Der Altkanzler Gerhard Schröder hat keinen Anspruch auf ein Büro im Bundestag. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht am Donnerstag entschieden und eine Klage des SPD-Politikers gegen einen Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestages zurückgewiesen.
Vor rund einem Jahr hatte der Bundestag dem heute 79-Jährigen Sonderrechte entzogen und sein Altkanzler-Büro gestrichen. Schröder wehrt sich dagegen und klagte. Der wegen seiner Russland-Nähe in die Kritik geratene Altkanzler verlangt, dass der Bundestag ihm wieder ein Büro mit Mitarbeitern zur Verfügung stellt.
Der Haushaltsausschuss hatte im Mai 2022 die Abwicklung des Schröder-Büros beschlossen. Das verbliebene Personal soll anderweitige Aufgaben übernehmen, hieß es damals in einem Antrag der Ampel-Koalition. Sein Anrecht auf ein Ruhegehalt und auf Personenschutz durfte Schröder behalten. Die Union wollte dem SPD-Politiker zusätzlich sein Ruhegehalt streichen. Sie warf Schröder unter anderem vor, dem internationalen Ansehen Deutschlands zu schaden.
Altkanzler Schröder: Enge Verbindungen zu Russland und Putin
Insbesondere seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine steht der 79-Jährige massiv in der Kritik. Der Altkanzler pflegt eine langjährige Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nach Ende seiner Kanzlerschaft von 1998 bis 2005 übernahm Schröder mehrere Posten bei russischen Staatskonzernen – unter anderem bei der Pipeline-Gesellschaft Nord Stream, dem Gaskonzern Gazprom und dem Energiekonzern Rosneft. Seine Partei, die SPD, leitete wegen der Russland-Verbindungen ein Parteiausschlussverfahren ein, welches eine Schiedskommission im März wieder einkassierte.
Mit Schröders Nähe zu Russland hatte die Ampel ihren Antrag im Haushaltsauschuss nicht begründet. Damit könnte man sich rechtlich angreifbar machen, so die Befürchtung. Stattdessen nutzte die Ampel-Koalition den Anlass, die Privilegien für Ex-Bundeskanzler und -Bundespräsidenten generell neu zu regeln. Üblicherweise bekommen ehemalige Kanzler neben einem Ruhegehalt auch auf Lebenszeit ein Büro inklusive Mitarbeitern, einen Fahrer, zudem können sie sich Reisekosten erstatten lassen. Und zwar durch einen sogenannten Maßgabebeschluss, den der Haushaltsausschusses beschließen und auch zurücknehmen kann.
Büro nur noch für „fortwirkende Verpflichtungen“
Seit einem Jahr nun stehen diese Vorzüge nur ehemalige Spitzenpolitikern zu, die tatsächlich noch Aufgaben übernehmen, welche sich aus den „fortwirkenden Verpflichtungen aus dem Amt“ ergeben. Für Schirmherrschaften oder diplomatische Reisen sollen frühere Kanzlerinnen und Kanzler weiterhin finanzielle Unterstützung vom Bundestag erhalten – nicht aber einzig und allein für ihren Status als Altkanzler.
So begründete die Ampel den Privilegien-Entzug damit, dass Schröder solche Aufgaben nicht mehr wahrnehme. Damit spart die Bundesregierung jährlich eine sechsstellige Summe: 407.000 Euro zahlte sie im Jahr 2021 für Personalausgaben im Büro des Altkanzlers aus der Staatskasse, wie das Kanzleramt angibt. Laut Bundesregierung flossen seit 2016 insgesamt mehr als drei Millionen Euro ins Schröder-Büro.
Die Neuerung für Ex-Kanzler gilt auch für Angela Merkel und später für den amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die CDU-Altkanzlerin, bis 2021 im Amt, bekommt monatliche Altersbezüge von insgesamt rund 15.000 Euro, wie der Bund der Steuerzahler berechnet hat. Ihr finanziert der Staat weiterhin ein Büro mit neun Mitarbeitern, welche Gehälter von bis zu 10.000 Euro erhalten. Eine 2019 beschlossene Begrenzung auf fünf Mitarbeiter pro Büro gilt erst für die Zeit nach Scholz.
Schröder-Anwalt: Entscheidung des Haushaltsausschusses „willkürlich“
Dass Schröder sich sein Büro zur Not vor Gericht zurückholen wolle, kündigte er bereits im vergangenen August an. „Willkürlich“ nannte Michael Nagel, Anwalt des Altkanzlers, die Entscheidung des Haushaltsausschusses. Es werde behauptet, der Bundeskanzler a.D. nehme die sogenannten „nachwirkenden Dienstpflichten“ nicht wahr, schrieb Nagel in einer Erklärung. Sie liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Jedoch sei nicht festgelegt, was diese Pflichten überhaupt sind, argumentiert der Anwalt. Aus dem Haushaltsausschuss hieß es: Der Beschluss sei vorab eingehend juristisch geprüft worden und rechtsgültig.
Wie stehen die Chancen, dass das Verwaltungsgericht dem Altkanzler Recht gibt? „Dass Schröder bislang Geld für Büro und Mitarbeiter bekommen hat, heißt nicht, dass er es weiter erhalten müsste“, sagte der Staatsrechtler Joachim Wieland dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Der Haushaltsausschuss ist hier in seiner Entscheidung frei.“ Schröder habe keinen gesetzlichen Anspruch auf das Geld für Büro und Mitarbeiter, sagte Wieland, der als Professor Öffentliches Recht an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer lehrt. Anders sei es bei Ruhegehaltsbezügen, die der Altkanzler allerdings weiter erhält.
Am Donnerstag wird sich die zweite Kammer des Berliner Verwaltungsgerichts mit der Klage befassen. Eine Entscheidung wird voraussichtlich noch am selben Tag erfolgen, sagte ein Gerichtssprecher am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.
RND
Altkanzler Schröder darf in der SPD bleiben: Keine Parteistrafe wegen Russland-Nähe
Boris Palmer kündigt einmonatige Auszeit im Juni an: Tübinger Oberbürgermeister will Hilfe in Anspru
Verkehrsminister Wissing trifft „Letzte Generation“: Trotzdem weitere Proteste geplant