Gesetz vor Kommunalwahl 2025 geplant Mehr Macht in Personalfragen für Politiker im Kreistag

Kreistag soll künftig Führungskräfte im Kreishaus wählen dürfen
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Ein geplantes neues Gesetz dürfte die Politiker im Kreistag in Unna vor eine pikante Frage stellen: Wollen sich die Mandatsträger in Personalfragen im Kreishaus künftig mehr Macht gegenüber dem Landrat einräumen? Die Möglichkeit dazu sollen sie jedenfalls erstmals bekommen.

Bisher sind es lediglich die Inhaber der beiden nominell höchsten Ämter beim Kreis Unna, die direkt oder indirekt von den Bürgerinnen und Bürgern des Kreises durch Wahl bestimmt werden: der Landrat an der Wahlurne bei der Kommunalwahl sowie der Kreisdirektor durch Abstimmung der gewählten Volksvertreter im Kreistag.

Wahlbeamte in Städten und Gemeinden Usus

Eine solche Wahl hat der Kreistag erst kürzlich vorgenommen: Wegen des Wechsels von Mike-Sebastian Janke als Geschäftsführer zur Kreis-Managementholding VBU war Philipp Reckermann auf acht Jahre zum Nachfolger gewählt worden. Die weiteren Dezernenten hingegen benennt der Landrat selbst – er besitzt die Personalhoheit im Kreishaus.

Auf örtlicher Ebene ist es seit jeher anders: Städte und Gemeinde können schon lange bestimmen, ob und wie viele Beigeordnete für den Verwaltungsvorstand der Rat wählen soll. Die meisten Kommunen machen von diesem Recht Gebrauch und bestellen mal mehr, mal weniger dieser Wahlbeamten für bestimmte Fachressorts.

Der neue Kreisdirektor Philipp Reckermann (3.v.r.) steht mit den Fraktionsvorsitzenden (v.l.): Katja Wohlgemuth (Die Linke(UWG Selm), Hartmut Ganzke (SPD), Anke Schneider (Bündnis 90/Die Grünen), Landrat und Vorsitzender des Kreistages Mario Löhr, Marco Morten Pufke (CDU) und Michael Klostermann (FDP) im Kreistag in Unna.
Bei der Wahl des neuen Kreisdirektors Philipp Reckermann (3. v. r.) war der Kreistag das entscheidende Organ. Auf dem Bild die Fraktionsvorsitzenden (v. l.): Katja Wohlgemuth (Die Linke/UWG Selm), Hartmut Ganzke (SPD), Anke Schneider (Bündnis 90/Die Grünen), Landrat und Vorsitzender des Kreistages Mario Löhr, Marco Morten Pufke (CDU) und Michael Klostermann (FDP). © Marcel Drawe

Die Stadt Fröndenberg zum Beispiel hat erst kürzlich das Amt eines Technischen Beigeordneten neu geschaffen. Der Amtsinhaber ist vom Stadtrat gewählt worden. Zuvor gab es einen Fachbereichsleiter, dessen Stelle von der Bürgermeisterin prinzipiell ohne Rücksprache mit der Politik besetzt werden konnte.

In der Kreisverwaltung ist dieses Vorgehen heute für alle Dezernentenstellen geltendes Recht. So war zum Beispiel Sozialdezernent Torsten Göpfert 2015 nach Auswahlgesprächen des damaligen Landrats Michael Makiolla mit acht Führungskräften aus dem Kreishaus vom Verwaltungschef ernannt worden.

Landrat Mario Löhr hatte vor zwei Jahren im Rahmen seiner Organisationshoheit die Verwaltungsspitze stark umgekrempelt, auch ein neues Dezernat eingerichtet und mit dem bisherigen Fachbereichsleiter Holger Gutzeit besetzt.

