Fatma Aydemir hat sich Goethes „Faust“ für ihr Auftragswerk vorgeknöpft – am Samstag wurde „Doktormutter Faust“ uraufgeführt.
Bevor das eigentliche Spiel beginnt, lässt Selen Kara in ihrer Inszenierung die Theaterdichterin, die Theaterdirektorin und eine lustige Person durch den Bühnennebel an die Rampe krabbeln.
Pakt mit dem Teufel
Dort verhandeln sie, wie eine Überarbeitung aussehen könnte. Auf Gretchen verzichten? Gibt es eine Grauzone zwischen Verführung und Vergewaltigung? Machtverhältnisse sollen ausgelotet werden.
Aus dem Wissenschaftler ist eine Professorin für Gender Studies geworden. Bettina Engelhardt erscheint als toughe Margarete Faust im Hosenanzug (Kostüme: Anna Maria Schories) auf der Drehbühne, die Lydia Merkel mit einem flachen, runden Podest bestückt hat.
Sie ist einem Shitstorm ausgesetzt, weil sie über ihr Institut einer Studentin die Abtreibung finanziert hat. Der Dekan wünscht, dass sie kündigt. Zaudernd nimmt sie eine Pistole zur Hand, da taucht Mephisto (überzeugend: Nicolas Fethi Türksever) auf
In Auerbachs Keller
Als sie den Pakt schließen, knistern Blitze im Bühnenhimmel. Zum vergnügten Leben geht es in Auerbachs Keller, dazu wird ein Vorhang aus Glasflaschen herabgelassen. Nur leider ist die Musik so laut, dass man den Text mehr erahnen als verstehen kann.
Beim Besuch der Hexen erblickt Faust das Objekt ihrer Begierde in einer Videoprojektion: Karim (Eren Kavukoglu), der bei ihr seine Doktorarbeit schreiben will.
Walpurgisnacht ist zu lang
Faust stimmt zu, obwohl sie weiß, dass ihre Tage am Institut gezählt sind und Karim ohne Dissertationsvorhaben keine Aufenthaltsgenehmigung bekommt.
Später wird er sie anzeigen, sie landet im Gefängnis, will aber nicht mit Mephisto fliehen.
Dazwischen gibt‘s eine lange Walpurgisnacht. Ein nettes Spiel mit Versatzstücken aus der Vorlage.
Termine: 28. / 30. 9, 1. / 13. / 28. 10; Karten: Tel. (0201) 812 22 00.
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