Steuern sparen mit Photovoltaik-Anlagen Neues Recht in 12 Punkten erklärt

Photovoltaik-Anlagen jetzt steuerfrei: Neues Recht für alle PV-Anlagen in 12 Punkten erklärt
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Die Nutzung der Sonnenenergie soll massiv ausgebaut werden, um unabhängiger von Öl und Gas zu werden. Das ist das erklärte Ziel der Bundesregierung und spätestens sein dem russischen Überfall auf die Ukraine und die damit ausgelöste Energiekrise dringender denn je.

Bereits zum 30. Juli 2022 ist die Vergütung für eingespeisten Strom für neu installierte kleinere Anlagen bis 10 Kilowatt Leistung auf 8,2 Cent pro Kilowattstunde erhöht worden, ab 10 Kilowatt gibt es 7,1 Cent. Am 16. Dezember 2022 beschloss dann der Bund, den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen zur Nutzung der Sonnenenergie auch steuerlich stärker zu fördern.

PV-Anlage nun steuerfrei: Mehrwertsteuer entfällt

Das Jahressteuergesetz sieht dazu Entlastungen für den Bau und den Betrieb von PV-Anlagen vor. Vereinfacht gesagt: Wer in diesem Jahr eine neue PV-Anlage auf sein Eigenheim setzt, muss in der Regel – wenn die Anlage nicht zu groß ist – keine Mehrwertsteuer mehr auf das Material und die Installation bezahlen. Auch für den erzeugten Strom fallen keine Steuern mehr an.

Soweit ist die Sache noch einfach. Sobald es ins Detail oder um bestehende Anlagen geht, wird die Neureglung knifflig. So teilte das Bundesfinanzministerium unserer Redaktion auf Anfrage mit, dass man plane, ein „Schreiben zu den sich aus der Neuregelung erhebenden Einzelfragen“ mit den „obersten Finanzbehörden der Länder“ abzustimmen und zu veröffentlichen. Einen konkreten Termin, wann man so weit sei, könne man nicht nennen. Das heißt: Vieles ist noch schwammig und unklar.

Wir haben neben dem Bundesfinanzministerium auch das NRW-Finanzministerium, den Bund der Steuerzahler, die Verbraucherzentrale und eine Steuerberaterin befragt. An dieser Stelle fassen wir zusammen, was Besitzer von PV-Anlagen und solche, die den Bau einer Anlage planen, wissen müssen, was bisher bekannt ist und was nicht.

Photovoltaik-Anlagen ohne Mehrwertsteuer: 12 Fragen und Antworten

Hier sind unsere 12 Fragen und Antworten:

1. Wenn ich eine neue PV-Anlage auf oder neben meinem Haus baue, muss ich dafür seit 1. Januar 2023 keine Mehrwertsteuer bezahlen. Für welche PV-Anlagen welcher Größe gilt das?

Dieser sogenannte „Nullsteuersatz“ gilt für die Lieferung und Installation sämtlicher Photovoltaik-Anlagen, die sich auf oder in der Nähe von Wohngebäuden befinden. Für öffentliche und dem Gemeinwohl dienende Gebäude ebenso.

Allerdings darf die einzelne PV-Anlage eine installierte Leistung von maximal 30 Kilowatt in der Spitze – das heißt „Peak“ – nicht überschreiten. In aller Regel liegen die PV-Anlagen auf Ein- oder Zweifamilienhäusern deutlich unter diesem Wert. Die meisten Anlagen auf Einfamilienhäusern haben einen Peak von 8 bis 15 Kilowatt.

2. Gilt der Nullsteuersatz sowohl für Materialkosten (inklusive Speicher und Wallbox) als auch für die Lohnkosten?

Das gilt grundsätzlich auch für die Lohnkosten. Wallboxen fallen allerdings nicht unter den Nullsteuersatz, sie müssen mit 19 Prozent versteuert werden (Material und Lohnkosten).

3. Was ist, wenn ich eine PV-Anlage nicht gekauft, sondern nur gemietet habe? Entfällt dann die Mehrwertsteuer?

Nein, sagt das Bundesfinanzministerium und schreibt: „Die Anmietung von PV-Anlagen stellt keine Lieferung von PV-Anlagen dar und unterliegt daher dem Regelsteuersatz.“

Allerdings sollte man sehr auf den genauen Vertragswortlaut achten, denn: „Leasing- oder Mietkaufverträge können je nach konkreter Ausgestaltung umsatzsteuerrechtlich als Lieferung oder als sonstige Leistung einzustufen sein. Der Nullsteuersatz kann nur auf Lieferungen angewandt werden. In allen anderen Fällen kommt der Regelsteuersatz zur Anwendung.“

Bei Zweifeln empfiehlt es sich, einen Steuerberater zu fragen.

