Schiedsrichter nach Abpfiff brutal verprügelt „Ich habe mein Glaubensbekenntnis gesprochen“

Schiedsrichter nach dem Abpfiff brutal zusammengeschlagen: Trainer und Betreuer verurteilt
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Knapp ein Jahr nach einem schockierenden Gewaltangriff auf einen Schiedsrichter bei einem Amateurfußballspiel in Bochum sind der ehemalige Trainer (61) und ein Betreuer (35) des CF Kurdistan Bochum jetzt wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Die Strafen: zwölf beziehungsweise neun Monate Haft auf Bewährung.

Es war am 23. Oktober 2023: Der Schiedsrichter, ein 28-jähriger Student aus Hamm, hatte das Fußball-Bezirksliga-Derby zwischen dem SV Phönix Bochum und CF Kurdistan Bochum (CFK) soeben beim Stand von 1:1 abgepfiffen.

Bei den Gästen war man mit dem Unentschieden massiv unzufrieden: Lange hatte CFK geführt, dann hatte der Schiedsrichter ein Handspiel erkannt und auf Elfmeter entschieden - Ausgleich.

Hämische Applaudieren

Der Torwart der Gäste applaudierte dem Schiedsrichter daraufhin nach dem Schlusspfiff hämisch, der zeigte dem Keeper noch die gelb-rote Karte. „Dann wollte ich eigentlich das Spielfeld verlassen“, erinnerte sich der 28-Jährige als Zeuge vor dem Bochumer Schöffengericht. Er kam nicht dazu. Was dann passierte, war skandalös.

Pfeife aus dem Mund geschlagen

Binnen weniger Minuten eskalierte die Situation in einen unfassbaren Gewaltexzess. „Eine riesige Traube“ (O-Ton Schiedsrichter) von aufgebrachten Spielern und Zuschauern baute sich vor dem Schiri auf. Erst wurde der Schiedsrichter von dem Gästetrainer (61) auf Arabisch beschimpft: „Gott möge dich und deine Vorfahren verfluchen.“

Dann schubste der Trainer den Schiedsrichter mit beiden Händen vor die Brust, in dessen Rückwärtsbewegung sprang dann ein unbekannter Dritter dem Mann in den Rücken. Der Betreuer schlug ihm mit der Handkante die Pfeife aus dem Mund.

„Lebensgefährliche Verletzungen“

Der Bochumer Fußballverein CF Kurdistan hatte sich im Nachgang des Skandals von den beiden Angeklagten sofort getrennt.

Der „Hauptverursacher“ der Verletzungen, ein Zuschauer, wie es im Prozess hieß, der dem Schiedsrichter unter anderem ein Knie in den Rücken gerammt haben soll, ließ sich bis heute nicht ermitteln.

Der Schiedsrichter sackte auf die Knie, ging zu Boden, unzählige brutale Schläge und Tritte prasselten - „mit Anlauf“ und teils mit Fußballschuhen ausgeführt - gegen seinen Kopf und den Körper. „Ich habe mein Glaubensbekenntnis gesprochen“, erinnerte sich der Schiedsrichter, der schließlich sogar das Bewusstsein verlor.

Der 28-Jährige wurde später mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht. Er erlitt einen Nasen- und Jochbeinbruch, außerdem eine Rippen- und eine Mittelfußfraktur. Ein Rechtsmediziner klassifizierte die Verletzungen am Mittwoch (11.10.) als „lebensgefährlich“. Nach eigenen Angaben leidet der Schiedsrichter bis heute unter Angstzuständen.

Urteil ist rechtskräftig

Im Prozess legten beide Angeklagte Geständnisse ab - wenn auch der Trainer erst im dritten Anlauf und erkennbar ohne ernsthaftes Unrechtsbewusstsein.

Im Urteil war von einer „spontanen Ausnahmesituation in einer aufgeheizten Atmosphäre“ die Rede.

Vom Sportgericht waren beide Männer zuvor bereits mit Sperren und Geldstrafen sanktioniert worden.

Dass der Trainer vor Gericht zunächst versucht hatte, sich als Schlichter darzustellen, kam vor Gericht gar nicht gut an. „Uns ihr Verhalten als Hilfeleistung für den Schiedsrichter verkaufen zu wollen, ist schon dreist“, sagte Richter Axel Deutscher. „Es wäre ihre Pflicht als erfahrener Trainer gewesen, die Situation zu beruhigen. Das haben Sie aber nicht getan.“

An den Schilderungen des Schiedsrichters, der den Trainer als „Rädelsführer“ und dessen Meckern und Schubsen als Initialzündung für den Gewaltausbruch bezeichnet hatte, habe man nicht den Hauch eines Zweifels, urteilte das Gericht.

Beide Angeklagte nahmen das Urteil an.