NRW-Check: Ministerpräsident Wüst steht gut da Drittel hält ihn für geeigneten Kanzlerkandidaten

Von Moritz Döbler
NRW-Check: Ministerpräsident Wüst steht gut da: Drittel hält ihn für geeigneten Kanzlerkandidaten
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Seit einem Jahr regiert die schwarz-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen: geräuschlos, mindestens im Vergleich zum Ampel-Gerumpel im Bund, und einigermaßen unangefochten, wie die neue „NRW-Check“-Umfrage zeigt. Die CDU steht in der Sonntagsfrage stabil da, die Grünen fallen zurück, aber das Bündnis bekommt kontinuierlich Zuspruch. Die Stimmung im Land hat sich in der Zwischenzeit mehr verändert, als es angesichts dieser Zahlen scheint.

Denn den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hält, anders als zu Beginn, nur noch eine mikroskopisch kleine Minderheit für das größte Problem auch für NRW. Die Inflation scheint ihren Schrecken verloren zu haben – sie sinkt ja auch –, und die Energieversorgung wird nicht mehr als gefährdet angesehen. Ganz oben auf der Agenda der Menschen ist wieder der Umgang mit den Flüchtlingen. Migration wird am häufigsten als größtes Problem genannt (und doppelt so oft wie noch im Herbst). Drei Viertel der Befragten halten die Kommunen dabei für überfordert.

NRW-Check: Hälfte der Menschen in NRW mit Wüsts Arbeit zufrieden

Und was ist mit dem epochalen Kampf gegen den Klimawandel? Wichtig, aber nicht alles überwölbend. Vier von fünf Befragten glauben nicht daran, dass erneuerbare Energien absehbar den gesamten Bedarf decken können. Wenig überraschend: Mehr als die Hälfte der Menschen weiß nicht, was mit dem Heizungsgesetz auf sie zukommt – die Bundesregierung weiß es ja selber noch nicht. Und für die Klimakleber haben nur wenige Verständnis, selbst bei den Grünen-Anhängern lehnt eine knappe Mehrheit die Aktionen ab.

Hendrik Wüst dagegen steht blendend da. Die Hälfte der Menschen zeigt sich mit seiner Arbeit zufrieden. Der Zuspruch ist stetig gestiegen, seit er Armin Laschet als Ministerpräsident ablöste. Bei den Grünen-Anhängern sind sogar etwas mehr mit ihm zufrieden als mit Vize-Ministerpräsidentin Mona Neubaur. Sein Rückhalt im eigenen Lager ist doppelt so groß wie ihres in ihrem. Und insgesamt glauben die Menschen, dass die CDU ihre politischen Vorstellungen in der Landesregierung am stärksten durchgesetzt habe.

Objektiv stimmt das eigentlich nicht so ganz. Ob Windräder, Solardächer oder Stahlproduktion mit Wasserstoff: Die grünen Themen haben unter Hendrik Wüst Konjunktur. Aber das Ringen am Kabinettstisch dringt, anders als in Berlin, nicht nach außen. Die Landesregierung zeigt sich stets geschlossen – ein erklärtes Ziel des Regierungschefs –, und das nützt vor allem ihm.

Und natürlich tun es auch die inszenierten Bilder des schmucken Landesvaters, ob mit Schlips oder mit Kinderwagen, die nie einen Patzer, eine Panne, ein deplatziertes Lachen einfangen.

Hendrik Wüst: geeigneter Kanzlerkandidat?

Und so hält ihn ein Drittel der Menschen im bevölkerungsreichsten Bundesland für einen geeigneten Kanzlerkandidaten der CDU/CSU. Friedrich Merz und Markus Söder kommen jeweils nicht einmal auf halb so viel Zuspruch. Hendrik Wüst liegt bei allen außer den AfD-Anhängern vorn, bei den Frauen und bei den Jüngeren noch deutlicher.

Er selbst sagt zur K-Frage das, was man so sagt: dass sein Platz in NRW sei und er hier noch viel erreichen wolle. Aber dass er ein Wörtchen mitreden will, sagt er auch – und vor allem, dass es nicht wieder einen zermürbenden Streit wie zwischen Laschet und Söder geben dürfe. Denn er will ja das gute, effiziente, lösungsorientierte Regieren verkörpern. Selbst in vertraulichen Runden unterlässt Wüst jegliche Polemik und zeigt Demut vor dem Amt.

Wüst nur Kanzlerkandidat, wenn man ihn ruft

In zwei Jahren geht es langsam in die heiße Wahlkampfphase, in einem Jahr soll der Kanzlerkandidat bestimmt werden. Hendrik Wüst dürfte es trotz seiner guten Umfragewerte nicht sein. Er würde es nur machen, wenn man ihn ruft, und da Friedrich Merz keine Anstalten zeigt, das zu tun, macht er es dann eben nicht.

Wüst wird dazu freundlich lächeln, seine Arbeit an Rhein und Ruhr fortsetzen, bundesweit werden im Wahlkampf (oder auch danach) viele aus der CDU denken, dass sie doch lieber ihn gehabt hätten. Aber er hat ja Zeit, er ist die nächste Generation.

Apropos Generationen. Zwar ähnelt er physisch, von der Sprache, vom ganzen Auftritt her ganz gewiss nicht Helmut Kohl, in dessen Ära er politisiert wurde. Aber wie der einstige Bundeskanzler sieht Wüst sich als Anwalt der Mitte der Gesellschaft, ist tief verwurzelt in seiner Heimat und hat sich weit über die Landesgrenzen hinaus ein Netz von Freunden in der Partei aufgebaut. Er redet ihnen nie öffentlich rein, aber er hält Kontakt.

Wenn von jemandem in der Union die Rede ist, auch im Osten, Süden, Norden, ist eines sicher: Hendrik Wüst duzt ihn seit Junge-Union-Zeiten und hat gerade erst mit ihm telefoniert. Wenn er das alles so weitermacht, führt sein politischer Weg gradlinig ins Kanzleramt – aber erst gegen Ende der Dekade.

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