Seine letzte Lebenswoche hat Wichart von Roëll im Süder Hospiz zum hl. Franziskus verbracht. Dort ist der beliebte Schauspieler am Dienstag (16.4.) im Alter von 86 Jahren in den Armen seiner Ehefrau friedlich eingeschlafen. Der Verlust seines Sprachvermögens nach einem schweren Schlaganfall hat Wichart von Roëll am Ende seinen Lebenswillen geraubt. „Er hat sein Schicksal mit großer Würde getragen, aber zuletzt wollte mein Mann gehen. Er hatte festgelegt, dass alle lebenserhaltenden Maßnahmen eingestellt werden“, sagt Anne Althoff.
Bei den Ruhrfestspielen hatten sich die langjährige Pressechefin des Festivals und der Klimbim-Opa am 1. Mai 1986 kennengelernt. „Ich habe mich sofort in diesen neugierigen Menschen, mit dem man so wunderbare Gespräche führen konnte, verliebt“, erinnert sich Anne Althoff. 38 Jahre war sie an seiner Seite.

Die Nachricht von Wichart von Roëlls Tod verbreitete sich in Windeseile. Auch auf dem Facebook-Kanal der Recklinghäuser Zeitung reagierten viele Menschen mit großer Betroffenheit und erinnerten sich an einen „liebenswerten, empathischen, humorvollen und charmanten Menschen“. Bürgermeister Christoph Tesche besuchte ihn noch kurz vor seinem Tod im Hospiz. Ehefrau Anne Althoff trauert um ihren „Seelenverwandten“. „Wir waren ein Liebespaar, aber er war auch ein Freund, ein Gentleman, der jedem und vor allem Frauen immer auf Augenhöhe begegnet ist und ein großes Herz der Nächstenliebe hatte.“
„Er hatte ein großes Herz der Nächstenliebe“
Nach ersten gemeinsamen Jahren in Köln und einem Herzinfarkt des Schauspielers hatte das Paar die Festspielstadt ab 2000 zu seinem neuen Lebensmittelpunkt gemacht. In Recklinghausen trat Wichart von Roëll oft mit Lesungen auf, engagierte sich ehrenamtlich für unterschiedliche soziale Themen und übernahm gemeinsam mit Anne Althoff die Schirmherrschaft beim Ambulanten Hospizdienst Oer-Erkenschwick. Auch für Flüchtlinge setzte sich der Mann, der selbst im Alter von sieben Jahren mit seiner Familie aus dem polnischen Kolberg nach Hamburg geflohen war, stets ein. „Wenn man entwurzelt und mittellos neu anfangen muss, braucht man viel Kraft – und die Hilfe anderer“, sagte er damals.
In diesem Lebensabschnitt lagen bereits viele aufregende Jahre hinter dem Schauspieler. Nach sechs Jahren Abenteuer bei der Handelsschifffahrt landete der damals 24-Jährige als Aushilfsbeleuchter am Münchner Staatstheater. Wichart von Roëll heiratete, Tochter Christine kam zur Welt, nach sieben Jahren trennte sich das Paar. Die Schauspielschule brach der junge Vater ab. Das erste Engagement führte ihn ans Tübinger Zimmertheater. „450 DM brutto hab ich damals verdient, 80 DM kostete das Zimmer, 70 DM gingen für die Steuern drauf, blieben 300 DM zum Leben. Eine schöne Zeit, man musste rechnen, aber das Leben hat Spaß gemacht“, erzählte der Schauspieler später im Gespräch mit dieser Zeitung.

Nach einem Zwischenstopp am Theater in Augsburg zog Wichart von Roëll nach München, wo er 1971 Regisseur Michael Pfleghaar kennenlernte. Der Klimbim-Vorläufer „Perlico Perlaco“ entstand. Als Wichart von Roëll die Rolle seines Lebens spielte, war er Mitte 30. Unvergessen sein militanter „Klimbim-Opa“, der sich mit Monokel im Auge und vielen Orden am speckigen Morgenmantel durch mehr als 30 Folgen der Comedy-Serie fluchte, um keinen zackigen Spruch und keine derbe Zote verlegen. Nach sechs Jahren und Begegnungen mit internationalen Stars wie Jerry Lewis oder Curd Jürgens war 1979 Schluss. 2004 gingen Wichart von Roëll, Ingrid Steeger, Elisabeth Volkmann, Horst Jüssen & Co. noch einmal auf Theatertournee, alle 348 Gastspiele waren komplett ausverkauft.
Obwohl das deutsche Schubladendenken die Karriere nach „Klimbim“ zunächst ausgebremst hat, erzählte Wichart von Roëll bis zuletzt mit Leidenschaft von seiner Paraderolle, die ihm den Grimme-Preis und den Deutschen Comedy-Sonderpreis bescherte. „‘Klimbim‘ war ein Fernsehjuwel. Ich genieße es, wenn mich Menschen auf der Straße darauf ansprechen“, sagte er. Aber auch mit vielen anderen Rollen in Film, Fernsehen und Theater begeisterte er sein Publikum.
Letzte Ruhe in der Ostsee
„Sport und Arbeit halten mich frisch. Und ich bin ein positiver Mensch“, pflegte Wichart von Roëll auf die Frage nach seinem Jungbrunnen zu antworten. Er war diszipliniert, ging regelmäßig schwimmen, machte Yoga, reiste gerne – und blieb auch als „Schauspiel-Rentner“ aktiv. Noch mit 72 Jahren belegte er Intensiv-Seminare bei einem amerikanischen Schauspiel-Trainer, um sein Handwerk zu verfeinern.
Kein Wunder, der Mann sah bis ins hohe Alter blendend aus, spazierte gerne durch seine Heimatstadt, nahm sich Zeit für einen kurzen Plausch, aber auch für intensive Gespräche über tagesaktuelle Themen. Als der schwere Schlaganfall im November 2022 die Leichtigkeit aus seinem Leben nahm, sagte er seiner Erkrankung den Kampf an, ließ sich nicht hängen. Erst als er merkte, dass die Sprache nicht mehr zurückkehrt und die Demenz sich in sein Leben schlich, gab Wichart von Roëll auf.

„Er war ein rundum glücklicher Mensch, hat nie gejammert“, sagt Anne Althoff. Dankbar sei sie dem Team des Ambulanten Hospizdienstes in Oer-Erkenschwick für die Hilfe bei der Pflege ihres Mannes und der Prosper-Geriatrie für die liebevolle Betreuung. „Eine unglaublich positive Erfahrung“ sei die letzte Woche voller Glück und Lachen im Hospiz gewesen. „Schön, dass Wichart so behütet sterben konnte.“
Der letzte Wille ihres Vaters sei eine Seebestattung auf der Ostsee gewesen, erzählt Tochter Christine (59). Die Liebe zum Wasser habe sie von ihm geerbt, sagt die Hamburgerin, die trotz der räumlichen Entfernung sehr eng mit ihrem Vater war. Und so wird Schauspieler Wichart von Roëll seine letzte Ruhe – hoffentlich weiterhin mit ganz viel fröhlichem Klimbim – in der Lübecker Bucht finden.