Nach Besuchen in Rom, Berlin und Paris hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Gespräche in Großbritannien angekündigt. Er werde sich am Montag mit Premierminister Sunak treffen, sagte er. Großbritannien ist zentraler Partner der Ukraine im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg.
Großbritannien will der Ukraine zahlreiche Flugabwehrraketen sowie Hunderte Kampfdrohnen liefern. Die Drohnen hätten eine Reichweite von mehr als 200 Kilometern, teilte die Regierung in London am Montag anlässlich eines Besuchs des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit.
Today – London. The UK is a leader when it comes to expanding our capabilities on the ground and in the air. This cooperation will continue today. I will meet my friend Rishi. We will conduct substantive negotiations face-to-face and in delegations.
— Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) May 15, 2023
Selenskyj reist von Deutschland nach Paris
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist am Sonntagabend überraschend von Deutschland nach Paris gereist. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wolle ihn zu einem Arbeitsabendessen empfangen, teilte der Élyséepalast mit.
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte der Ukraine unterdessen die weitere Unterstützung Deutschlands zugesichert. „Wir unterstützen Euch so lange, wie es nötig sein wird“, sagte der SPD-Politiker am Sonntag bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Kanzleramt in Berlin. Bisher sei Hilfe im Wert von 17 Milliarden Euro geleistet worden.
It was another powerful day for our defense, for our international positions.
— Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) May 14, 2023
I thank Mr. President Frank-Walter Steinmeier, Mr. Chancellor Olaf Scholz @Bundeskanzler and the German people for the powerful defense package, for their leadership in defending lives from Russian… pic.twitter.com/NYSDdC2u4h
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) flogen am Sonntag gemeinsam nach Aachen zur Verleihung des Karlspreises an den Staatschef.
Selenskyi am Schloss Bellevue angekommen
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zum offiziellen Auftakt seines Deutschlandbesuchs in Berlin empfangen. Selenskyj traf am Sonntagmorgen in einem Autokonvoi am Schloss Bellevue ein, dem Amtssitz des deutschen Staatsoberhauptes. Nach dem Eintrag Selenskyjs ins Gästebuch war ein Gespräch des Bundespräsidenten mit dem ukrainischen Gast geplant. Auf beiden Seiten sollten je vier Berater dabei sein, hieß es.
Im Anschluss wollte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Selenskyj mit militärischen Ehren im Kanzleramt empfangen. Nach einem Gespräch unter vier Augen und einer weiteren Unterredung im kleinen Kreis war auch eine Pressekonferenz geplant.

Demos zum Karlspreis in Aachen
Im Umfeld der Karlspreis-Verleihung haben am Sonntag etwa tausend Menschen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit einer Demonstration in Aachen unterstützt. Der Zug startete am Bahnhof in Richtung Innenstadt. Die meisten Demonstranten waren Ukrainer. Viele hatten sich die ukrainische Fahne umgehängt und hatten traditionelle Hemden und Blusen an. Hunderte hielten blaue Luftballons in der Hand. In ihrer Mitte trugen die Demonstranten eine Dutzende Meter lange ukrainische Fahne. „Aachen stands with Ukraine“, stand auf einem Banner am Anfang des Zugs.
In der Stadt waren parallel zur Verleihung des Karlspreises an Selenskyj und das ukrainische Volk sechs Demonstrationen unterschiedlicher Lager bei der Polizei angemeldet. Etwa 300 Menschen gingen begleitet von Trommeln in einem pro-russischen Demonstrationszug mit. „Friede mit Russland“ forderten sie auf einem Banner. „Ich bin nicht im Krieg mit Russland“, stand auf einem anderen Transparent.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist erstmals seit dem russischen Angriff auf sein Land zu politischen Gesprächen nach Deutschland gereist.
Das genaue Programm des Präsidenten wurde aus Sicherheitsgründen vorher nicht veröffentlicht. Kurz vor der Ankunft sendete die Bundesregierung dem ukrainischen Präsidenten aber schon mal einen Willkommensgruß: Sie sagte ihm weitere Waffen im Wert von 2,7 Milliarden Euro für den Abwehrkampf gegen die Truppen des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu.
Already in Berlin. Weapons. Powerful package. Air defense. Reconstruction. EU. NATO. Security.
— Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) May 13, 2023
Selenskyj war zuletzt wenige Tage vor Kriegsbeginn zur Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2022 in Deutschland. Die ersten zehn Monate nach der russischen Invasion hatte er das Land dann gar nicht mehr verlassen. Das änderte er Ende vergangenen Jahres. Inzwischen war er schon in Washington, Warschau, Paris, London, Brüssel, Helsinki und Den Haag. Am Samstag traf er in Rom ein, um dort Papst Franziskus und die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni zu treffen.
