Für eine Wende in der Bildungspolitik sind am Samstag in Köln mehrere Tausend Menschen auf die Straße gegangen. Die Polizei sprach am frühen Nachmittag von rund 2000 Menschen, die Veranstalter gingen zunächst von mehr als 3000 Teilnehmern aus. Bei einer Kundgebung auf dem Heumarkt und einem anschließenden Zug durch die Innenstadt forderten sie ein gerechteres und inklusiveres Bildungssystem sowie eine bessere Finanzierung. Eine Abschlusskundgebung sollte noch bis zum frühen Abend dauern.
Bundesweit hatte ein Bündnis aus Gewerkschaften, Bildungsverbänden sowie Eltern- und Schülervertretungen zu einem Bildungsprotesttag aufgerufen. Die Demo in Köln war eine von rund 40 Kundgebungen und die einzige in Nordrhein-Westfalen.
„Bildungssektor wird vor die Wand gefahren“
„Wir sehen seit Jahren, dass der Bildungssektor vor die Wand gefahren wird und keiner tut was. Also gehen wir auf die Straße“, sagte Christian Bickmann, Vorsitzender der Landeselternkonferenz NRW, am Samstag im „Morgenecho“ bei WDR 5. Schon seit mehreren Jahren seien die steigenden Schülerzahlen absehbar gewesen. „Jetzt platzen die Klassen aus allen Nähten. Die Lehrerversorgung ist nicht sichergestellt. Der Unterrichtsausfall wird von jeder Schule beklagt“, sagte Bickmann. Es könne nicht sein, dass man sich dauerhaft mit Notlösungen zufrieden gebe. Bildung werde noch immer nicht die höchste Priorität beigemessen.

Die Teilnehmer demonstrierten für inklusive und zukunftsfähige Schulen und Kitas. Mit Slogans wie „Ohne Bildung keine Zukunft“ forderten sie mehr Investitionen in Schulen und Kitas. „Deutschland steckt in einer der schwersten Bildungskrisen seit Gründung der Bundesrepublik“, heißt es auf der Homepage des Bündnisses. Kernforderungen sind außerdem eine ausreichende Finanzierung und ein „Bildungsgipfel auf Augenhöhe“.
SPD: „Bildungskatastrophe“ in NRW
Die SPD in Nordrhein-Westfalen nahm den Protesttag am Samstag zum Anlass, Landesregierung, Bund und kommunale Akteure zur Zusammenarbeit aufzurufen. Um die „Bildungskatastrophe“ in Nordrhein-Westfalen zu bekämpfen, brauche es eine gemeinsame Kraftanstrengung „jenseits der parteipolitischen Kalküle“, hieß es einer gemeinsamen Mitteilung der NRW-SPD sowie SPD-Mandatsträgern in Bund, Land und Kommunen. Geforder wurde unter anderem ein Rettungspaket für die unterfinanzierten Kitas, eine Landes-Investitionsförderung zur Modernisierung von Schulen und zusätzliche Finanzierungsmittel vom Bund, etwa über ein Sondervermögen für Bildung.
„Nirgendwo hat die Bildungskatastrophe ein solches Ausmaß wie hier“, sagte SPD-Fraktionschef Jochen Ott. Die Landesregierung habe die Dimension des Problems bis heute nicht erfasst. Unter anderem müsse der Lehrerberuf mit neuen Arbeitszeitmodellen attraktiver gestaltet werden.
NRW-Schulministerin Dorothee Feller meldete sich in der Zeitung „Rheinische Post“ mit einem Gastbeitrag zu Wort: Sie betonte ihr Verständnis für viele Forderungen, die bei den Protesten artikuliert würden. „Zu viel hat sich in den vergangenen Jahren aufgetürmt. Aber wir packen es jetzt beherzt an“, schrieb sie. So werde der Schuletat im Haushalt des kommenden Jahres trotz schwieriger wirtschaftlicher Lage um 354 Millionen Euro wachsen. Es brauche aber auch weitere Unterstützung durch den Bund, etwa beim zweiten Digitalpakt.
dpa
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