Für Beigeordnete müssen Mehrheiten stehen

Das Kommunalministerium von Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) aus Kamen hat nun ein Gesetzgebungsverfahren eingeleitet, das noch vor der Kommunalwahl am 14. September abgeschlossen sein soll. Darin steht unter anderem, dass die Regelungen für Stadt- und Gemeinderäte auch für Kreistage gelten sollen.

„Dies stärkt die Stellung des Kreistags gegenüber der/dem hauptamtlichen Landrätin/Landrat sowie die demokratische Legitimation der Kreisverwaltungen gleichermaßen“, finden die Grünen, die gemeinsam mit der CDU im Landtag Anfang 2024 den Impuls für die Gesetzesänderung gegeben hatten.

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Kommunales Ehrenamt soll familienfreundlicher werden

  • Der Gesetzentwurf enthält verschiedene Änderungen, um das kommunale Ehrenamt familienfreundlicher zu machen. So soll zum Beispiel die Möglichkeit, Sitzungszeiten über die Hauptsatzung zu begrenzen, in der Gemeindeordnung verankert werden. Dies ermögliche eine bessere Planbarkeit für Mandatsträger, heißt es zur Begründung.
  • Darüber hinaus soll klargestellt werden, dass betreuungsbedürftige Kinder von Mandatsträgern gemeinsam mit ihren Eltern auch in nicht-öffentlichen Sitzungen anwesend sein dürfen.

Es liegt auf der Hand, dass es in Zukunft eine ungleich größere parteipolitische Dimension bei der Besetzung von Führungspositionen im Kreishaus geben wird. So meinen auch die Landtagsgrünen, dass künftig die Mitglieder der Kreistage „die gleichen Rechte zur politischen Mitbestimmung über den Verwaltungsvorstand erhalten wie Stadt- und Gemeinderäte“.

Auch im Kreistag in Unna mit schon heute einer Vielzahl von Fraktionen und Gruppen wird man für Wunschkandidaten Mehrheiten suchen und finden müssen; womöglich wird es nach der Kommunalwahl zu wesentlichen Änderungen bei den Mehrheitsverhältnissen kommen und – so der so – auch zu abwechselnden Vorschlagsrechten, um die Wahl von Beigeordneten nicht zu blockieren.

Dezernenten sind unbefristet – Beigeordnete nicht

Die Optionen, die die reformierte Kreisordnung dem Kreistag bieten soll, könnten aber sicherlich nicht ganz so schnell in die Tat umgesetzt werden. Zunächst müsste die Hauptsatzung des Kreistages entsprechend angepasst werden; sie regelt bislang nur die Wahl des Kreisdirektors als allgemeinen Vertreters des Landrats.

Bis der Kreistag allerdings tatsächlich in die Situation kommen wird, einen Beigeordneten für eines der Dezernate der Kreisverwaltung wählen zu können, dürfte noch eine gewisse Zeit ins Land ziehen.

Der Kreistag in Unna bei einer Sitzung in der Aula des Hellweg-Berufskollegs.
Der Kreistag in Unna hat mit einem neuen Gesetz künftig die Option, neben dem Kreisdirektor auch Beigeordnete zu wählen, die heute als Dezernenten noch vom Landrat allein bestimmt werden. © Marcel Drawe

Ein Beigeordneter wird auf Zeit gewählt, kann, aber muss nicht im Amt bestätigt werden. Als Beamte bzw. Angestellte des öffentlichen Dienstes versehen die Dezernenten ihren Dienst hingegen grundsätzlich bis zur Erreichung der Altersgrenze – bis dahin vergehen bei den aktuellen Amtsinhabern Torsten Göpfert, Holger Gutzeit, Adrian Kersting und Sven Brüggenhorst, teilweise noch keine 40 bzw. in ihren 50ern, regulär noch einige Jahre.

Bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Amt, etwa bei einem Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber – jüngst erst im Fall der früheren Gesundheitsdezernentin Dr. Katrin Linthorst passiert – könnte den Kreistag das neue Vorrecht einer Beigeordnetenwahl auch schon früher ereilen.