
Stellvertretend für ihren Chef, den Borkener Mediziner Dr. Amin Osman, dürfen die beiden medizinischen Fachangestellten Andrea Nießing (links) und Sarah Hykes künftig auch Elektrokardiogramme selbst analysieren. © Luca Bramhoff
Physician Assistants: Neues Berufsbild gegen Ärztemangel auf dem Land
Ausbildungsprojekt vorgestellt
Was tun gegen den drohenden Ärztemangel auf dem Land? Das fragen sich Borkens Ärzte und Politiker gleichermaßen. Der Borkener Hausarzt Dr. Amin Osman hat dem Borkener Stadtrat für das Mediziner Netzwerk Borken und Umgebung das neue Ausbildungsprojekt zum Physician Assistent (PA) vorgestellt, das die Stadt Borken finanziell unterstützen soll. Dies wirke der medizinischen Versorgungslücke auf dem Land entgegen.
„Die Idee ist bei unserem Projekt, vor allem Menschen aus der Region an die Region zu binden“, erklärte Osman. So sollen medizinische Fachangestellte (MFA) oder auch Pflegepersonal für die Fortbildung gewonnen werden. Sodass sie, wenn sie nach dreieinhalb Jahren Studium in Papenburg wieder in Vollzeit auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren, den Arzt in der Heimatpraxis entlasten können.
Osman nennt dieses Arbeitsprinzip „Leistung in Delegation“. So werden Tätigkeiten wie ein Anamnese-Gespräch oder eine Ultraschalluntersuchung vom PA nach Weisung des Arztes durchgeführt. „Die Unterschrift für verschreibungspflichtige Medikamente liegt jedoch weiterhin beim Arzt“, betont Osman auf Nachfrage aus dem Rat.
Angestellte freut sich auf Karrierechance
Eine der ersten MFA, die dieses Studium nun in Angriff nimmt, ist Andrea Nießing. Die Angestellte Dr. Osmans habe schon seit längerer Zeit großes Interesse an einem solchen Schritt gehabt. Nur benötigte sie bisher das Abitur dafür. „Jetzt reicht eine bestandene Eignungsprüfung“, erklärte Nießing, „Das finde ich auch nur fair, weil so das medizinische Fachwissen im Vordergrund steht.“ Fachwissen, von dem sie nach Jahren der Berufserfahrung schon einiges angesammelt habe. Osman selbst sagte, dass das Vorwissen, das MFA mitbringen, nicht zu unterschätzen sei.
„Auch Pfleger, die seit Jahren mit Rheuma-Patienten arbeiten, wissen teilweise genauso viel über das Krankheitsbild wie der behandelnde Arzt“, räumt der Gemener Mediziner ein. Alles darüber hinaus würden sie dann im Studium lernen.
Während dieser Ausbildungszeit in Papenburg fallen die Mitarbeiter vor Ort auch nicht vollkommen aus. „Wir müssen nur insgesamt zwei Tage im Monat in Papenburg sein“, erklärte Andrea Nießing. Der Rest des Studiums sei online, organisiert. So sollen die PAs auch weiterhin unterstützend in der Praxis tätig sein. Ob jeder von ihnen langfristig in der Praxis arbeitet, bleibe jedoch vorerst unklar. „Wir können natürlich niemanden zwingen, bei uns zu bleiben“, so Osman.
Eine Rückzahlungsvereinbarung der geförderten Studienkosten soll es hingegen schon geben. Dies sei auch übliche Praxis, wie Bürgermeisterin Mechtild Schulze Hessing vor dem Borkener Rat erklärte.