Die Serie „Warten auf'n Bus“ ist eine sehenswerte RBB-Produktion (zu finden in der ARD-Mediathek). Ein echter Blickfang war auch jahrelang das Wartehäuschen an der Bushaltestelle „Röllinghausen Kirche“ – wenn auch aus einem skurrilen Grund. Denn der an der Ecke Winnlohstraße/ Niederstraße aufgestellte Fahrgastunterstand steht seit mehr als 20 Jahren schlicht und ergreifend verkehrt herum, nämlich mit der Rückseite zur Straße. Wer sitzend auf einen Bus der Linien 201 und 210 der Vestischen wartete, tat das mit dem Rücken zur Fahrbahn. Inzwischen lässt der Zustand des Häuschens aber auch ein Warten mit Blickrichtung Straße zu: Denn vor einigen Wochen sind die Rückscheibe und eine Seitenscheibe zu Bruch gegangen, erzählen direkte Anwohner der Haltestelle. Und die haben überhaupt einiges zu berichten.
Unterstand gehört der Firma Degesta
Über das verdrehte Wartehäuschen hat diese Redaktion zuletzt 2011 berichtet. Das Ergebnis der damaligen wie aktuellen Recherche ist so kurios wie der falsch herumstehende Fahrgastunterstand an sich: Niemand kann mehr erklären, warum der Unterstand seinerzeit so installiert worden ist. Die Vestische Straßenbahnen antworten auf Anfrage: „Wann und weshalb der Fahrgastunterstand so aufgestellt worden ist und welcher Art der vorherige Fahrgastunterstand war, können wir nicht beantworten.“ Das Häuschen gehöre der Firma Degesta und sei in Abstimmung mit der Stadt Recklinghausen installiert worden, teilt Vestische-Sprecherin Ewelin Niermann mit.

Die in Koblenz ansässige Deutsche Gesellschaft für Stadtverkehrsanlagen mbH (Degesta) lässt die Anfrage dieser Redaktion unbeantwortet. Seitens der Stadt Recklinghausen heißt es: „Das Wartehäuschen besteht in der beschriebenen Form schon seit mehr als 20 Jahren. Mutmaßlich wurde es damals so errichtet, weil es baulich keine andere Möglichkeit gab, um überhaupt einen Zugang an dieser Stelle gewährleisten zu können.“ Auch welcher Art der vorherige Unterstand war, kann das Rathaus nicht beantworten. Von der Vestischen ist noch zu erfahren, dass es den Haltemast „Röllinghausen Kirche“ seit 1995 gibt. Seit wann es die Haltestelle als solche gibt, sei „nicht exakt nachzuverfolgen“.
Häuschen soll erneuert werden – und dann richtig stehen
Aber die Tage des verdrehten Unterstands scheinen gezählt. Stadtsprecher Daniel Maiß teilt doch recht überraschend mit: „Das Häuschen wird demnächst erneuert und dann auch ,richtig‘ herum stehen. Voraussichtlich wird mit diesen Arbeiten noch in diesem Jahr begonnen.“ Laut einem Anwohner sollte das aber ursprünglich schon im dritten Quartal dieses Jahres geschehen. Den direkten Anwohnern ist die Haltestelle schon länger ein Dorn im Auge.
Klaus Ratajczak etwa wohnt im Erdgeschoss der Winnlohstraße 3. Und wenn er auf seinem Balkon sitzt, erzählt er dieser Redaktion vor Ort, säße er den im verdrehten Wartehäuschen Wartenden direkt gegenüber. Und somit bekäme er nicht nur die Geräuschkulisse, sondern auch die Schwaden der dort Rauchenden mit. Auch nachts müssten er und seine Nachbarn mit Lärm leben. Von Ratajczak ist auch zu erfahren, dass sein Vermieter schon im Januar 2019 an die Stadt herangetreten war, um eine Versetzung, mindestens aber „Richtigstellung“ des Unterstands zu erwirken. Eine E-Mail-Korrespondenz, die dieser Redaktion vorliegt, belegt das.
Zwischen Haltestelle und Häuschen liegen zehn Meter
Nun scheint sich aber etwas zu tun. Ratajczak will wissen, dass die Haltestelle bald ein paar Meter weiter südlich aufgestellt wird. Und zwar dort, wo auch der Haltemast „Röllinghausen Kirche“ steht. Und das ist ein weiteres Kuriosum des Bus-Stopps an der Winnlohstraße: Zwischen Unterstand und Haltemast liegen gut zehn Meter, dazwischen befindet sich eine Einfahrt. Dazu die Vestische: „An bestimmten Stellen verlaufen Kabel und/oder Rohre, weshalb erst gar kein Loch entstehen darf, um Punktfundamente für einen Fahrgastunterstand zu gießen. In solchen Fällen muss die Position des Unterstandes verschoben werden. Dies ist allerdings nicht die Regel.“

Aber wie kann es sein, dass das neue Wartehäuschen bald vermeintlich genau dort doch gebaut wird? Anwohner Ratacjzak gibt an, dass der Unterstand auf einem Teil des dort verlaufenden Parkstreifens errichtet werden soll. Der Bus halte dann auf der Straße. Und somit werde dann auch ein barrierefreier Zustieg gewährleistet. Und was hat es jetzt mit den kaputten Scheiben auf sich? Auch das ist kurios: Ein Lkw soll vor wenigen Wochen beim Rangieren eine mit Baumaterialien beladene Palette vor das Häuschen geschoben und das Glas so zum Zersplittern gebracht haben. Kann man sich alles nicht ausdenken.

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