Bei den Plänen für eine tiefgreifende Reform der Krankenhauslandschaft stehen die Zeichen zwischen dem Bund und Nordrhein-Westfalen auf Konfrontation. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnte seinen NRW-Kollegen Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstag (7.3.), die bereits eingeleitete Krankenhausreform für das bevölkerungsreichste Bundesland weiter durchzuziehen. Die Reform Laumanns hätte „keine Geldflüsse zur Folge“, sagte Lauterbach nach einem Besuch der SPD-Landtagsfraktion in Düsseldorf. Komme die Reform des Bundes nicht, dann sei überdies ein „ungeordnetes Krankenhaussterben“ zu erwarten.
Bei dem von einer Regierungskommission vorgelegten Reformkonzept werde durch Wissenschaftler und nach einheitlichen Kriterien deutschlandweit festgelegt, welches Krankenhaus welche Leistungen anbieten könne. „Und dann fließt auch Geld“, so der SPD-Politiker Lauterbach. „In dem Moment, wo bundesweit die Leistungskomplexe beschrieben sind und auf der Grundlage dann auch das Geld fließt, wird das Interesse an der Reform von Herrn Laumann sehr gering sein.“ Denn wenn die NRW-Krankenhäuser die Kriterien nicht erfüllten, könnten sie ihre Leistungen auch nicht mehr abrechnen.
SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty forderte Laumann auf, seine Pläne auf Eis zu legen und sich jetzt eng mit dem Bund abzustimmen. „Es macht jetzt keinen Sinn, einen eigenen Krankenhausplan durchzuziehen, ohne die bundespolitischen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen, die sich in den nächsten Monaten ändern werden“, sagte der Oppositionsführer im Landtag. Laumann dürfe den Krankenhausbetreibern jetzt „keinen Sand in die Augen streuen“. „Am Ende würden viele Krankenhäuser bitter enttäuscht sein, weil die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung stünden.“
Krankenhausreform in NRW: Laumann wirft Lauterbach Wortbruch vor
Laumann warf Lauterbach vor, sein Versprechen bei den Bund-Länder-Verhandlungen zu brechen, dass er auf Augenhöhe verhandeln und gemeinsam beschließen werde. „Das ist nicht besonders vertrauenswürdig und stößt die anderen Länder ebenfalls vor den Kopf.“ Lauterbach müsse sich auch entscheiden: „Will er eine Krankenhausreform umsetzen, die quasi alleine unter wissenschaftlichen Laborbedingungen entworfen worden ist, oder will er die Expertise der Praktiker mit einbeziehen?“
NRW habe bereits auf Basis eines wissenschaftlichen Gutachtens alle wichtigen Akteure mit einbezogen, etwa die Krankenhausgesellschaft, die Ärzte und die Pflege. Alle stünden hinter der Reform. NRW habe weiterhin großes Interesse am Gelingen beider Krankenhausreformen - „und wir sind überzeugt, dass beide Reformen gut miteinander kompatibel sind“, so Laumann. Den Gesetzesplänen muss auch der Bundesrat zustimmen - also haben die Länder mitzureden.
Gesundheitsreformen: NRW und Berlin verfolgen unterschiedliche Ansätze
Lauterbach will Kliniken von wirtschaftlichem Druck befreien, indem unter anderem die Pauschalbeträge (Fallpauschalen) abgesenkt werden, die die Krankenhäuser pro Patient oder Behandlungsfall bekommen. Das soll Anreize senken, möglichst viele Patienten zu behandeln. Im Gegenzug sollen die Kliniken feste Beträge für das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik bekommen. Zudem sollen sie bundesweit einheitlich in drei Versorgungsstufen eingeordnet werden - von der wohnortnahen Grundversorgung bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken.
Lauterbach versicherte, dass es künftig keinen Mangel an mittleren Krankenhäusern geben werde, die „das „Brot- und Butter-Geschäft“ machten und zum Beispiel Stroke Units für Schlaganfall-Patienten oder Herzinfarktversorgung vorhielten. Diese Kliniken würden durch die Länder platziert. Die kleineren Kliniken würden als Basisversorger weiterhin etwa Blinddarm-OPs durchführen oder Frakturen behandeln.
Bei Laumanns Reform sollen sich die Krankenhäuser in Abstimmung mit Kassen, Verbänden und Krankenhausgesellschaft künftig auf bestimmte Leistungen wie Herz-Operationen oder Knie-Prothesen bis zur Geburtshilfe spezialisieren. Zur Ermittlung des Bedarfs wird die jährliche Fallzahl je medizinischer Leistung herangezogen. Genau das kritisiert aber Lauterbach. Damit würde es seiner Meinung nach bei vielen überflüssigen Hüft-, Knie- oder Wirbelsäulen-Operationen bleiben, damit Kliniken überleben könnten. Schon jetzt gebe es in vielen Bereichen „zu viele Eingriffe mit zu wenig Qualität“.
„Es muss deutschlandweit unabhängige Standards geben“, so Lauterbach. Daher wolle er „Lobby-Verbände“ wie die Krankenhausgesellschaft oder Kassen nicht an der Erarbeitung beteiligen, damit keine „Basar-Situation“ entstehe. Niemand in den Ländern bestreite, dass die Reform eine bessere Qualität zur Folge hätte. Auch kleinere Krankenhäuser könnten damit überleben. Lauterbach will bis zur Sommerpause Eckpunkte für die grundlegende Umgestaltung der Kliniklandschaft vorlegen. Laumann will seine Reform bereits im Lauf des Jahres 2024 abschließen.
dpa
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