Nachbarn in Angst Mann aus Essen darf nicht mehr nach Hause zurück

Nachbarn in Angst: Mann aus Essen darf nicht mehr nach Hause zurück
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Nach einem gewaltsamen Übergriff auf eine Mutter mit Kinderwagen ist ein Mann aus Essen auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen worden. Die Richter halten ihn für unberechenbar und gefährlich. Dabei ist der Fall eigentlich traurig.

Der 57-Jährige leidet seit fast 40 Jahren an Schizophrenie. Lange Zeit konnte die Krankheit unter Kontrolle gehalten werden. Doch immer dann, wenn er seine Medikamente absetzte, brach eine wahnhafte Unruhe aus. Der gelernte Einzelhandelskaufmann randalierte, stieß Todesdrohungen aus, versetzte vor allem Frauen in riesengroße Angst.

Endstation Landgericht: Hier wurde entschieden, dass der psychisch kranke Mann aus Essen nicht mehr in Freiheit leben darf.
Endstation Landgericht: Hier wurde entschieden, dass der psychisch kranke Mann aus Essen nicht mehr in Freiheit leben darf. © Jörn Hartwich

Zuletzt hatte er aus dem Nichts heraus eine Nachbarin angegriffen, die mit ihren beiden Kindern gerade nach Hause kam. Als sie den 57-Jährigen im Eingangsbereich des Mehrfamilienhauses sah, versuchte sie, ihm sofort aus dem Weg zu gehen. Doch es war schon zu spät.

Ihr Nachbar kam ganz nah an sie heran, atmete ihr in den Nacken, riss ihr einen Büschel Haare aus und drückte ihren Kopf nach unten. Die vierjährige Tochter der Frau hatte sich vor Angst hinter einem Baum versteckt. Ihr Baby lag im Kinderwagen, den die Frau mit letzter Kraft festhielt, damit er nicht umkippt. Erst als der Ehemann auftauchte, ließ der 57-Jährige von ihr ab.

Psychiaterin hatte Angst

Auch die vom Gericht beauftragte Psychiaterin hat den 57-Jährigen als völlig unberechenbar erlebt. Als sie ihn in der Wohnung seiner Eltern untersuchen wollte, sprang er plötzlich auf und schrie laut herum. „Sein Verhalten hat mir Angst gemacht“, sagte die erfahrene Gutachterin den Richtern.

Aktuell gibt es kaum noch Hoffnung, dass sich sein Zustand noch einmal bessern könnte. Der 57-Jährige zeigt keine Krankheitseinsicht und auch keine Behandlungsbereitschaft. „Ich bin genesen und möchte in meine Wohnung zurück“, hatte er den Richtern kurz vor der Urteilsverkündung noch einmal gesagt. „Die Diagnosen der Ärzte interessieren mich nicht. Ich komme schon klar.“

Wohnung voller Bücher

Genau das sahen die Richter am Essener Landgericht allerdings anders. Sie befürchten, dass es ohne Behandlung noch zu weitaus schwereren Gewaltausbrüchen kommen könnte. Auch im Prozess stand der 57-Jährige immer unter Spannung. Seine Finger waren in ständiger Bewegung.

In seiner Wohnung hatte er sich vor allem mit Büchern befasst, die auch überall auf dem Boden herumlagen. Der Essener ist offenbar sehr belesen. Im Prozess sprach er von Psychologie, Musik und Sprachen, die ihn interessieren. Gleichhzeitig hatten sich die Übergriffe in der jüngsten Vergangenheit immer weiter gesteigert. Eine Impulskontrolle scheint kaum noch vorhanden zu sein. Klassisch bestraft werden konnte der 57-Jährige nicht. Er galt vor Gericht als komplett schuldunfähig.