
Sie zeigen ihre Liebe: Pascal (li.) und Daniel Stein aus Waltrop am Wasserfall in der "Zoom Erlebniswelt". © Markus Weßling
Pascal und Daniel Stein aus Waltrop: Inniger Kuss am Wasserfall im Zoo
Zum „Tag des Küssens“ am 6. Juli
Pascal und Daniel Stein aus Waltrop lieben Zoo-Besuche - und vor allem lieben sie einander. Küssen in der Öffentlichkeit, an ihrem Lieblingsplatz im „Zoom“ Gelsenkirchen? Gerne!
Die Anfrage von Marc-Peter Selzer, Organisator des Christopher Street Day in Waltrop, erreicht Pascal und Daniel Stein, als sie gerade einen Ausflugs-Tag in der „Zoom Erlebniswelt“, dem Zoo in Gelsenkirchen, verbringen. Die Waltroper Zeitung, so gibt er weiter, wolle anlässlich des „Internationalen Tags des Kusses“ (6.7.) über ein gleichgeschlechtliches Paar und deren Verhältnis zum Thema Küssen berichten. Und am liebsten auch ein Kuss-Foto machen. Ob sie bereit wären?
Wenig später am Gelsenkirchener Zoo. Die beiden haben spontan zugestimmt. Die Zoo-Jahreskarten-Inhaber hatten eigentlich ihren Besuch dort für heute schon beendet, warten vor den Toren auf den Redakteur. Schnell ein Kuss-Bild vor dem Eingang? „Na, wenn schon, dann richtig - und lieber im Zoom“, wenden die beiden ein.
Zielstrebig zum Lieblingsplatz
Also geht es wieder hinein zu den Tieren, in die „Alaska“-Welt, vorbei am „Diner“, den Braunbären und „Sams Mine“, zielstrebig zu einem rauschenden Wasserfall. „Hier ist es.“ Davor, so wünschen es sich die beiden, soll das Foto entstehen, das ihre Liebe illustriert. Denn das sei einer ihrer Lieblingsplätze in dem großen Tierpark. Und da stehen sie Sekunden später, küssen einander innig und voller Hingabe. Fast so, als sei die Kamera gar nicht da.
Daniel und der fast 15 Jahre ältere Pascal (25 und bald 40) sind verheiratet. Sie waren das erste männliche Paar, das sich in Waltrop standesamtlich trauen ließ, nachdem das Gesetz zur „Ehe für alle“ zum 1. Oktober 2017 in Kraft getreten war. Am 26. Oktober 2017, praktischerweise genau zwischen ihren Geburtstagen, gaben sie sich das Jawort. Der Ältere stammt eigentlich aus Nordhorn, war aber gerade in Datteln, als der Jüngere ihn über das Dating-Portal Lovoo anschrieb. Der Rest ist ihre Liebes-Geschichte, die übrigens für Daniel auch mit dem längst überfälligen Outing einherging.
Schon wenige Monate später folgte die Hochzeit. Es gab neben viel Zuspruch für die Beziehung auch Widerstände, die aber weniger etwas speziell mit dem Küssen zu tun hatten, sondern allgemein mit Vorurteilen und Intoleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Beziehungen.
Unterhaken ist das Zeichen der Zusammengehörigkeit
Mit dem Küssen in der Öffentlichkeit hat das Paar ganz offensichtlich kein Problem, auch wenn sich die beiden im Alltag - wie es wohl auch für die meisten heterosexuellen Paare gilt - nicht dauernd abknutschen. Der Weg, auch nach außen zu zeigen, dass sie zusammengehören, ist für sie eher das Unterhaken, wenn sie gemeinsam unterwegs sind. An eine sehr positive Erfahrung aus den Anfangstagen der Beziehung erinnert sich das Paar allerdings auch: Am Dortmunder Hauptbahnhof hätten sie eine Bahn-Mitarbeiterin gebeten, ein Kuss-Foto von ihnen zu machen - und die sei ganz begeistert gewesen.
Marc-Peter Selzer, der den dritten Waltroper „Christopher Street Day“ am Samstag (9.7., 12 Uhr) vor dem Rathaus maßgeblich vorbereitet, sagt, dass er kaum noch den Fall erlebe, dass sich jemand öffentlich über ein sich küssendes homosexuelles Paar aufrege. Das könne daran liegen, dass man heutzutage ja wisse, dass man dann gleich mit Widerspruch anderer rechnen müsse.
Und Homosexuelle bewegten sich eben auch weniger in Kreisen, in denen man Intoleranz zu erwarten habe. An den Blicken mancher Leute könne man freilich schon ablesen, dass sie das Küssen Homosexueller in der Öffentlichkeit ablehnten.
Toleranz „vor allem Sache der Erziehung“
Grundsätzliche Unterschiede zwischen Kleinstädten wie Waltrop und Metropolen sieht Selzer in der Toleranz-Frage nicht. Auch glaubt er nicht, dass es eine Sache der Generationen sei, eher schon eine Frage der Erziehung. Für jemanden, der zum Beispiel einem konservativen polnischen Elternhaus entstamme, sei der Weg zu einer toleranten Haltung eben mitunter weiter, berichtet Selzer aus seinem eigenen Umfeld.
Geboren und aufgewachsen in Gelsenkirchen-Buer, studiert in Bochum und Dublin. Wollte seit dem Schülerpraktikum in der achten Klasse nie etwas anderes werden als Journalist. Als freier Mitarbeiter seit dem 14. Lebensjahr eifrig darauf hin gearbeitet, den schönsten Beruf der Welt zu ergreifen. Dann in Osthessen zur Redakteursausbildung. Im Jahr 2006 von Osthessen ins Ostvest. Tief eingeatmet und mit Westernhagen gesagt: “Ich bin wieder hier, in meinem Revier.” Das geliebte Ruhrgebiet, das Ostvest, auch und gerade das kleine Waltrop: Fundgruben für Geschichten, die erzählt werden wollen. Immer wieder gerne.