Auf dem digitalen Reißbrett der Planer war der Radschnellweg Ruhr (RS1) zuletzt noch gewachsen. Nach der Machbarkeitsstudie, die 2015 eine „Fahrradautobahn“ von Hamm nach Duisburg skizziert hatte, sprang auch noch die Stadt Moers mit auf. Offiziell steht der RS1 nun für die Vision einer durchgehenden Fahrradverbindung modernster Bauart über 114 Kilometer.
Die Realität der Radfahrer ist eine andere. Verwirklicht sind die Pläne für den Radschnellweg Ruhr erst auf einigen wenigen Teilabschnitten. Sie alle liegen in einem Streckenabschnitt, den Straßen NRW als das „Kernruhrgebiet zwischen Duisburg und Dortmund“ beschreibt und bevorzugt.
Statt in Hamm endet der RS1 nun in Rünthe
Im Kreis Unna dagegen rollt der RS1 deutlich langsamer an. Mehrfach wurden Verzögerungen im Projektablauf eingeräumt. Ein aktueller Zwischenstand, den Vertreter des Landesbetriebes für den Straßenbau nun in einem Gespräch mit dem Kreisverband des ADFC abgaben, enttäuscht die Erwartungen von Radfahrern und Radverkehrslobbyisten aber noch in einem anderen Punkt: Der RS1 scheint kürzer zu werden als anfangs gedacht.
Klöcknerbahn bleibt in der Trassenführung
Das nördliche Streckenende werde demnach zumindest nach derzeitigem Planungsstand in Bergkamen-Rünthe liegen, berichtet der ADFC-Kreisverbandsvorsitzende Dr. Andreas Abels aus seinem Gespräch mit den Vertretern von Straßen NRW. Der voraussichtliche Start- und Schlusspunkt der Fahrradautobahn dürfte nahe der Marina am Datteln-Hamm-Kanal liegen, etwa dort, wo die schon heute gern von Radfahrern genutzte Klöcknerbahntrasse auf die Rünther Straße stößt. An diesem Punkt würde der RS1 zugleich Anschluss an den IGA-Radweg von Bergkamen nach Lünen bekommen.
Uneins über den Streckenverlauf bis nach Hamm
Die Fortführung des RS1 bis nach Hamm hingegen ist laut Dr. Abels von den Planern ganz weit zurückgestellt worden. Hintergrund seien Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Kommunen. „Der Abschnitt weiter nach Hamm ist wohl gestrichen worden, damit man überhaupt weiterplanen kann“, so der ADFC-Kreisvorsitzende.

Straßen NRW äußert sich auf eine Anfrage unserer Redaktion weniger detailliert zu der Trassenplanung. Eine Information aber scheint den Wegfall der Strecke von Rünthe nach Hamm zu bestätigen: Die Gesamtlänge des RS1 im Gebiet des Kreises Unna gibt Straßen NRW nun mit „rund 17 Kilometern“ an. Bislang waren es 19,9.
Verzögerungen bei der endgültigen Trassenfestlegung
Abgesehen davon enttäuscht der Landesbetrieb Erwartungen hinsichtlich des RS1 noch in einem anderen Punkt: Auch die Planungen, die jetzt noch weitergeführt werden, scheinen abermals Verzögerungen zu erfahren. Wo genau der RS1 auf seinem Weg von der Stadtgrenze Dortmund/Unna bis zum Endpunkt herführen soll, gibt Straßen NRW noch nicht bekannt.

Unterlagen für die endgültige Festlegung der Trasse würden nun zusammengestellt und sollen „zu einem späteren Zeitpunkt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“, heißt es nun auf eine aktuelle Anfrage hin von Straßen NRW. Vor rund einem Jahr war die Festlegung des Trassenverlaufs bereits für den Herbst 2023 angekündigt worden. Doch dazu kam es nicht.
Straßen NRW kämpft mit verschiedenen Hindernissen
Gründe für die erneute Verzögerung teilt Straßen NRW offiziell nicht mit. Anders dagegen im Gespräch mit dem ADFC: „Man hat uns eine Vielzahl von Erklärungen dafür gegeben, warum es so lange dauert“, berichtet ADFC-Kreisverbandschef Dr. Abels. „Sie sehen sich selbst Zwängen unterworfen, etwa beim Grunderwerb oder der Umweltverträglichkeitsprüfung. Aber auch die eigenen Kapazitäten seien zu knapp.“
Am Baubeginn 2026 halten die RS1-Planer fest
In einem Punkt immerhin geben sich die Aussagen von Straßen NRW gegenüber unserer Redaktion und gegenüber dem ADFC übereinstimmend. Grund zur Hoffnung: An einem Baustart im Jahr 2026 wolle der Landesbetrieb festhalten. Wie lange es danach dauern wird, bis der RS1 durchgängig befahrbar ist, bleibt weiter offen.
Straßen NRW stellt sich auf einen Bau in Abschnitten ein, die nicht „von vorne bis hinten“ abgearbeitet werden, sondern sobald es möglich ist. Das kann dazu führen, dass sich auch im Kreis Unna zeitweilig asphaltierte Wegeabschnitte mit der RS1-Mindestbreite von vier Metern und noch unbearbeitete Streckenabschnitte ablösen.

Trassenverlauf nah an der Machbarkeitsstudie?
Gegenüber dem ADFC deutete Straßen NRW aber an, welche Abschnitte voraussichtlich als Erstes an die Reihe kommen. Die Aussagen dazu dürften regelmäßig Radfahrende nicht überraschen und mögen einen Hinweis darauf geben, dass es bei der Trassierung zwischen Unna-Massen und Bergkamen-Rünthe keine allzu großen Abweichungen von der 2015er Machbarkeitsstudie gibt. Die ehemalige Klöcknerbahntrasse von Unna-Königsborn nach Bergkamen-Rünthe und die Verbindung parallel zur S-Bahnlinie zwischen Königsborn und Massen in Unna sollen laut ADFC die ersten Abschnitte sein, die im Kreisgebiet mit RS1-Standard ausgebaut werden.