Seit Anfang September schlagen, wie berichtet, die Wellen der Empörung hinter den Kulissen im Hertener Rathaus und beim Software-Entwickler Prosoz, einer 100-prozentigen Stadt-Tochter, hoch. Es geht dabei nicht um eine x-beliebige Stadt-GmbH, sondern um ein bedeutendes Unternehmen, dessen Software-Produkte von mehr als 1500 Stadtverwaltungen in ganz Deutschland eingesetzt werden. Gestritten wurde und wird um die Verträge der beiden Geschäftsführer und damit auch um deren Bezahlung. Aber: Um wieviel Geld geht es dabei?

Offiziell will auf Anfrage niemand bei Prosoz Zahlen nennen, aber im Bundesanzeiger sind die Chef-Gehälter der GmbH, die jährlich mehr als 25 Mio. Euro für ihre rund 500 Angestellten ausgibt, veröffentlicht. Demnach verdient Leslie Czienienga 201.000 Euro jährlich, ihr Ko-Geschäftsführer Arne Baltissen aber 207.000 Euro. Darin enthalten sind „geldwerte Vorteile“ wie Dienstwagen oder Mobiltelefone. Macht 6000 Euro Unterschied: Warum zahlt Prosoz dem Chef mehr als der Chefin?
Stadt zahlt 200.000 Euro für Nichtstun
Auch zu dieser Frage will offiziell bei Prosoz niemand etwas sagen. Gut unterrichtete Kreise aus dem Rathaus und dem Prosoz-Aufsichtsrat, dem der aktuelle Bürgermeister und zwei Bürgermeister-Kandidaten angehören, bestätigen aber: Leslie Czienienga habe aus Gerechtigkeitsgründen eine Gleichbezahlung gefordert. „Gender Pay Gap“, also eine „Geschlechter-Gehaltslücke“, nennen Frauenrechtlerinnen dies.
Czieniengas Kritiker stoßen sich nach Einschätzung der Kreise nun vor allem daran, dass die in der SPD bestens vernetzte Geschäftsführerin dabei auch politische Kontakte im Rathaus genutzt haben soll.
In der Folge entschieden sich die Kontrollgremien, in denen Bürgermeister Matthias Müller ein gewichtiges Wort mitredet, Leslie Czienienga freizustellen – bei laufenden Bezügen. Da der Vertrag der Geschäftsführerin noch ein Jahr läuft, heißt das: Prosoz – und damit die Stadt Herten – zahlt ihr ab sofort rund 200.000 Euro für verordnetes Nichtstun.
Prosoz-Aufsichtsratschef Wolfgang Kumpf (SPD) wollte diesen Punkt auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren. Er bestätigte allerdings, dass die Prosoz-Mitarbeiter intern darüber informiert wurden, dass ihre bisherige Chefin abberufen wurde. Er sprach davon, dass die Prosoz-Geschäftsführung „im Grunde gute Arbeit geleistet“ habe, sprach aber auch von „unüberbrückbaren Differenzen“ mit der Geschäftsführerin, bei denen es indes nicht um Geld gehe. Er bestätigte auch, dass die Nachricht von der Abberufung bei Teilen der Belegschaft für Überraschung und Entsetzen gesorgt habe.
Wer führt das Unternehmen künftig?
Wie es in dem Unternehmen mit mehr als 40 Millionen Euro Jahresumsatz, das jährlich auch einen Millionengewinn an die Stadtkasse abführt, nun weitergeht – darüber wird in den nächsten Tagen im Aufsichtsrat entschieden. Ob es künftig wieder zwei Geschäftsführer gibt oder nur einen, ist zurzeit offen.