Nach Razzia im Erzbistum Köln Handy und Laptop von Woelki zeitweise beschlagnahmt

Razzia im Erzbistum Köln: Ermittler durchsuchen mehrere Objekte
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Am Dienstag (27. Juni) durchsuchten Polizei und Staatsanwaltschaft Objekte im Erzbistum Köln. Nun wurde bekannt, dass die Beamten dabei zeitweise auch das persönliche Handy und den Laptop des Kardinals beschlagnahmt haben. Die Ermittler hätten beide Geräte bei den Durchsuchungen am Dienstag mitgenommen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln am Donnerstag. Die Daten seien gesichert worden, anschließend habe Woelki sein Handy und den Laptop zurückerhalten.

Kardinal Rainer Maria Woelki will Anzeige erstatten, weil Journalisten vorab über die Razzia informiert worden sein sollen. „Was uns stört, ist nicht die Hausdurchsuchung, sondern dass die Information und der Termin offenbar an die Medien durchgestochen wurden“, sagte Woelkis Anwalt Björn Gercke der „Zeit“. Deshalb werde er im Namen des Kardinals Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses erstatten.

Gercke vermutet das „Leck“ demnach bei der Polizei, nicht bei der Staatsanwaltschaft. Der Kölner Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn sagte: „Wir werden versuchen, das aufzuklären.“ Die Staatsanwaltschaft habe kein Interesse daran, dass Maßnahmen von der Presse begleitet würden. „Uns macht das nur Ärger“, sagte er.

Laut Willuhn waren Medienvertreter bereits vor Beginn der Maßnahmen vor Ort am Erzbistum Köln. Es sei verständlich, dass der Kardinal verärgert reagiere, wenn Ermittler kämen und er in eine Kamera blicke. Man habe sich das anders gewünscht. Woelkis Anwalt Gercke hält die Durchsuchungen an sich für unnötig.

„Unseretwegen hätte man die Durchsuchung nicht machen müssen, denn wir hätten alles, was die Staatsanwaltschaft braucht, auch freiwillig herausgegeben“, sagte er der „Zeit“. Eine solche Durchsuchung sei in den Augen juristischer Laien immer eine Vorverurteilung. Willuhn hatte am Dienstag betont, man sei zu dem Schluss gekommen, dass außer diesen Maßnahmen keine Möglichkeit bleibe, weiter Klarheit zu schaffen.

Bei der Entscheidung spielte demnach auch eine Rolle, welche besondere Bedeutung der Fall für die Öffentlichkeit hat. Das sei bei der Entfaltung von Maßnahmen immer mitzubedenken.

Verdacht: Kölner Erzbischof Woelki hat vor Gericht gelogen

Laut den Ermittlern wurden unter anderem Räume des Generalvikariats, des Offizialats und des Erzbischöflichen Hauses durchsucht, außerdem die Geschäftsräume des EDV-Dienstleisters, der den E-Mail-Verkehr des Erzbistums verwaltet.

Neben Köln wurde auch in Kassel und Lohfelden in Hessen je ein Objekt durchsucht. Die Durchsuchungen seien ohne Zwischenfälle verlaufen und seien weitgehend auf Kooperation gestoßen, hieß es.

Wie der WDR berichtet, suche die Staatsanwaltschaft Originale von belastenden Dokumenten. Laut WDR legen diese den Verdacht nahe, dass der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki vor Gericht falsche Aussagen gemacht habe. Woelki weist sämtliche Vorwürfe zurück.

Das Erzbistum Köln bestätigte die Durchsuchung von Geschäftsräumen durch die Staatsanwaltschaft. „Erfahrungsgemäß wird es geraume Zeit in Anspruch nehmen, bis das Ergebnis vorliegt. Bis dahin bitten wir die Öffentlichkeit, eine ergebnisoffene Untersuchung nicht zum Anlass zu nehmen, Vorverurteilungen auszusprechen“, erklärte das Erzbistum.

Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass es bei der Durchsuchung darum gehe, einem Anfangsverdacht nachzugehen. Sie teilte außerdem mit, dass die Unschuldsvermutung gelte. Dem Beschuldigten werde in keiner Weise die aktive oder auch nur passive Vertuschung von oder gar Beteiligung an Missbrauchstaten zur Last gelegt wird. Mit den Durchsuchungen wollten die Ermittler nach eigenen Angaben schriftliche Unterlagen und die innerbistümliche Kommunikation zu den Vorgängen sicherstellen.

Die Aus- und Bewertung werde geraume Zeit der sichergestellten Beweismittel in Anspruch nehmen. Rund 30 Polizistinnen und Polizisten sowie vier Staatsanwältinnen und Staatsanwälte seien an den Maßnahmen beteiligt, hieß es weiter.

Woelki weist Vorwürfe zurück

Hintergrund der Razzia sind Meineid-Ermittlungen gegen Woelki. Diese beziehen sich auf den Prozess um die Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren Sternsinger-Chef Winfried Pilz.

Woelki soll davon gewusst haben. In einer Strafanzeige einer Privatperson wird ihm vorgeworfen, in einer beeideten Aussage vor dem Kölner Landgericht im März gelogen zu haben. Woelki hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

NRW-Oppositionsführer fordert Ablösung Woelkis

SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott forderte, Woelki endlich abzulösen. „Das ist ein weiterer Akt in dieser traurigen Geschichte“, sagte der Oppositionsführer am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Der Vatikan und Woelki selbst müssten „den vielen katholischen Christen wirklich eine Erlösung bereiten“ und endlich den Weg für einen Neuanfang freimachen, forderte der Kölner Landtagsabgeordnete.

Papst Franziskus müsse sich im Klaren sein, was für einen Erdrutsch diese Vertrauenskrise in vielen Gemeinden gerade auslöse. Der Kölner FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Kardinal Woelki muss sich vor dem Hintergrund der heutigen Razzia die Frage stellen, ob er sich nicht endlich zurückziehen sollte.“

mit dpa