NRW-Check: Die größten Probleme im Land Migration besorgt NRW-Bürger mehr als das Klima

Von Antje Höning, Maximilian Plück
NRW-Check: Die größten Probleme im Land: Migration besorgt NRW-Bürger mehr als das Klima
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Die schwarz-grüne Landesregierung ist mit dem ambitionierten Versprechen gestartet, aus Nordrhein-Westfalen die erste klimaneutrale Industrieregion in Europa zu machen. Doch aus Sicht vieler Bürger sind die größten Probleme im Land ganz andere: 27 Prozent der Bürger nennen hier Migration und Flüchtlinge, 25 Prozent die Bildung, 23 Prozent das Thema Verkehr und Mobilität.

Erst auf Platz vier der Rangliste kommt der Klima- und Umweltschutz: Ihn zählen nur 18 Prozent der Bürger zu den größten Problemen. Das ist das Ergebnis des NRW-Checks des Forschungsinstitutes Forsa, das die Umfrage im Auftrag der nordrhein-westfälischen Tageszeitungen durchgeführt hat.

NRW-Check: Migration

Große Unterschiede gibt es dabei zwischen den Anhängern der verschiedenen Parteien: 34 Prozent der Bürgerinnen und Bürger mit CDU-Präferenz nennen Migration als eines der drei größten Probleme, bei den AfD-Anhängern sind es sogar 59 Prozent. Von den Grünen-Anhängern geben nur 18 Prozent Migration als Problem an. Männer sorgen sich dabei mehr als Frauen, ältere Menschen mehr als jüngere.

Dabei klafft die Wahrnehmung von abstrakten und konkreten Problemen auseinander: 73 Prozent der befragten Bürger finden, dass die meisten Städte und Gemeinden in Deutschland mit dem Zuzug der Flüchtlinge überfordert sind.





Anders fallen die Antworten aus auf die Frage: „Wie ist das bei Ihnen vor Ort? Gibt es da bei der Unterbringung von Flüchtlingen in letzter Zeit größere Probleme?“ Hier nennen nur 32 Prozent größere Probleme, 50 Prozent sehen hingegen keine größeren Probleme. Männer sind dabei wegen der Flüchtlinge besorgter als Frauen.

NRW-Check: Heizungsgesetz

Der Streit um das Gebäude-Energiegesetz schlägt auch in Nordrhein-Westfalen große Wellen. Eine große Mehrheit der Bürger (70 Prozent) findet, jeder sollte selbst entscheiden können, welche Heizungsart er nutzt. Nur 25 Prozent finden es richtig, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zunächst den Einbau von Gas- und Ölheizungen ab dem kommenden Jahre verbieten wollte. Die Befragung wurde Anfang Juni durchgeführt.

In dieser Woche hat sich die Ampel-Koalition auf eine Aufweichung der Tauschpflicht verständigt. Danach können die Bürger teilweise noch bis 2028 frei die Heizung wählen. Nur bei den Grünen-Anhängern hat sich eine Mehrheit für einen verpflichtenden Heizungstausch im kommenden Jahr ausgesprochen (67 Prozent). Aber selbst 26 Prozent der Grünen-Anhänger fanden die ursprüngliche Frist zu knapp und wünschten sich eine Wahl bei der Heizung.





Angesichts der komplizierten und immer wieder geänderten Pläne sehen sich viele überfordert: Eine Mehrheit der NRW-Bürger (54 Prozent) weiß nicht, wann sie nach den ursprünglichen Plänen der Bundesregierung ihre Heizung hätten austauschen müssen. Und eine noch größere Mehrheit (85 Prozent) geht davon aus, dass die meisten Haushalte von der Umtauschpflicht finanziell überfordert werden.

Die Sorge vor finanzieller Überlastung ist dabei unter den Anhängern aller Parteien groß, auch bei den Grünen-Anhängern (62 Prozent) sieht das eine Mehrheit so. Hier wird die Bundesregierung noch viel nachbessern und aufklären müssen, um die Sorgen der Menschen abzufangen.

NRW-Check: Atomkraft

Zwar wurden im April die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet, doch trauern viele NRW-Bürger der Kernkraft nach. 49 Prozent der Befragten wünschen sich, dass Kernkraft weiter zur Erzeugung von Energie genutzt wird, solange die erneuerbaren Energien den Bedarf in Deutschland nicht vollständig decken können.

Von den FDP-Anhängern sprechen sich 74 Prozent dafür aus, von den AfD-Anhängern sogar 80 Prozent. Aber selbst 22 Prozent der Grünen-Anhänger wünschen sich, dass Atomkraft weiter eingesetzt wird. Gemessen daran, dass die Grünen einst aus der Anti-Atomkraft-Bewegung entstanden sind, ist das ein erstaunlich hoher Wert. Von der klimaschädlichen Kohle wollen dagegen die Anhänger aller Parteien schnell los.

NRW-Check: „Klimakleber“

Sehr unterschiedlich werden die Aktionen von sogenannten Klimaklebern bewertet, die mit Verkehrsblockaden und dem Beschmieren von Kunstwerken mehr Klimaschutz einfordern wollen. Während nur wenige Anhänger von CDU, FDP und AfD für diese Art von Protest Verständnis haben, äußern 45 Prozent der Grünen-Anhänger Sympathie für solche Aktionen.

Bei der SPD sind es 17 Prozent. Dabei fallen die Wahrnehmungen je nach Berufsgruppe unterschiedlich aus: Die größte Nachsicht haben ausgerechnet Beamte: Hier äußern 17 Prozent Verständnis für die umstrittenen Protestaktionen. Bei den Arbeitern sind es dagegen nur sechs Prozent, bei den Selbstständigen acht Prozent.

NRW-Check: Inflation

Die leichte Entspannung bei der Preisentwicklung spiegelt sich auch in den Einschätzungen der NRW-Bürger wider. Nur 17 Prozent nennen Inflation als eines der drei größten Probleme in NRW. Zu Beginn der Energiekrise infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine und angesichts ihrer Strom- und Gasrechnungen hatten sich viele Bürger noch große Sorgen gemacht. Selbst bei Bürgern, deren Haushaltsnettoeinkommen unter 2000 Euro im Monat liegt, nennen nur 19 Prozent die Inflation als eines der drei größten Probleme.

In den Metropolen mit mehr als 500.000 Einwohnern haben mehr Menschen Sorgen wegen der Inflation als in kleineren Städten. Dazu passt, dass in den Metropolen auch die Sorge vor Wohnungsmangel und hohen Mieten deutlich größer ist als in kleineren Kommunen. Gleichwohl schränken sich viele Bürger bei Anschaffungen bereits ein, um auf der sicheren Seite zu sein. So versuchen 64 Prozent der NRW-Bürger, bei größeren Investitionen wie Möbeln zu sparen. 60 Prozent versuchen dies beim Energieverbrauch.

Dank des milden Winters ist das auch gelungen, sodass die Gasmangellage bundesweit ausblieb. Beim Autofahren will oder kann dagegen sich nur eine Minderheit einschränken: Nur 36 Prozent der Befragten sparen beim Tanken. Und zehn Prozent der NRW-Bürger sagen, dass sie in keinem Bereich Abstriche machen. Interessant: Am höchsten ist die Gruppe derer, die sich im Konsum gar nicht einschränken, bei den Grünen-Anhängern (16 Prozent), am kleinsten ist diese Gruppe bei den SPD-Anhängern (sechs Prozent).

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