Schwere Vorwürfe gegen einen Arzt aus Recklinghausen: Die Bochumer Staatsanwaltschaft hat den auf Naturheilkunde spezialisierten Mediziner (66) aus dem Paulusviertel nach umfangreichen Ermittlungen angeklagt, im Zeitraum von Juni 2021 bis Januar 2022 in mindestens 589 Fällen Patienten in ihren Impfpässen Corona-Schutzimpfungen bescheinigt zu haben, ohne die Patienten tatsächlich geimpft zu haben. Der Prozess vor der 12. Strafkammer am Bochumer Landgericht soll am 12. Januar 2023 beginnen.
Registrierung als Impfarzt
Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hat sich der Mediziner am 1. Juni 2021 auf dem Impfportal der privatärztlichen Verrechnungsstellen als „Impfarzt“ registrieren lassen. Laut Anklage war das für den Angeklagten der einzig rechtmäßige Weg, um als Privatarzt Covid-19-Impfstoffe zu beziehen.
Zwischen dem 7. Juni 2021 und dem 21. Januar 2022 soll der Mediziner dann – unter Mithilfe seiner ebenfalls angeklagten Frau (56) – in 589 Fällen Patienten die Durchführung einer Corona-Erst-, Zweit- oder Booster-Impfung bescheinigt haben, obwohl er tatsächlich gar keine Impfung verabreicht hat.
Impfstoffe vernichtet
Der 66-Jährige trug laut Anklage lediglich ein Datum und den angeblich gespritzten Impfstoff („Spikevax“ von Moderna, „Comirnaty“ von BioNTech oder „Janssen“ von Johnson&Johnson) in die Impfausweise der Betroffenen ein. Darüber hinaus soll er den Chargenaufkleber eingeklebt und die „Fake-Impfung“ mit Stempel und Unterschrift versehen haben.
„Den Impfstoff“, so die Anklage, „der ihm zum Zwecke der Verimpfung von der Bezugsapotheke zur Verfügung gestellt worden ist und der bis zu diesem Zeitpunkt im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stand, vernichtete er“. Insoweit lautet die Anklage auch auf Sachbeschädigung.
Spendenbox aufgestellt

Den Vorwurf des gewerbsmäßigen Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse stützt die Staatsanwaltschaft auf das Aufstellen einer „Spendenbox“ in der Praxis. In Einzelfällen soll der Mediziner im Anschluss an die „Fake-Impfungen“ Patienten konkret zur Übergabe von 50, 100 oder 200 Euro aufgefordert haben.
Der Mediziner sitzt seit dem 18. Mai in U-Haft. Üblicherweise ist ein Prozessstart nach spätestens sechs Monaten vorgesehen. In diesem Fall sieht das Gericht jedoch in dem Volumen des Verfahrens einen wichtigen Ausnahme-Grund.
OLG Hamm muss entscheiden
Mit Blick auf den erst kürzlich erfolgten Eingang der Anklageschrift (Anfang Oktober) und dem Gesamtumfang der Akten (20.000 Seiten) sehen sich die Richter außerstande, den Prozess vor 2023 beginnen zu können.
Bis zur Überprüfung der für das Gericht unausweichlichen „U-Haft-Verlängerung“ durch das Oberlandesgericht Hamm bleibt der 66-Jährige in Haft.
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