Herbsferienaktion beim Reiterverein Kirchlinde

Pferde-Therapie für junge Flüchtlinge

Das Ferienprogramm des Reitervereins Kirchlinde kann man leicht als Willkommensspaß für junge Ausländer missverstehen. Tatsächlich handelt es sich um eine lange geplante integrative Tier-Therapie für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

KIRCHLÌNDE

, 16.10.2015 / Lesedauer: 3 min

Junge Flüchtlinge und deutsche Jugendliche verbrachten gemeinsam die zweite Ferienwoche beim Reiterverein Kirchlinde.

Sie kommen aus Afghanistan, dem Irak und Syrien. Sie sind minderjährig, teilweise noch Kinder. Sie sind alleine. In ihrer Heimat und auf ihrer Flucht mussten sie viel überstehen, bevor sie das rettende Deutschland erreichen konnten. Doch erst hier merken sie, dass sie Krieg und Gewalt noch nicht komplett hinter sich gelassen haben  . Viele tragen das Erlebte als Trauma mit sich herum.

Die unbegleiteten Minderjährigen, die in dieser Woche Gast beim Reiterverein Kirchlinde waren, und im kalten deutschen Oktober lernten, wie viel Wärme ein Pferd spenden kann, haben mit dem Heilungsprozess begonnen.

Pferde holen aggressive Kinder runter

Kinder lernen schnell. Kriegskinder lernen, dass sie sich alles, was sie brauchen, nehmen müssen. Zur Not mit Gewalt. „Viele der Kinder sind sehr aggressiv“, berichtet Rosalyn Dressman von der African Tide Union, die die traumatisierten Jugendlichen betreut. „Tiertherapie hat sich als wirksam erwiesen, sie wieder herunterzuholen.“

Das kann Rainer Kahl vom Reiterverein nur bestätigen: „Am Montagmorgen war eine große Anspannung bei den Teilnehmern zu spüren. Doch schon am Nachmittag konnten viele ein Dauergrinsen nicht mehr unterdrücken.“

Hilfe von Pro Filiis

Am Anfang wollten die Kirchlinder Reiter mit ihren in Sprung und Dressur ausgebildeten Pferden und ihren zertifizierten Trainern einfach nur ganz allgemein ein Ferienprogramm für benachteiligte Kinder anbieten, wie sie es schon früher getan hatten.

Als sich die Stiftung Pro Filiis anbot, die Kosten eines solchen Programms zu übernehmen, wandte sich Kahl an die Dortmunder Institutionen der Jugendhilfe mit der allgemeinen Anfrage: „Wem können wir etwas Gutes tun?“ So entstand schon vor der aktuellen Flüchtlings-Diskussion der Kontakt zu African Tide und dem St. Vincenz Jugendhilfe-Zentrum.

Psychologische Arbeit in den Ferien

„Die Kontaktaufnahme war spontan und improvisiert aber die Zusammenarbeit funktioniert super“, so Kahl. Die Wahl der Kooperationspartner führte zu einem idealen Effekt: Die psychologische Arbeit konnte mit einer unterhaltsamen Herbstbeschäftigung verbunden werden.

Die Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren kamen in den Genuss eines Aufbaukurses Reiten mit Pferdepflege, Pferdekunde und natürlich Reiten. Mittags gab es gemeinsame Mahlzeiten, die der Mengeder Ferienspaß organisiert hatte.

Sprachliche Barrieren überbrückt

Die sprachliche Situation erforderte Improvisation: „Ein paar Jugendliche sprechen Englisch und übersetzen ins Arabische“, sagt Rainer Kahl. Weil an dem Programm aber auch deutsche Jugendliche Teilnehmen, blieben auch deutsche Sprachfetzen hängen.