Der junge Mann, der da die Tür geöffnet hat, ist eine imposante Erscheinung. Vor allem, wenn man bisher nur seine Stimme kennt. Fast den ganzen Türrahmen füllt Pascal Lippert bei der Begrüßung aus. 1,99 Meter misst der 23-Jährige. Seine breiten Schultern stecken in einem weiten, hellen Sweatshirt. „Schön, dass es geklappt hat“, sagt er mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht.
Lippert hat zum Heimspiel geladen. Hier in Oer-Erkenschwick produziert er seinen Podcast - eine Serie von Audiodateien, die im Internet oder über spezielle Smartphone-Apps abonnierbar sind - mit dem Titel „Touchdown Transatlantic - Der Podcast zwischen Kansas City, Oer-Erkenschwick und Neckarsulm“. Er hat diese Redaktion eingeladen, Gast einer Folge zu sein. Also führt Lippert hoch in sein „Studio“, ein einfaches Zimmer unter dem Dach der Doppelhaushälfte in der Nähe der Oer-Erkenschwicker Innenstadt. Auf einem aufgeräumten Schreibtisch stehen drei Bildschirme, Tastatur und Maus. Der Rechner ist schon hochgefahren. Lippert stellt ein Glas Wasser bereit, setzt sich in den Bürosessel, holt sich das Mikrofon ran und startet die notwendigen Programme.

Die Aufzeichnung läuft. Zugeschaltet ist auch „Dome“. Der eigentlich Dominik Laibl heißt und im Podcast den Teil Neckarsulm ausfüllt. Denn dort ist sein Zuhause. Kansas City bleibt heute stumm. Marc Kane, der dritte Gastgeber des transatlantischen Podcasts, hat an diesem Abend andere Verpflichtungen. Schließlich ist es bei ihm gerade später Vormittag an einem normalen Werktag.
Pascal Lippert kommt schnell ins Erzählen. Zum Beispiel darüber, dass er die Leidenschaft für American Football seinem Vater zu verdanken hat. Denn mit ihm hat er im Februar 2013 seinen ersten Super Bowl, also das Finale um den Titel in der US-amerikanischen American-Football-Profiliga National Football League (NFL), gesehen. Damals war er elf Jahre alt. „Ich hatte am nächsten Tag schulfrei und durfte aufbleiben, um das Spiel zu gucken“, sagt er. Das Problem: Der Super Bowl läuft in Deutschland zu nachtschlafender Zeit. „Ich habe damals dann auch nicht bis zum Ende durchgehalten“, sagt Lippert und schmunzelt. Er schlief ein, noch ehe ein Sieger feststand.

Seiner Faszination für Football hat das nicht geschadet. Im Gegenteil. Eine Zeit lang ist er sogar für die Recklinghausen Chargers aufgelaufen. Eine Verletzung am Knie führte aber zum schnellen Karriere-Aus. Also blieb nur die Fanrolle. Für den angehenden Versicherungskaufmann hat der Sport viele Facetten. Neben der Begeisterung für den Sport an sich, die Dynamik und Spannung, mag er vor allem die Vielfalt. Dass wirklich jeder Football spielen kann, ganz gleich welche Hautfarbe und Herkunft er hat oder welche körperlichen Voraussetzungen. Auf dem Feld sind eher zierliche Leute ebenso gefragt wie große Menschenberge. Die Zierlichen können als Kicker eingesetzt werden, die den Ball zwischen die Torstangen schießen. Große und schwere Athleten eher in der Abwehr.
Traurige Geschichte macht Lippert zum Fan der Chiefs
Aber woher kommt seine Liebe zum NFL-Club aus Kansas City, den Chiefs? Das lag nicht etwa daran, dass ihm die roten und weißen Trikots besonders gut gefallen haben. „Es ist eine traurige Geschichte. Als ich angefangen habe, Football richtig zu gucken, gab es in meiner Familie einen Trauerfall. Meine Oma ist an Krebs verstorben. Und zur selben Zeit gab es bei den Kansas City Chiefs einen Spieler, der ebenfalls an Krebs erkrankt ist: Eric Berry“, sagt Pascal Lippert. Das habe ihn dazu gebracht, die Spiele der Kansas City Chiefs zu schauen. 2014 war das. „So bin ich Fan geworden und als Eric Berry nach seiner Genesung wieder auf den Platz zurückgekommen ist - das sollte sich jeder einmal ansehen, ob Footballfan oder nicht. Ich glaube, da kriegt jeder eine Gänsehaut.“
Freundschaft zu einer Familie in den USA
Seinen ganz persönlichen Gänsehautmoment hatte Pascal Lippert dann im vergangenen Jahr. Denn da durfte er vor Tausenden Fans in Kansas City eine Neuverpflichtung der Kansas City Chiefs verkünden. Der Zettel, von dem er den Namen des neuen Spielers „BJ Thompson“ abgelesen hat, hängt gerahmt hinter dem Schreibtisch, an dem er seinen Podcast aufnimmt. Ein Paar Handschuhe des Spielers, die er von ihm geschenkt bekommen hat, liegen in einem Regal.
Damals hatte Lippert sich über eine Aktion des Clubs beworben und wurde ausgewählt. Gemeinsam mit seinem Vater flog er rüber und erlebte eine unvergessliche Zeit. Und mehr noch: „Ich habe da eine Familie gefunden, mit der ich nun eng befreundet bin, die ich schon einige Male danach besucht habe und die im kommenden Jahr zu mir nach Oer-Erkenschwick kommen wird.“

