Geht es dem Tier gut, freut sich der Mensch. Dieses Glück soll durch Unfall oder Krankheit auch an Wochenenden und Feiertagen nicht nachhaltig gestört werden. Ab dem 1. Januar ist daher der Notdienstring der Tierärzte in Hamm und im Kreis Unna ins Leben gerufen worden.
Hausarztpraxen haben ihn, Apotheken ebenso, Tierärzte ebenfalls schon lange: einen Notdienst. Für Hunde, Katzen und alle sonstigen Haustiere hatten sich bisher schon 13 Praxen im Kreis Unna die schnelle Hilfe außerhalb der regulären Sprechzeiten aufgeteilt.
48 Notfall-Praxen in Hamm/Kreis Unna waren möglich
Eine gesetzliche Änderung bringt nun Neuerungen. Tiermediziner sind nämlich erstmals auch in NRW neben den humanmedizinischen Zweigen in das Heilberufsgesetz aufgenommen worden. Seitdem besteht auch ein verpflichtender und nicht bloß ein freiwilliger Notdienst für Tierärzte.
Praktische Grundlage ist die erst Ende Oktober 2024 von der Tierärztekammer Westfalen-Lippe verabschiedete Notfalldienstordnung. Ziel ist neben der Notfallversorgung der Tiere auch eine möglichst gerechte Verteilung der Notdienste auf die Praxen gewesen.
Notdienst am Wochenende und an Feiertagen
- Die Tierärztekammer Westfalen-Lippe veröffentlicht regelmäßig im Internet den aktuellen Notfalldienstplan.
- Der Notdienst wird samstags, sonntags und feiertags immer zwischen 10 und 18 Uhr erreichbar sein. Außerhalb dieser Zeiten kommen weiterhin die Tierkliniken ins Spiel.
- Wie von Notdiensten der Apotheken bekannt, fallen auch beim tierärztlichen Notdienst höhere Gebühren an: Laut Gebührenordnung sind es 50 Euro netto zuzüglich des mindestens zweifachen Leistungspostens.
Dr. Dirk Neuhaus ist seit 1993 Tierarzt, seit 1996 selbstständig und führt seit 2003 am Rembrandtweg in Unna eine eingesessene Kleintierpraxis, die schon sein Vater betrieb. Notdienst ist für seine Praxis nichts Neues, noch Weihnachten hat der 58-Jährige gemeinsam mit seiner Frau Anne, die ebenfalls Tierärztin ist, vierbeinige Patienten behandelt. Daher ist er auch jetzt im neuen Notdienstring dabei.
Von den in Hamm und im Kreis Unna 48 theoretisch möglichen Notfallpraxen haben sich 31 dem Notdienstring angeschlossen. Dass nicht alle dabei sein müssen, hat mehrere Gründe.
Befreiungen für Tierärzte
Verpflichtet sind prinzipiell zwar alle Praxen mit tierärztlicher Hausapotheke. Damit scheiden Tier-Homöopathen und Spezialisten für Verhaltenskunde für den Notdienst aus. Befreien lassen können sich aber auch Tiermediziner, die älter als 67 Jahre sind. Auch Praxen, die ohnehin schon eine durchgehende Erreichbarkeit anbieten, fallen aus dem organisierten Notdienst heraus.
Oder Praxen sind bereits einem anderen Notdienstring angeschlossen wie Dr. Monika Meyer: Mit ihrer Praxis in Fröndenberg macht sie wegen der Nähe zum Märkischen Kreis schon lange Notdienst für diesen Bereich.

Wegstrecken könnten sich künftig durchaus verlängern. „Es war aber immer schon so, dass man aus Unna auch zum Notdienst nach Lünen oder Selm fahren musste“, weiß Dr. Dirk Neuhaus. An Sonn- und Feiertagen regelmäßige Dienste in einem kleineren, gar nur stadtbezogenen Umkreis aufzuteilen, sei den meisten Praxen personell und wirtschaftlich einfach nicht möglich.
Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle, eine große das Arbeitszeitgesetz. Denn wer in einer Tierarztpraxis angestellt ist, darf in der Regel nur acht Stunden am Stück, ausnahmsweise auch zehn Stunden, arbeiten. Vor und nach der Arbeit sind zudem Ruhezeiten vorgeschrieben.
Arbeitszeitgesetz erschwert Notdienst
Tiermedizinische Fachangestellte fallen daher viele Stunden für den Praxiswerktag aus, sobald sie im Notdienst eingesetzt waren. Als Selbstständiger müsse er sich persönlich zwar an keine Arbeitszeitregelung halten, er könne aber einen Notdienst auch nicht allein stemmen, erklärt Dirk Neuhaus.
Allerdings befürchtet der erfahrene Tierarzt, der auch Vorstandsmitglied der Tierärztekammer Westfalen-Lippe und im Landesverband des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte ist, dass es künftig immer weniger selbstständige Veterinäre geben wird.
Seit einiger Zeit schon findet eine Konzentration der Tiermedizin in großen Verbünden statt, die Tierärzte anstellen. Bekannt ist die Firma Anicura, die u.a. die Tierkliniken in Recklinghausen und Bielefeld betreibt.
Zunehmende Konzentration in großen Verbünden
Die Anicura Germany Holding GmbH ist übrigens eine Tochtergesellschaft des US-Nahrungsmittelkonzerns Mars. Dort hat man erkannt, dass die Apparatemedizin bei der Tiergesundheit ein lukratives Geschäftsfeld ist.
Er habe zwar ebenfalls viel Geld in modernes medizinisches Gerät investiert, so Dr. Dirk Neuhaus – aber als angestellter Tierarzt in einem großen Verbund zu arbeiten, sei natürlich für viele Berufskollegen verlockend.
Ob also in naher Zukunft die Wege zu einem Tierarzt wegen zunehmender Konzentration in Zentren sogar noch weiter werden, bleibt abzuwarten. Von einem Fachkräftemangel berichtete unlängst auch das Kreisveterinäramt schon. Seit dem 1. Januar ist nun erst einmal ein Notdienstplan in Kraft, aus dem die an Wochenenden und Feiertagen diensthabenden Tierarztpraxen ersichtlich sind.
Dr. Dirk Neuhaus hat zuletzt am ersten Weihnachtstag einen Feiertagsdienst geschoben. Der erste Notfall war gleich dramatisch: Ein Hund hatte die komplette Schokolade samt Verpackung von einem Weihnachtsteller aufgefressen.