Am Dortmunder Schwurgericht hat der Prozess gegen eine 72-jährige Rentnerin aus Kamen begonnen. Die Frau soll ihrem Ehemann im Juni Rattengift in den Spinat getan haben. Normalerweise würde die Staatsanwaltschaft das als versuchten Mord werten. Doch an diesem Fall ist nichts normal.
Die Beschuldigte gilt als schuldunfähig. Die Tat soll sie in einem Zustand akuter Verwirrtheit verübt haben – möglicherweise ausgelöst durch eine zu hohe Dosis Beruhigungsmittel. Seit ihrer Festnahme ist die Frau in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Geht es nach der Staatsanwaltschaft, soll sie dort auch bleiben.
In Klinik untergebracht
Zu Prozessbeginn machte die Beschuldigte einen aufmerksamen Eindruck. „Sie weiß, was passiert ist“, sagte ihr Verteidiger Axel von Irmer am Rande der Verhandlung. Mit den Richtern will die 72-Jährige zunächst nicht sprechen. „Es kann aber sein, dass sich das im Laufe der Verhandlung noch ändert“, sagte der Anwalt.
So war es die Aufgabe des Ehemannes der Beschuldigten, vom Tattag im Juni zu erzählen. Seine Frau habe sich schon Wochen zuvor extrem verändert, sagte der Zeuge. „Sie muss irgendwie einen ziemlichen Hass auf mich entwickelt haben. Immer wieder hatte ich mit kleinen Gehässigkeiten zu kämpfen.“
„Kleine Gehässigkeiten“
Mal soll die Kamenerin die Schlüssel des Manns versteckt haben. An einem anderen Tag fand der 74-Jährige sein Auto nicht mehr wieder. Seine Frau hatte das Fahrzeug in eine Nachbarstraße gefahren und dort neu geparkt. „Sie war für mich und unsere Töchter absolut nicht mehr zugänglich“, sagte der Zeuge.
Am Tattag sei er schon am Nachmittag von einer Radtour zurückgekommen. In der Küche habe seine Frau ihn gebeten, den von ihr aufgewärmten Spinat zu essen. „Sie mochte den nicht“, sagte der Zeuge. Angeblich sei der Spinat viel zu wässerig gewesen. „Und ich hätte deshalb auch wirklich gegessen“, so der 74-Jährige.
„Nicht mehr zugänglich“!“
Das auffällige Verhalten seiner Frau ließ ihn dann aber doch stutzig werden. „Immer wieder hat sie gesagt, warum ich denn nicht essen würde“, erinnerte sich der Zeuge. Schließlich sei die 72-Jährige sogar wütend geworden und habe gerufen: „Jetzt friss doch endlich!“ Da habe er geahnt, dass etwas nicht stimmte.
Schon als er den ersten Löffel an der Zungenspitze spürte, sei aus der Ahnung Gewissheit geworden. „Das war richtig bitter“, so der 74-Jährige. Er habe den Spinat deshalb ausgespuckt, in einer Mülltüte entsorgt und anschließend sogar noch den Topf gespült.

In Mülltüte entsorgt
Erst danach will der Zeuge eine Packung Rattengift in der Küche entdeckt haben. Er habe sich dann auf sein Fahrrad gesetzt und sei zu seiner Tochter gefahren. „Wir mussten uns beratschlagen“, sagte der Mann den Richtern. Und: „Wir waren mit den Nerven am Ende.“
Die Familie entschied schließlich, Anzeige zu erstatten. Die Rentnerin wurde festgenommen, der Mann kam zur Sicherheit für eine Nacht ins Krankenhaus. Gesundheitliche Schäden hat er allerdings keine davongetragen.
Keine gesundheitlichen Schäden
Wie sich später herausstellte, muss die Rentnerin mindestens acht Pads des Rattengifts in den Spinat gerührt haben. Ob sie ihren Mann wirklich töten wollte, wird sich wohl nie zweifelsfrei feststellen lassen. Der 74-Jährige sagt nur, dass er alles gut verpackt habe. „Meine Töchter waren deutlich erschrockener als ich.“