
© Meike Holz
Chaos bei Askania: Niemand weiß, wie es weitergeht
Schulbedarf-Händler aus Recklinghausen
Die Berg- und Talfahrt beim Schreib- und Schulbedarf-Händler Askania hält an. Nachdem im Juni die Rettung durch einen Investor gefeiert wurde, ist derzeit für das Unternehmen aus Recklinghausen alles wieder unklar.
Es war definitiv kein leichtes Jahr für die Mitarbeiter der Askania GmbH, und wenn man die aktuellen Indizien richtig deutet, dann wird sich das möglicherweise auch nicht so schnell ändern. Das vielleicht wichtigste Alarmsignal in diesem Zusammenhang ist: Die Gehälter für den Monat Oktober haben die Angestellten noch nicht erhalten. Und derzeit gibt es offenkundig niemanden, der kompetent Auskunft zur aktuellen Lage geben kann.
Begonnen hatte das Drama um Askania bereits im Februar dieses Jahres. Birgit Böger, die die Geschäftsführung erst Ende 2020 nach dem Tod ihres Mannes Knut übernommen hatte, der seit 2006 als Geschäftsführer und seit 2009 auch als Inhaber fungiert hatte, hatte Insolvenz anmelden müssen. Sie begründete den Schritt mit fehlender Unterstützung vonseiten der Bundesregierung in der Corona-Krise. Gleichwohl kündeten Gerüchte davon, dass Askania auch schon zuvor in finanzielle Turbulenzen geraten war.
Rechtsanwältin Dorothee Madsen aus Bochum übernahm die Insolvenzverwaltung und sorgte dafür, dass in den Folgemonaten die Gehälter der damals noch rund 140 Mitarbeiter gesichert waren. Zugleich verbreitete sie die Hoffnung auf eine echte Chance für Askania, weil es mehrere Interessenten für die Gesellschaft geben sollte.
Und so schien Ende Mai alles zu einem guten Ende zu kommen: Die cm.supplies GmbH war in Hannover eigens zu dem Zweck gegründet worden, Askania in eine neue Zukunft zu führen. Die Eheleute Christian und Meike Müller übernahmen die Geschäftsführerposten, im August kam als dritter Geschäftsführer auch noch Stefan Günzerodt hinzu, der als Neffe des Firmengründers Julius Gast schon länger eine Führungsposition in der Firma innegehabt hatte.
Eheleute Müller sind nicht mehr Geschäftsführer
Konkret gesagt sollte es die Askania GmbH künftig nicht mehr geben, aber den Namen Askania wollte man als Marke erhalten. Das noch vorhandene Sortiment sollte zum Teil mit erheblichen Rabatten abverkauft werden, um dann beim Neustart durch frische Ware ersetzt zu werden. Das sollte im September geschehen. Nunmehr steckt das Weihnachtsgeschäft in den Startblöcken, aber noch immer hat sich nichts getan.
Was jedoch nicht ganz richtig ist: Denn inzwischen hat die cm.supplies GmbH im Oktober ihren Sitz von Hannover nach Hameln verlegt, und im Zuge dieser Veränderung sind auch Meike und Christian Müller nicht mehr Geschäftsführer der Gesellschaft. Es verbleibt aktuell nur noch Stefan Günzerodt. Dieser war von uns nicht im Recklinghäuser Firmenhauptsitz Am Stadion 2 zu erreichen, weil er derzeit aus Krankheitsgründen zu Hause bleiben muss. Dort haben wir ihn zwar erreicht, doch mit Verweis auf seine Erkrankung war er zu keiner Stellungnahme bereit. Auch eine weitere Kontaktaufnahme mit der Verwaltung war nicht erfolgreich. Ein Rückruf wurde angekündigt, aber dieser erfolgte nicht.
Und auch die Mitarbeiter in den Verkaufsräumen selbst geben sich – verständlicherweise – derzeit verschlossen. Das Warenangebot ist dürr, die Mehrzahl der Regale ist nicht befüllt. Eine Angestellte bestätigt den trostlosen Zustand: „Das muss ich jetzt schon länger mit ansehen.“
Immerhin: In Recklinghausen wird noch verkauft, während dem Vernehmen nach fünf von zuletzt noch 22 Filialen bereits geschlossen sein sollen.

Noch hat der Askania-Fachmarkt am Stadion geöffnet. © Meike Holz
INFO: Hervorgegangen ist die Askania GmbH aus der Schreibwaren-Großhandlung Gast, die seit 1916 am oberen Bruchweg in Recklinghausen angesiedelt war. 1979 betrieb Firmeninhaber Julius Gast den Umzug zum Stadion, eine Zeit lang existierten Großhandel und Fachmarkt noch parallel. 28 Filialen gab es zwischenzeitlich, bis zu sechs davon in den neuen Bundesländern. Die meisten Niederlassungen waren jedoch im und ums Ruhrgebiet zu finden, darunter auch in Oer-Erkenschwick, Marl, Dortmund oder Lünen.
Ich bin Ur-Recklinghäuser, der die Stadt nur für das Studium Richtung Münster verlassen hat. Seit 1990 freier Mitarbeiter, seit 1992 fest angestellt. Rund 20 Jahre habe ich mich vor allem um Sport im Allgemeinen und Fußball im Speziellen gekümmert. Danach folgte eine Horizonterweiterung für alle Themen - und das mit Überzeugung.