Außerdem war die Reise über den Atlantik auch der Startschuss für seinen Podcast. „Die Idee dazu hatte ich tatsächlich schon länger, ich habe aber niemanden gefunden, der da mitmachen wollte. Also habe ich zunächst allein angefangen“, sagt Lippert. Aber das fühlte sich mehr nach Hörbuch einsprechen als nach einem Podcast an. „Ich glaube, auch für die Hörer war das sehr anstrengend“, so Lippert. Nach zwei Folgen ließ er das Projekt ruhen. Vergessen hatte er es aber nicht. Und als er nach seiner Reise engeren Kontakt zu Marc Kane bekam, der mit seiner Familie in Kansas City lebt, blühte das Projekt wieder auf. „Zum Deutschlandspiel der NFL im vergangenen Jahr haben wir die erste Folge des neuen Touchdown Transatlantic-Podcasts aufgenommen. Wir feiern also gerade einjährigen Geburtstag und stehen vor der Aufzeichnung der 50. Folge“, sagt Lippert nicht ohne Stolz.
Sie verbindet die Liebe zum Football sogar über den Atlantik
Inzwischen haben die drei Footballfans eine treue, meist dreistellige Hörerschaft auf den gängigen Podcast-Portalen, wenn sie über Spielzüge und Ergebnisse des vergangenen Spieltags oder neueste Gerüchte rund um ihren Lieblingsclub Kansas City Chiefs sprechen. Das reicht natürlich nicht, um viel Geld damit zu verdienen, aber das ist auch nicht die Ambition der drei. Sie machen das aus Leidenschaft. Der Großteil der Hörer stammt aus Deutschland, aber es gibt auch Fans in den USA oder der Schweiz, die regelmäßig einschalten. So trägt Lippert nebenbei dazu bei, seine Heimatstadt in der Welt bekannter zu machen.

Der Name des Podcasts war kein Zufall. Er habe sich selbst Gedanken gemacht, sich aber auch von einer Künstlichen Intelligenz bei der Namensfindung helfen lassen, erzählt Pascal Lippert. Herausgekommen ist dann eben dieser besondere Titel, der auch die Namen der Wohnorte der drei Gastgeber enthält. Das untermale den besonderen Charakter des Podcasts noch einmal. „Ich wohne im Nordwesten Deutschlands, Dome im Süden Deutschlands und Marc wohnt mitten in den USA. Das zeigt einfach: Wir sind aus verschiedensten Teilen der Welt, aus verschiedenen Teilen Deutschlands und trotzdem verbindet uns eine gemeinsame Sache. Und das ist die Liebe zum Football.“
Nächster Super Bowl ist am 9. Februar
Und die wird in den kommenden Wochen weiter aufblühen. Denn die NFL-Saison hat richtig Fahrt aufgenommen. Es gibt also weiter viel zu besprechen für die drei aus Oer-Erkenschwick, Neckarsulm und Kansas City. Für heute ist die Folge aber im Kasten. Pascal Lippert klickt einmal auf die Maustaste und die Aufnahme endet.
Schon am nächsten Tag soll eine weitere Folge eingespielt werden. Und bis zum nächsten Super Bowl werden weitere folgen.
Am 9. Februar treten dann die beiden besten Teams um die Krone im American Football im Finale der laufenden Saison gegeneinander an. Dann wird auch Pascal Lippert vor dem Fernseher sitzen, gemeinsam mit Freunden, amerikanischen Snacks und Getränken. Er wird mit den Teams mitfiebern und einfach Spaß am Spiel haben. Natürlich hofft er darauf, dass seine Chiefs dabei sind. Aber auch, wenn sein Club das Finale verpasst - eines wird ihm garantiert nicht passieren: Anders als bei seinem ersten Super Bowl-Finale vor zwölf Jahren wird er den Ausgang des Spiels dieses Mal garantiert nicht verschlafen.
Dieser Beitrag erschien zuerst am 15.11.2024.