4. Muss ich für den Strom, den ich selbst verbrauche und den ich ins öffentliche Netz einspeise, Steuern zahlen?

In der Regel nicht. Für selbst verbrauchten sowie für den in das öffentliche Netz eingespeisten Strom müssen ab dem Jahr 2022 keine Ertragsteuern mehr gezahlt werden. Diese Regelung ist zwar erst am 1. Januar 2023 in Kraft getreten, gilt aber rückwirkend ab dem 1. Januar 2022.

5. Gilt das für alle Anlagen?

Nein, und das liegt an einer steuerrechtlich etwas komplizierten Unterscheidung. Private Betreiber von PV-Anlagen sind vor dem Gesetz grundsätzlich erst einmal Kleinunternehmer. Als solche konnten sie bisher zwischen zwei Besteuerungs-Wegen wählen: Regelbesteuerung oder Kleinunternehmer-Regelung.

Bei der Regelbesteuerung konnten private Betreiber von PV-Anlagen die Mehrwertsteuer, die sie an die Firmen für die Lieferung und Montage ihrer PV-Anlage bezahlt haben, auf einen Schlag erstattet bekommen (Vorsteuerabzug). Das machte die große Investition natürlich zunächst deutlich preiswerter, weil ansonsten bis zum 31. Dezember 2022 19 Prozent Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer (das ist dasselbe) fällig gewesen wären.

Wer die Kleinunternehmer-Regelung wählte, der bekam zwar die Mehrwertsteuer auf die Anschaffungskosten nicht erstattet. Dafür fielen keine Steuern auf den erzeugten, selbst verbrauchten und eingespeisten Strom an. Die Entscheidung, welchen Weg man wählen wollte, musste jeder und jede einzelne treffen.

6. Das heißt: Für neue PV-Anlagen zahlt man ab 2023 auf die Investitionskosten keine Steuern und muss auch den erzeugten Strom nicht mehr versteuern?

Genau so ist das.

7. Und was genau gilt bei alten Anlagen?

Wer einmal die Regelbesteuerung gewählt hatte und die Mehrwertsteuer für die Anschaffung erstattet bekommen hat, der muss weiter auf den von ihm erzeugten Strom Steuern zahlen – einerlei, ob er ihn selbst verbraucht oder ins öffentliche Netz einspeist.

Er ist für fünf Jahre daran gebunden. Ein paar Monate vor dem Ablauf der 5-Jahres-Frist kann er beim Finanzamt beantragen, dass bei ihm wieder die Kleinunternehmer-Regelung angewendet werden soll. Wichtig: Ein Wechsel ist jeweils nur zum 1. Januar möglich und muss dem Finanzamt gemeldet werden.

Solange man in der Regelbesteuerung ist, muss man jedes Vierteljahr eine Vorsteuererklärung abgeben, die auf den selbst verbrauchten und eingespeisten Strom fälligen Steuern errechnen und ans Finanzamt überweisen. Einmal im Jahr ist dann eine Umsatzsteuererklärung fällig.

8. Kann man das mit den vierteljährlichen Vorsteuererklärungen umgehen?

Ja, das geht, allerdings muss dazu das Finanzamt selbst aktiv werden. Das Bundesfinanzministerium teilte dazu auf Anfrage mit: „Beträgt die Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 Euro, kann das Finanzamt die Unternehmerin oder den Unternehmer (nach Ablauf des auf die Neugründung folgenden Kalenderjahrs) von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldung und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Dies dürfte insbesondere bei einer Vielzahl von Betreibern von PV-Anlagen der Fall sein.“ Dann muss man nur noch einmal im Jahr eine Umsatzsteuererklärung abgeben.

9. Wenn ich in diesem Jahr eine neue Anlage auf meinem Haus errichte, muss ich ja weder für die Anschaffung Umsatz- oder Mehrwertsteuer (ist dasselbe) bezahlen noch Ertragssteuer für den erzeugten Strom. Muss ich meine Anlage dann trotzdem beim Finanzamt anmelden?

Ja, sagt das nordrhein-westfälische Finanzministerium.

10. Was ist mit Reparaturen an PV-Anlagen, muss ich dafür Mehrwertsteuer bezahlen?

Für den Austausch defekter Teile fallen keine Steuern an, auf die Lohnkosten allerdings wohl.

11. Kann ich gegebenenfalls die Lohnkosten, wenn sie nicht steuerfrei sein sollten, als Handwerker-Dienstleistungen bei meiner Einkommenssteuererklärung geltend machen?

Das ist nach Angaben des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums derzeit noch eine offene Frage zwischen Bund und Ländern.

12. Was ist, wenn ich eine Cloud-Lösung habe, spare ich dann auch Steuern?

Diese Frage ist allgemeingültig, so das NRW-Finanzministerium, nicht zu beantworten. Dazu gebe es zu viele unterschiedliche Cloud-Vereinbarungen. Möglicherweise wird diese Frage auch noch geklärt, wenn sich Bund und Länder auf die letzten Details der Sprachregelung zu diesem Thema geeinigt haben.

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