30 Leopard- und 20 Marder-Panzer für die Ukraine
Vorbereitet wurde der Besuch am Samstag mit der Zusage weiterer militärischer Unterstützung für die Ukraine. Unter anderem sollen 20 weitere Marder-Schützenpanzer, 30 Leopard-1-Panzer und vier Flugabwehrsysteme Iris-T SLM von der deutschen Rüstungsindustrie bereitgestellt werden, wie das Verteidigungsministerium mitteilte. Außerdem bekommen die ukrainischen Streitkräfte 18 Radhaubitzen, Munition für Artillerie und Luftverteidigungssysteme, mehr als 100 gepanzerte Gefechtsfahrzeuge und über 200 Aufklärungsdrohnen. Einige Waffenlieferungen aus dem Paket sind aber schon seit längerem geplant.
Scholz hatte der Ukraine erst am Dienstag in einer Grundsatzrede vor dem EU-Parlament in Straßburg anhaltende Unterstützung für den Abwehrkampf gegen die russischen Angreifer zugesichert. „Bleiben wir standhaft in unserer Unterstützung der Ukraine - solange wie das nötig ist“, sagte er.
Pistorius bekräftigt: „As long as it takes“
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bekräftigte das am Samstag bei der Verkündung des neuen Waffenpakets: „Mit diesem wertvollen Beitrag an dringend benötigtem militärischen Material zeigen wir einmal mehr, dass es Deutschland mit seiner Unterstützung ernst ist.“ Deutschland werde „jede Hilfe leisten, die es leisten kann - as long as it takes“.
Nach eigenen Angaben hat die Bundesregierung seit dem russischen Angriff auf die Ukraine bereits Waffen und militärische Ausrüstung im Wert von 2,75 Milliarden Euro für die Ukraine genehmigt. Hinzu kommt weiteres Material, das nicht genehmigungspflichtig ist. Nach Pistorius‘ Angaben summiert sich die Hilfe auf „etwas über vier Milliarden Euro“.
Leopard-1-Lieferung bereits im Februar genehmigt
Nun kommen Waffen und Ausrüstung im Wert von weiteren 2,7 Milliarden Euro hinzu. Allerdings sind offensichtlich nicht alle vom Verteidigungsministerium aufgelisteten Zusagen neu. Eine von der Bundesregierung im Internet veröffentlichte Liste mit den bereits geplanten Waffenlieferungen vom 26. April enthält zum Beispiel bereits 18 Radhaubitzen. Auch 108 Aufklärungsdrohnen und zwei weitere Luftabwehrsysteme Iris-T-SLM sind dort verzeichnet.
Die Ausfuhr der Panzer vom Typ Leopard 1A5 hat die Bundesregierung bereits im Februar genehmigt. Pistorius kündigte damals bei einem Besuch in Kiew die Lieferung von mehr als 100 Exemplaren aus Deutschland und anderen Ländern bis Mitte 2024 an. Der Leopard 1 ist der erste Kampfpanzer, der für die Bundeswehr nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut wurde. Von den moderneren Leopard-2A6-Panzern hat die Ukraine Ende März 18 aus Deutschland erhalten.
Das Flugabwehrsystem Iris-T SLM zählt zu den militärisch wertvollsten Waffen, mit denen Deutschland die Ukraine unterstützt hat. Bisher wurden zwei Exemplare des vom Rüstungskonzern Diehl mit weiteren Partnern entwickelten Systems geliefert, das ganze Städte gegen Angriffe aus der Luft verteidigen kann.
Klitschko lobt Scholz - „Historisches Paket“
Aus der Ukraine kam viel Lob für die neuen Zusagen. „Was mir an diesem Paket wirklich gefällt, ist, dass Deutschland die Führung übernimmt“, sagte Selenskyj-Berater Mychajlo Podoljak der „Welt am Sonntag“. Die Entscheidung zeige, „dass Deutschland den Moment der Geschichte versteht, dass die richtigen Entscheidungen jetzt gefällt werden müssen“.
Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko lobte ausdrücklich den Kanzler. „Olaf Scholz demonstriert mit diesem historischen Paket, dass die militärische Unterstützung fortgesetzt wird, solange es notwendig ist“, sagte Klitschko der Zeitung. „Wenn ich daran denke, dass vor Beginn des Krieges noch über 5000 Helme diskutiert wurde, hat die deutsche Regierung eine beeindruckende Entwicklung gemacht und ist zu einem der wichtigsten Freunde der Ukraine geworden.“
Deutsche Bevölkerung bei Waffenlieferungen gespalten
Die deutsche Bevölkerung ist in der Frage der Waffenlieferungen gespalten. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur sagten 39 Prozent, es seien bereits jetzt zu viele Waffen und andere Rüstungsgüter in die Ukraine geliefert worden. 28 Prozent sind mit der bisherigen Menge einverstanden und 17 Prozent meinen, die Ukraine müsse militärisch noch stärker unterstützt werden.
Bei der aktuell kontrovers diskutierten Lieferung von Kampfjets westlicher Bauart überwiegt aber die Ablehnung. 49 Prozent sind dagegen, nur 31 Prozent dafür. Die Ukraine wünscht sich amerikanische F16-Flugzeuge, die die Bundeswehr nicht hat. Die ukrainische Regierung hofft aber, dass Deutschland als eines der mächtigsten Nato-Länder ihre Forderung unterstützt. Scholz hat die Lieferung von Kampfjets westlicher Bauart bisher aber als nicht sinnvoll abgelehnt.
dpa
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