Marco Thiel (33) repariert Windkraftanlagen Arbeiten auf bis zu 145 Meter Höhe

Auf einem Windrad arbeiten: Was macht macht man als Servicetechniker von Windkraftanlagen?
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Auf einer Höhe von bis zu 145 Metern technische Störungen eines Windrades beheben: Das gehört zu der Arbeit eines Servicetechnikers für Windkraftanlagen. Dabei tragen die Arbeiter Gurtzeug, Helm, Schutzbrille und Handschuhe. Mithilfe des Gurtzeugs sichern sie sich auf dem Windrad ab.

Die kleinsten Windräder, auf denen die Technikerinnen und Techniker der "Deutschen Windtechnik" arbeiten, haben eine Höhe von 60 Metern. Die höchsten Windräder sind bis zu 145 Meter hoch. Bei den höheren und/oder neueren Windrädern gibt es in der Regel einen Fahrstuhl, mit dem die Techniker nach oben gelangen. Bei kleineren oder älteren Windrädern gibt es eine Leiter, über die man in das Maschinenhaus klettern kann.

Marco Thiel (33) aus Hagen arbeitet bereits seit acht Jahren in dem Job, viele Jahre davon bei der "Deutschen Windtechnik", dem laut eigenen Angaben größten unabhängigen Servicedienstleister für die deutschlandweite Instandhaltung von Windrädern an Land und auf dem Meer.

Wer Servicetechniker für Windkraftanlagen werden möchte, sollte auf jeden Fall schwindelfrei sein, denn rund achtzig Prozent der Arbeiten finden oben auf dem Windrad statt. Am Maschinenhaus ist der Rotor inklusive Rotorblättern befestigt. Bei neueren Anlagen gelangen die Arbeiter über die Leiter oder den Fahrstuhl direkt ins Maschinenhaus, bei älteren Anlagen über die Leiter. Im Inneren des Maschinenhauses befinden sich die Antriebswelle, das Getriebe und der Generator des Windrads.

Die Hauptaufgabe des Servicetechnikers liegt im Beheben von technischen Störungen des Windrads. Wenn ein Windrad nicht mehr läuft oder ein Problem vorliegt, werden die Techniker gerufen. Auch Wartungen der Anlagen führen die Servicetechniker durch, halbjährlich oder jährlich. Während oben auf dem Windrad Arbeiten stattfinden, wird die Anlage gestoppt.

Marco Thiel (33) in Ausrüstung vor einem Windrad im Windpark Hamm
Marco Thiel (33) in Ausrüstung vor einem Windrad im Windpark Hamm. © Nina Bartnik

Jeder Einsatz auf einem Windrad wird von zwei Servicetechnikern durchgeführt. Falls mal etwas passiert, ist dann immer jemand da, der helfen kann. Thiel ist diesmal mit seinem Kollegen Raphael Schmedt (29) im Einsatz an einem Windrad im Windpark Hamm.

Einmal im Jahr müssen die Techniker ein Training zum Arbeiten in der Höhe machen, inklusive Know-how zum Retten und gegebenenfalls Herablassen eines Verunfallten. Außerdem werden Evakuierungen trainiert. Das ist für alle Arbeitenden in der Branche Vorschrift. Ohne regelmäßige Trainings darf man nicht auf den Windkraftanlagen arbeiten. Arbeitsunfälle sind laut Thiel eher selten.

Der Arbeitsalltag ist abwechslungsreich: „Ich stehe auf und bekomme dann einen Auftrag von unserem Servicecenter, zum Beispiel eine technische Störung zu beheben. Manchmal hole ich direkt die passenden Ersatzteile aus dem Lager, dann fahren wir zum Einsatzort und gucken uns die Sache an." Teilweise könne das Problem sehr schnell behoben werden, manchmal brauche man ein paar Stunden, um das genaue Problem zu erkennen.

Andere Techniker in der Leitwarte oder vom technischen Support der Deutschen Windtechnik haben aus der Ferne online Zugriff auf die Anlagen und können den Servicetechnikern vor Ort in manchen Fällen schnell sagen, wo genau die Störung liegt. So gehe es dann vor Ort schneller.

Windrad in Hamm von innen
Windrad im Windpark Hamm: Über diese Leiter klettern die Servicetechniker nach oben auf das Windrad. © Nina Bartnik

Lebensdauer von Windrädern

Ein Windrad hat eine Lebensdauer von mindestens zwanzig Jahren, zumeist länger. “Es kommt immer auf den Anlagentyp an”, erklärt Marco Thiel. Damit die Windkraftanlagen möglichst lange einwandfrei laufen, findet jedes Jahr eine Anlagenbegehung statt. Dabei wird eine Sicherheitsprüfung durchgeführt. „Das kann man sich vorstellen wie beim TÜV", erklärt Thiel. „Die Anlagen werden nach Mängeln überprüft und, wenn nötig, instandgesetzt."

„Der Beruf ist abwechslungsreich und nie langweilig", erklärt Thiel. „Und die Aussicht vom Windrad ist natürlich auch ein Bonus." Von dem Beruf habe er damals über einen Freund erfahren, der bereits in dem Job arbeitete. Nach dessen Berichten aus dem Arbeitsalltag war für ihn klar, dass er den Job auch machen will.

Die Einsätze der Techniker bei der Deutschen Windtechnik sind auf Windrädern in ganz Deutschland. „Oft ist man abends wieder zu Hause, manchmal übernachtet man auch im Hotel, weil man weiter zum Einsatzort hinfährt."

Frauen sind in dem Beruf bisher eher die Seltenheit. „Ich kenne echt nicht so viele Frauen, die den Job machen, warum auch immer", so Thiel.

Dieses Windrad in Hamm ist 60 Meter hoch
Dieses Windrad in Hamm, wo die Servicetechniker arbeiten, ist 60 Meter hoch. © Nina Bartnik

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Die Windkraft ist zu Beginn dieses Jahres die wichtigste Stromquelle in Deutschland gewesen. Insgesamt 32,2 Prozent des Stroms stammten aus Windenergie, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Der Anteil lag damit im ersten Quartal an der Gesamterzeugung höher als der von Kohle, der bei 30,0 Prozent lag. Zuletzt war Windkraft im zweiten Quartal 2020 die größte Energiequelle.

Wie wird man Servicetechniker für Windkraftanlagen?

Marco Thiel hat eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker gemacht und ist dann zur Deutschen Windtechnik gekommen. Nach einigen Weiterbildungen wurde er dann als Servicetechniker für Windkraftanlagen eingesetzt.

Sein Kollege Raphael Schmedt hat vorher eine Ausbildung zum Karosseriebauer absolviert und dann an der Umschulung bei der Deutschen Windtechnik teilgenommen. Seine Umschulung hat damals im Schulungszentrum der Deutschen Windtechnik in Viöl in Schleswig-Holstein stattgefunden.

Außerdem können Interessierte aus anderen Branchen über das Quereinsteiger Programm in den Beruf kommen. Das Umschulungsprogramm dauert sechs Monate. Es gibt also verschiedene Wege, um den Beruf zu erlernen: Interessierte können eine Ausbildung zum Mechatroniker oder auch Elektroniker machen und dann Weiterbildungen speziell für die Windkraft in Anspruch nehmen. Auch Quereinsteiger, die bereits in einem ähnlichen technischen Beruf arbeiten, können sich für ein Umschulungsprogramm bewerben. Die "Deutsche Windtechnik" bietet diverse Möglichkeiten an.

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