Finanzielle Schwierigkeiten, eine Hausdurchsuchung aufgrund von Untreue einzelner Mitarbeiter und weitere Skandale bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) haben den Reitsport in Deutschland zuletzt bewegt. Nur verständlich, dass es in diesem Zusammenhang auch auf regionaler Ebene einige Fragen gibt.
Martin Richenhagen zu Gast in Kamen
Anlässlich dessen hatten Interessierte des Reitsports am vergangenen Mittwochabend (2. April) die Möglichkeit, Antworten und Lösungen zu erhalten. Denn der ZRFV Kamen lud zu einer Verbandsversammlung des Kreisreiterverbands Unna-Hamm ein. Für den Kreisreiterverband war dies eine ganz besondere Sitzung. Denn zu Gast war Martin Richenhagen, Präsident der FN.
In einem Vortrag, der den Zuhörern einen Einblick in die aktuelle Situation der FN ermöglichte, legte Richenhagen den Schwerpunkt auf die „Einschätzung zur zukünftigen Entwicklung des Reitsports im Kontext zur Positionierung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung“. Zusätzlich widmete er sich persönlich verschiedenen Fragen und Anliegen.
Im November vergangenen Jahres wurde Richenhagen zum neuen FN-Präsidenten gewählt. Damit hat die FN einen ganz besonderen Menschen gewonnen. Denn er sei nicht nur ein Mann, der die „Sachen direkt angeht“, erklärte Uta Leisentritt, eine langjährige Bekannte von Richenhagen, sondern auch eine Person mit einer besonderen Karriere: „Vom Tellerputzer zum Millionär“.
Der geborene Rheinländer begann seine berufliche Karriere als Lehrer für katholische Religion und Französisch. Doch ein Wechsel in die Wirtschaft führte dazu, dass er 2004 den Posten des Vorstandvorsitzenden eines amerikanischen Großkonzerns für Landmaschinen übernahm.
Präsident der FN mit besonderer Karriere
Von Amerika aus habe Richenhagen gute Kenntnisse über die Finanzlage der FN gehabt: „Ich wusste sogar in Amerika besser, wie die Finanzlage der FN ist, als das Management der FN“, sagte der 72-Jährige mit Humor. Er und sein Team, das in Form einer Unternehmensberatung aufgestellt ist, müssen verschiedene Herausforderungen überwinden. Um das zu schaffen, hat sich der ehemalige Dressurreiter mit verschiedenen Fragen auseinandergesetzt.

Wie sieht die Zukunft des Reitsports aus? Nach Planungen gehe das Geschäft, inklusive der Bereiche Zuchtzahlen, Eintragungen, Fohlengeburten, Turnierstarts etc., jährlich um fünf Prozent zurück. „Wenn wir wachsen wollen, dann muss uns was einfallen“. Genau dies zeigte Richenhagen am Mittwochabend, indem er verschiedene Veränderungen erklärte.
Zum Beispiel sollen die FN und das Deutsche Olympiade-Komitee für Reiterei (DOKR), zusammengeführt werden, um Kosten und Arbeit einzusparen. Des Weiteren wird die FN nun für Kunden „rund um die Uhr geöffnet sein“. Um Personalkosten zu sparen und schneller arbeiten zu können, wurde „die Truppe verkleinert“.
Reiterliche Vereinigung mit finanziellen Schwierigkeiten
All diese Maßnahmen seien notwendig, um die jahrelange Misswirtschaft zu bereinigen. Dazu erklärt der Wirtschaftler, dass die FN jährlich einen Umsatz von 22 bis 25 Millionen Euro macht. „Trotzdem haben sie es geschafft, einen jährlichen Verlust von einer Million Euro zu erlangen.“
Deshalb stellte er sich nach Antritt seines Amtes die Frage, was finanzielle Ziele sein könnten. Es solle ein jährlicher Gewinn von 500.000 Euro gemacht werden und dabei eine Reserve von etwa drei Millionen Euro angelegt werden, die jedoch ein paar Jahre dauere.
Für den FN-Präsidenten ist klar: „Die Gelder, die wir einnehmen, sollen sinnvoll wieder für den Sport verwandt werden, sowohl für den Breitensport als auch für den Spitzensport“. Ein laufendes Projekt ist das „100 Schulpferde plus“-Projekt, das verschiedene Reitschulen bei der Anschaffung von Schulpferden unterstützt und damit auch den Nachwuchs fördert.
Im Vortrag wurde dem Zuhörer noch eine ganz besondere neue Vision zur Kenntnis gebracht. Mit dem Namen „Aus Liebe zum Pferd im Dienst der Menschen“ möchte er die Bedeutsamkeit des Tierschutzes beschreiben. Auch privat spielt der Tierschutz für Richenhagen eine wichtige Rolle: „Der Tierschutz ist für meine Familie sehr wichtig. Wir haben Hunde, Katzen, Hühner, Bienen, Schlangen, Hirsche und Füchse. Allen geht es gut.“
Im Hinblick auf den Tierschutz in der Region erklärt der gebürtige Rheinländer: „Wir haben das Glück, dass wir von den ganz großen Skandalen verschont geblieben sind“. Richenhagens Vorstellung ist eindeutig: „Wir müssen mit unseren Pferden so umgehen, dass sie glücklich sind“.
Ein wichtiges Projekt unter Richenhagen ist der Tierschutz
Doch woran erkennt man das? Mit dem genauen Wissen sei dies leicht zu erkennen. Dazu soll in die Ausbildung von Trainern und vor allem von Richtern investiert werden, um für Aufklärung zu sorgen. Auch das „Wie?“ ist für den Funktionär klar: „Pferde wollen bewegt werden. Für mich ist die Dressur ähnlich wie Aerobic. Dabei kann man davon ausgehen, dass das Pferd alt wird“.
Ein Vorbild seien die deutschen Reiter, die sich den Erfolg bei den vergangenen olympischen Spielen durch das „feine Reiten“ erarbeiteten. Dies sollte weiterhin ausgebaut werden, indem eine klare Linie zwischen richtig und falsch gezogen wird. Erarbeitet wird dies in einem Gremium aus Tierärzten, Reitern, internationalen Richtern, Trainern etc. Eine schon jetzt bekannte Neuerung ist der Einsatz von sogenannten „Info-Stewards“ auf großen Turnieren, die den Zuschauern Auskunft über verschiedene Reitweisen geben sollen.
Prof. Martin Richenhagen ist optimistisch, dass der deutsche Reitsport und die FN in Zukunft wieder Weltklasse werden können. Allen solle bewusst sein, dass am FN-Sitz in Warendorf nun ein frisches Lüftchen wehe: ein „Wind of Change“ sozusagen. „Man soll wieder stolz auf die FN sein“, so Richenhagen.