranlagen-Bilanz: Kreis Unna schwächelt bei Photovoltaik-Großprojekten
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Für die allgemein propagierte Energiewende sollen auch die Bürgerinnen und Bürger einen Beitrag leisten: 2025 kommt eine Solarpflicht beim Neubau von Wohngebäuden. Im Kreis Unna schwächelt die Photovoltaik allerdings aktuell. Gas hat beim Heizen und Warmwasser immer noch die Nase vorn.

„Das Ganze ist tatsächlich überschaubar“, befindet Jakob Schmid, Referent für Erneuerbare Energien beim Landesverband Erneuerbare Energien NRW e.V. Die Interessenvertretung hat den Zubau bei Solarenergieanlagen im ersten Halbjahr des laufenden Jahres für alle Kommunen ausgewertet.

Rund 2.600 Anlagen mit 20.000 KW Leistung

Im gesamten Kreisgebiet sind demnach 2.602 Anlagen neu errichtet worden. Die installierte Leistung liegt bei 20.139 KW. Eine Solaranlage erzeugt theoretisch pro Kilowattpeak (KWp), also bei angenommener Spitzenleistung unter idealen Bedingungen, 1.000 kwh Strom.

Die Stadtwerke Unna beispielsweise geben den durchschnittlichen Jahresverbrauch einer dreiköpfigen Familie beim Strom mit 3.500 kwh an. Um es plastischer zu machen: Mit einer Kilowattstunde Strom kann man eine volle Ladung Wäsche waschen, sieben Stunden ununterbrochen Fernsehen oder auf dem Elektroherd eine Mahlzeit für eine Familie zubereiten.

Der Kreis Unna landet mit der Halbjahresbilanz nur auf Rang 27 von 53 kreisfreien Städten und Kreisen in Nordrhein-Westfalen. Jakob Schmid hat die Ausbauzahlen auf Nachfrage dieser Redaktion aufgeschlüsselt.

Herausgekommen bei der Auswertung des Zubaus ist, dass Strom aus Sonnenkraft in allen zehn Kommunen zusammengenommen zu rund 90 Prozent aus baulichen Anlagen an Haus, Dach, Fassade oder sonst an Gebäuden gewonnen wird.

Kein Neubau einer Freiflächenanlage im Kreis Unna

Dagegen ist im Kreis Unna im ersten Halbjahr keine einzige Freiflächenanlage ans Netz gegangen, auch sonstige PV-Anlagen im öffentlichen Raum, z.B. an Aufschüttungsflächen, Gewässern oder Parkplätzen sind mit 13 Neuinstallationen verschwindend gering. Sie erzeugen gerade einmal 281 KW.

„Stattlich vertreten“, so Jakob Schmid, seien im Kreis Unna die neuen Stecker-PV-Anlagen, also vor allem die sogenannten Balkonkraftwerke. 1.176 neu installierte Geräte erbringen eine Gesamtleistung von immerhin 1.098 KW. Die meisten PV-Anlagen in den Städten gibt es mit 2.263 Stück in Unna; auf die Einwohnerzahl bezogen schneidet Schwerte mit nur 1.541 Anlagen am schwächsten ab.

Der flächenmäßig mehr als dreimal so große Nachbarkreis Soest ist Spitzenreiter in ganz NRW: Dort sind in den ersten sechs Monaten des Jahres mit 2.645 Anlagen zwar unwesentlich mehr als im Kreis Unna entstanden. Der Ausstoß von 57,85 Megawatt ist aber fast dreimal so groß.

Viel Leistung durch große Freiflächenanlagen

Viel Leistung geht also definitiv von großen Flächenanlagen aus. Im flächenmäßig sehr großen Lippstadt gibt es 3.378 PV-Anlagen, aber auch in Soest und Werl, die flächen- und einwohnermäßig kleiner sind als Unna, gibt es mit 2.521 bzw. 2.051 relativ viele Photovoltaikanlagen.

In dieser Hinsicht tut sich allerdings einiges im Kreis Unna. Viele Kommunen fördern die Anschaffung von PV-Anlagen, in Bergkamen sind bis zu 1.750 Euro Zuschuss möglich. Ein gutes Beispiel ist auch Fröndenberg mit gleich mehreren Projekten. Durch das Unternehmen Tetraeder Solar sind dort die für Freiflächenanlagen geeigneten Standorte ermittelt worden.

Bernd Molitor, Vorsitzender des Bürgerenergievereins Renergie Ruhr-Hellweg, steht vor seinem Haus in Fröndenberg.
Bernd Molitor, Vorsitzender des Bürgerenergievereins Renergie Ruhr-Hellweg, hat sein eigenes Haus ökologisch nachgerüstet. © Archiv/Udo Hennes

Der Bürgerenergieverein Renergie Ruhr-Hellweg erhofft sich dadurch die Möglichkeit, eine Bürgerenergie-Solaranlage zu errichten, wie Vorsitzender Bernd Molitor am Freitag (2. August) bestätigte. Beantragt hat der Verein, dass Bürger in Solaranlagen auf Dächern städtischer Immobilien investieren und den erzeugten Strom an die Stadt Fröndenberg verkaufen.

In Planung ist bereits auf einer 14 Hektar großen alten Mülldeponie in Fröndenberg-Ostbüren eine gemeinschaftliche Anlage von Stadt und GWA Kreis Unna, die eine elektrische Leistung von 16,5 Megawattpeak produzieren und jährlich mehr als 14,5 Kilowattstunden Strom erzeugen könnte. Umgerechnet könnte der Strombedarf von rund 3.600 Drei-Personen-Haushalten gedeckt werden.

Solarpflicht für private Neubauten ab 2025

Ein weiteres Großvorhaben plant der Landwirt Georg Ostermann auf einer Ackerfläche in Fröndenberg: Gemeinsam mit der Fröndenberger Firma Entegro soll dort ein Solarpark auf rund 25 Hektar Fläche mit einer potenziellen Leistung von 25 Megawattpeak entstehen. Im Idealfall könnte diese Freiflächen-PV-Anlage sogar 25 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen und umgerechnet 8.000 Haushalte versorgen.

Viele Privatleute werden sich schon bald ernsthaft mit dem Thema Photovoltaik auseinandersetzen müssen. Während der Bund bisher keine verpflichtenden Regelungen erlassen hat, müssen in NRW seit Januar 2024 alle neuen Nichtwohngebäude mit PV-Anlagen ausgestattet sein.

Ab 2025 gilt die Solarpflicht auch beim Neubau von Wohngebäuden und ab 2026 müssen bei Dachsanierungen auch Altbauten mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet werden. Die Dächer müssen sich aber auch eignen, ansonsten entfällt die Pflicht. Es gelten Ausnahmen für Dächer, die kleiner als 50 Quadratmeter sind.