Siebenfache Mutter Weihnachten ist für Jeannine Vüllings kein Kinderspiel

Siebenfache Mutter: Weihnachten ist für Jeannine Vüllings kein Kinderspiel
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Entspannt sitzt Jeannine Vüllings in ihrem Haus in Recklinghausen-Suderwich an einem langen Holztisch, die dampfende Tasse Kaffee in der Hand. Der Kaminofen verströmt eine wohlige Wärme. Erst mal kurz durchatmen, bevor es weitergeht. Schließlich gibt es viel zu tun, vor allem jetzt – vor dem Fest.

„Manchmal weiß ich nicht, wo mir der Kopf steht“, gesteht die 38-Jährige und lacht, „aber Improvisieren gehört zu unserem Alltag, das ist ganz normal.“ Jeannine Vüllings sieht trotzdem zufrieden aus. Sehr zufrieden. Denn sie und Ehemann Sven sind stolz auf ihre XXL-Familie – mit drei Jungen und vier Mädchen. Allerdings ist ihr Leben alles andere als ein Kinderspiel.

Mama und Papa machen diese Zeit richtig schön

Louisa (1), Lieke (4), Lylou (7), Béla (9), Lynn (11), Jannis (15) und Louis (17) lieben diese besondere Zeit, denn Mama und Papa machen ihnen Weihnachten sooooooooo richtig schön. Und das hat nichts mit riesigen Geschenken zu tun. Das fängt vielmehr beim aufblasbaren Schneemann im Garten an und hört beim liebevoll gestalteten Adventskalender an der Küchenwand noch lange nicht auf. „Auch wenn das jetzt kitschig klingt“, sagt Jeannine Vüllings und zögert einen Moment, dann spricht sie weiter, „Weihnachten bedeutet für mich Familienzeit - und es gibt nichts Besseres.“

Lylou steht neben einem aufgeblasenen Plastik-Schneemann.
Der Familien-Schneemann: Auch Lylou hat großen Spaß, wenn es wieder so weit ist und ihre Eltern die Plastik-Figur aufblasen. © privat

Bis es so weit ist, gilt es einiges zu erledigen. Doch das ist kein Problem, denn die Vüllings haben 2022 schon so manches gemeistert. Erst wurde Sven krank, dann vor wenigen Wochen Jeannine. Lungenentzündung. Krankenhaus. Volles Programm. Aber zum Glück erst, nachdem sie ihrem Mann fast ein Jahr lang den Rücken freigehalten hat. „Das war ein Schock. Er ist ja auch der Hauptverdiener. Mein Mann sollte sich unbedingt die Zeit nehmen, um wieder gesund zu werden“, erzählt die tatkräftige Frau mit den kurzen, braunen Haaren.

Explodierende Kosten belasten die Haushaltskasse

Also suchte sich die gelernte Apothekenhelferin vormittags Arbeit in einem Corona-Testzentrum und abends in einer Krankenhaus-Küche. „Das ging irgendwie. Die Kinder waren in der Tagesstätte und in der Schule gut betreut“, erinnert sie sich. Zum Glück hat sich die Lage mittlerweile normalisiert. Sven Vüllings ist wieder fit, seine Frau arbeitet aber trotzdem weiter. „Bei all den steigenden Kosten ist das besser so“, erklärt Jeannine Vüllings und nickt bekräftigend. Denn da ist die Angst vor einer gigantischen Strom- und Heizkostenrechnung. Und die Lebensmittel werden ebenfalls immer teurer. Die Tankfüllung für den Familien-Van reißt regelmäßig ein Loch in die Haushaltskasse. Und, und, und...

100 Euro planen die Eltern „pro Nase“ für Geschenke ein

Doch inzwischen hat Jeannine Vüllings einen Teilzeitjob, den sie „so richtig gut“ findet: als Betreuungskraft im Wohnheim „Schleuse“ der „Lebenshilfe“. Aber gleichgültig, was auf die Familie zukommt: „Auch wenn sich das jetzt schon wieder kitschig anhört“, sagt die Recklinghäuserin und macht eine Pause, „wir haben uns!“ Und aus diesem Grund freut sie sich besonders aufs Fest.

Und natürlich gibt es Geschenke: 100 Euro planen die Vüllings‘ „pro Nase“ ein. „Meine Kinder sollen nicht verzichten. Sie haben vielleicht nicht so viele Paar Schuhe, doch jedes hat ein eigenes Zimmer und einen Laptop“, berichtet die 38-Jährige. Übrigens: Gegen Vorurteile und dumme Sprüche bezüglich ihrer Großfamilie ist sie längst immun. „Jedes Kind ist gewollt und von einem Vater“, betont sie. „Nein, es geht uns nicht ums Kindergeld.“ Jeannine Vüllings verdreht die Augen. „Und wir sind auch nicht zu dumm zum Verhüten.“ So, das wäre also geklärt. Reden wir wieder über Weihnachten.

 Lylou und Béla stechen Teig aus.
Weihnachtsbäckerei gehört zur Adventszeit: Lylou und Béla lieben es, den Teich auszustechen, und sie naschen gerne die leckeren Kekse. © privat

Heiligabend hat nämlich Sven Vüllings seinen großen Auftritt: Er ist für das festliche Mahl zuständig. Und das hat schon Tradition. „Rouladen und Klöße“, verrät Jeannine Vüllings. Zwei Tage vor Heiligabend startet sie dann den Großeinkauf. An die genervten Blicke der Kunden hat sie sich gewöhnt, sobald sie mit ihrem bis zum Rand gefüllten Einkaufswagen vor der Supermarktkasse hält.

Wenigstens macht die Tanne keinen Ärger. Die steht nämlich zusammengeklappt im Keller und kann sich auf Kommando ruck, zuck entfalten. Dabei hätten die Vüllings‘ gerne einen echten Baum, aber Lylou leidet unter Asthma und hatte immer (Atem-)Not, wenn sie dem Grün zu nahe kam. „So bleibt uns wenigstens der stressige Kauf erspart“, meint die Suderwicherin schmunzelnd.

Tja, nur ums Einpacken kommt sie nicht herum. Eine Woche vor Heiligabend nimmt sich die siebenfache Mutter genau das vor. Mit dem Ergebnis ist sie allerdings selten zufrieden.. „Irgendwie habe ich kein Händchen dafür.“ Sie grinst. „Muss ich aber auch nicht.“

Paar lernte sich auf der Trabrennbahn kennen

Ihr Sven kann damit leben. Die beiden waren sich von Anfang an einig. Und er wusste: Seine Jeannine möchte eine große Familie. Sie war nämlich Einzelkind und fand das ziemlich langweilig. Ihren Mann lernte sie dann auf der Trabrennbahn kennen. Dort arbeitete der 21-Jährige damals als Pferdewirt, und Jeannine (17) half im Stall mit. Vier Jahre später sagten sie „ja“ zueinander und dachten über das erste Kind nach. Dann freuten sie sich riesig auf Louis. Der ist mittlerweile 17 Jahre alt, macht eine Ausbildung im Finanzamt und bald seinen Führerschein. So schnell kann es gehen.

Doch was wünscht die erfahrene Mutter anderen (Groß-)Familien mit Blick zurück und aufs Weihnachtsfest? Jeannine Vüllings muss nicht lange überlegen. „Mag sein, dass sich das wieder kitschig anhört.“ Sie lächelt. „Aber es geht nicht um schneller, höher und immer weiter, um Geschenke und ums Kaufen, sondern um die Menschen, um das Miteinander und darum, gemeinsam Zeit zu verbringen!“

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