Gerade mal 219.000 Euro möchten Stephan Strate (26) und seine Schwester für ihr Haus haben. Die Geschwister haben das Reihenmittelhaus auf der Hillerheide Anfang 2023 geerbt und wollen es verkaufen, erklärt der inzwischen in Herten Lebende. Das Problem: Die zweigeschossige Immobilie (Baujahr 1973) mit 105 Quadratmetern Wohnfläche steht auf einem Erbpachtgrundstück. Und die in Düsseldorf ansässige Arenberg-Recklinghausen GmbH als Besitzerin darf die Konditionen, zu denen das Haus verkauft wird, mitbestimmen. „Die Arenberg versucht auf unsere Kosten, einen geltenden, für sie schlechten Vertrag loszuwerden“, glaubt Strate. Denn die Pacht betrage nur 23 Euro pro Monat.
Arenberg will 109.500 Euro Eigenkapital sehen
„Heutzutage würde sie wohl bei 180 Euro im Monat liegen“, sagt Strate und rechnet vor: Bei 41 Jahren Restlaufzeit für die Erbpacht von aktuell 23 Euro pro Monat kämen lediglich 11.316 Euro für die Arenberg-Recklinghausen zusammen. Vom Käufer des Hauses – ein Verkaufspreis von 219.000 Euro vorausgesetzt – fordere die Gesellschaft aber 109.500 Euro Eigenkapital. Und das stehe jawohl in keinem Verhältnis zueinander, findet der Hertener. „Selbst wenn die Pacht jetzt Jahr für Jahr angehoben wird oder ein massiver Zahlungsrückstand entsteht, sind wir hier wirklich in ganz unterschiedlichen Dimensionen unterwegs.“
Grundstück kann auch gekauft werden
Die Verpächterin möchte das Grundstück ohnehin viel lieber verkaufen. Den Eindruck erweckt jedenfalls eine Passage in einem Schreiben an Strates Makler, das dieser Redaktion vorliegt: „Alternativ wollen wir nicht unerwähnt lassen, dass die nicht ganz einfache Erbbaurechtsprozedur komplett entfällt, wenn Ihre Interessenten im Zuge einer Übertragung das Grundstück parallel von uns gleich miterwerben würden.“ Und zwar bietet die Arenberg-Recklinghausen das Grundstück zu einem Preis von 67.000 Euro an. „Mit der hohen Eigenkapital-Forderung drängen sie Leute praktisch dazu, das Grundstück zu kaufen“, sagt Strate.

Und auch dieser Preis für das Grundstück ist ein happiger. Die Arenberg argumentiert in dem Anschreiben: „Nach den aktuellen Verhältnissen am Immobilienmarkt veräußern wir das Erbbaugrundstück derzeit regelmäßig mit Aufschlägen von ca. 20 bis 30 Prozent über dem Bodenrichtwert. Gleichzeitig müssen wir dabei beachten, dass wir den Verkaufserlös wieder am Immobilienmarkt anlegen, was sich zunehmend schwieriger darstellt.“ Bei einem aktuellen Bodenrichtwert von 240 Euro pro Quadratmeter im Bereich der Straße Hillerfeldmark würde das Strate-Grundstück 51.600 Euro kosten. Tatsächlich kalkuliert die Arenberg also mit einem Aufschlag von 30 Prozent.
„Die Arenberg war immer sehr zugänglich“
Dass die Arenberg tatsächlich 50 Prozent Eigenkapital fordert, möchte Liegenschaftsdirektor Oliver Münnich auf Nachfrage dieser Redaktion nicht bestätigen. Er verweist auf den Datenschutz, teilt aber mit, dass Familie Strate und sein Unternehmen „ein über Jahrzehnte bestehendes, sehr angenehmes Erbbaurechtsverhältnis verbindet“. Und das bestätigt Stephan Strate, der in dem Haus in der Straße Hillerfeldmark aufgewachsen ist: „Die Arenberg war immer sehr zugänglich. Sie haben die Pacht auch nie erhöht, aber jetzt stellen sie sich quer.“
Erbpachtrechte in 50ern und 60ern vergeben
Die Frage, wie viele Grundstücke die Arenberg in Recklinghausen besitzt, beantwortet Münnich nicht, teilt aber mit: „Die Gesellschaft ist Eigentümerin von Grundstücken in Recklinghausen, für die die Gesellschaft in den 1950er und 60er Jahren Erbpachtrechte mit dem Ziel vergeben hat, dringend benötigten Wohnraum zu günstigen Grundstückskonditionen entstehen zu lassen.“ Dazu Strate: „Die ganze Siedlung hat mal Arenberg gehört. Einige Hausbesitzer haben ihr auch Grundstücke abgekauft. Einen ähnlichen Fall wie unseren hat es in der Nachbarschaft auch schon gegeben. Aber ich weiß nicht, wie das ausgegangen ist.“
Die Begründung der Arenberg-Recklinghausen
Die Arenberg begründet die hohe Eigenkapital-Forderung damit, dass beim darlehenfinanzierten Kauf eines Hauses, das auf einem Erbpachtgrundstück steht, „als Sicherheit für die Bank eine Grundschuld in das Erbbaugrundbuch eingetragen“ werde. Münnich weiter: „Diese Belastung des Erbbaurechts bedarf unserer Zustimmung als Grundstückseigentümer. Das hängt damit zusammen, dass bei einem wirtschaftlichen Ausfall des Erbbauberechtigten das Erbbaurecht – und damit auch die Grundschuld – in der Regel auf den Grundstückseigentümer übergeht. Am Ende also kann eine Situation eintreten, dass wir als Eigentümer für das Darlehen des Erbbaurechtsnehmers haften. Um dieses Risiko zu reduzieren, ist es notwendig, dass die Belastung eines Erbbaurechts nur bis zu einer bestimmten Höhe erfolgen darf.“
Stephan Strates Meinung dazu: „Aus meiner Sicht dürfte die Arenberg gar keine Forderungen stellen. Wir reden von 23 Euro Pacht pro Monat! Mag sein, dass das alles rechtlich in Ordnung ist. Aber man fühlt sich über den Tisch gezogen.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 19. August 2024.