
Sie scheinen der Schwerkraft zu trotzen – Szene aus „Through and Over“ im Theater Hagen. © Bettina Stoess
Präzise Körperarbeit und ausgelassener Tanz zeichnen Doppelabend aus
Ballettpremiere im Theater Hagen
Zwei sehr unterschiedliche choreografische Handschriften prägen den Doppeltanzabend, mit dem das Ballett Hagen am Samstag in die neue Spielzeit gestartet ist. Viel Applaus für das Ensemble.
Mit zwei kontrastreichen Choreografien feierte das Ballett Hagen am Samstagabend Premiere. Präzise Körperarbeit war in der Uraufführung „Through and Over“ von Anna Konjetzky gefragt. Muntere Ausgelassenheit hingegen bestimmte die europäische Erstaufführung „Op Sha!“ von Kevin O’Day.
Die Choreografin Konjetzky, die erstmals am Theater Hagen arbeitet, lotet in ihrer Kreation die Potenziale von Veränderungen aus. So beginnen die Tänzer, seit dieser Spielzeit gehören neun neue Mitglieder zum Ballettensemble, mit zarten Bewegungen, erwecken ihre Körper. Aus einem Schulteranheben entwickelt sich eine wellenartige Bewegung des ganzen Körpers.
In „Through and Over“ erobern sich die Tänzer den Raum
Die Tänzer erweitern ihren Radius, erobern sich den Raum, den Anna Konjetzky, die auch die Bühne entwarf, mit vier Lichtstelen markiert und der an ein Stadion erinnert. Passend dazu hat Lydia Sonderegger das Ensemble in sportliche Freizeitkleidung und Sneaker gesteckt.
Die Tänzer nehmen innere und äußere Impulse auf, die zu Richtungs- und Rhythmuswechseln führen. Zu dieser sehr präzisen, abgezirkelt wirkenden Körperarbeit hat Misagh Azimi einen Elektrosound-Teppich geschaffen, der auf- und abschwillt, zum Teil ein hohes Nerv- / Stresspotenzial hat.
In „Op Sha!“ wird der Tanz als Fest gefeiert
Gefeierter vom Publikum war die zweite Choreografie des Doppelabends. Denn meist geht es ausgelassen fröhlich in „Op Sha!“ zu. Der Tanz als Fest wird gefeiert – und in den Liedern der punkig-rockigen Klezmerband „The Lemon Bucket Orkestra“ spiegelt sich die überbordende Lebensfreude wider.
Der US-Amerikaner O’Day lässt die Tänzer in schnellen Wechseln in Duetten, Trios und großen Gruppenformationen aufeinandertreffen, aber auch Soli hat er in seine Choreografie eingebaut.
Mal tollen vier Tänzer jungenhaft übermütig über die Bühne, messen ihre Kräfte, und eine Tänzerin bringt sie wieder zur Raison. Da wird das Miteinander gefeiert, eine Gemeinschaft ohne Ausgrenzung erlebbar gemacht – und das Ensemble bewegt sich als Pulk wie ein Körper.
Neben wenigen melancholischen Momenten bestimmt eine sinnliche Verspieltheit von großer Leichtigkeit diese Choreografie.