Plötzlich klingelt die Polizei Gronauer geraten durch Amazon-Bestellung ins Visier

Von Guido Kratzke
Plötzlich klingelt die Polizei: Gronauer geraten durch Amazon-Bestellung ins Visier
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Der Krankenhaus-Oberarzt Daniel Brauer und seine Frau Sabine hatten vor einigen Tagen die Polizei vor der Tür stehen. Durch den Online-Kauf von Petroleum für den mobilen Ofen und Mundspüllösung waren sie ins Visier der Sicherheitsbehörden gelangt.

Daniel Brauer wirkt im Gespräch mit unserer Zeitung immer noch schockiert. „Plötzlich steht man als potenzieller Bombenbauer und Gefährder da“, beschreibt er seinen Gemütszustand. Dabei sind die Gründe für die Bestellungen ganz plausibel.

Der Oberarzt für Innere Medizin am St.-Antonius-Hospital ist mit seiner Frau Sabine im Jahr 2017 in den Kottigerhook nach Epe gezogen. „In dem Haus funktioniert allerdings die Gasheizungsanlage nicht wie gewünscht“, verweist er auf ein Problem. Sie schafften daher für beide Etagen elektronische Petroleumöfen an, um damit im Winter zu heizen.

Um die modernen Laseröfen aus Japan befeuern zu können, benötigen sie zwischen drei und vier Kanister des Brennstoffs im Monat. „Die lassen wir über Amazon liefern, weil es da gerade am günstigsten ist“, erklärt der Mediziner die regelmäßigen Online-Bestellungen.

„Da steht auf den Packungen etwas von schwefelarm“, versucht er, ein weiteres Indiz für den Polizeibesuch herzuleiten. Auch haben die beiden vor einiger Zeit wegen einer Dermatitis Schwefelseife gekauft. „Aber wird man dadurch zum Bombenbauer?“ In Zeiten einer ausgemachten Reichsbürger-Bedrohung reicht die Zusammenstellung des Online-Einkaufs offenbar für einen Verdacht.

Karbid und Buttersäure bestellt

Mit dem Paar wohnen drei Kater in dem Einfamilienhaus. Die Samtpfoten sind bekanntlich Feinschmecker. „Wir haben Vorräte von ihrem Lieblingsfutter angelegt“, verweist der Arzt auf eine weitere Bestellungshäufung. Sogar das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rate zum Anlegen von Vorräten. „Und in Zeiten von Lieferkettenproblemen...“

Da außerdem auf dem Hof ein Fass und eine Zapfanlage für Dieselkraftstoff vorhanden sind, mit dem er ein Notstrom-Aggregat betreiben und sein Auto betanken kann, um bei längeren Stromausfällen zum Dienst ins Krankenhaus fahren zu können, kam ein weiteres Verdachtsmoment hinzu: Handelt es sich bei dem Paar etwa um Prepper? Das ist eine Bezeichnung für Menschen, die sich durch intensive Bevorratung auf mögliche Katastrophen vorbereiten. Einige von ihnen werden der Verschwörungstheoretiker-Szene zugerechnet.

„Ich hatte auch etwas Karbid und Buttersäure bestellt“, erläutert Brauer eine weitere kleine Order. „Das habe ich benutzt, um Ratten zu vergraulen.“ Also auch nichts, mit dem man größere Schäden anrichten könnte. Die Beamten beschreibt seine Frau als sehr höflich. Sie hätten alles in Augenschein genommen, einiges dokumentiert und seien dann wieder gefahren. „Sie hatten eine Liste mit all unseren Bestellungen aus den vergangenen Jahren dabei“, wundert sie sich.

Für Frank Rentmeister, Pressesprecher der Kreispolizei Borken, ist eine solche Maßnahme nichts Ungewöhnliches. „Wir haben da richtig gehandelt“, sagt er mit Bezug auf eine Richtlinie der EU, die auch in Deutschland Anwendung finde. Danach sind Anbieter von potenziellen Explosivstoffen verpflichtet, Überschreitungen von Schwellenwerten bei der Bestellung zu melden, um damit beispielsweise der Gefahr durch Terrorismus entgegenzutreten.

Jagdschein und Sportschützin

Daniel Brauer ist nachdenklich geworden, was seine Daten aus Einkäufen bewirken. Er hat als Waldparzellenbesitzer in seiner alten Heimat Siegerland einen Jagdschein und darf demnach eine Waffe führen. Zudem sei seine Frau Sportschützin. Wenn dann der Verdacht auf Reichsbürgertum und Prepper hinzukommt... „Da erwarten wir jetzt, in eine Gefährderkartei des Verfassungsschutzes zu kommen“, äußert der Mediziner eine Befürchtung. „Nur weil wir eine ineffektive Heizung und einen Generator haben?“

Mit seinem Vermieter habe er gesprochen, dass für die Heizung im neuen Jahr eine Lösung gesucht werde. Und das Petroleum sei nun in Baumärkten in Holland wieder günstiger zu erhalten. „Dann bekomme ich allerdings Probleme mit dem Zoll wegen des Transports von Brennstoffen über die Grenze.“ Ärger, auf den er angesichts des jüngsten Besuches gerne verzichten möchte.