Denn neben Abfall-, Straßenreinigungs-, Winterdienst-, Abwasser- und
Gewässerunterhaltungsgebühren wird im Jahresbescheid vor allem auch die Grundsteuer B, von der im Folgenden die Rede ist, aufgeführt. Und da hatte sich das Errechnen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2018 verändern müssen, was in diesem Jahr erstmals umgesetzt wurde: Die trockene Formel Grundsteuerwert (früher: Einheitswert) x Grundsteuermesszahl x Hebesatz blieb dabei im Wesentlichen unangetastet, doch die einzelnen Komponenten waren neu.
Der Grundsteuerwert wird dabei vom Finanzamt bestimmt, und die Grundsteuermesszahl wurde zunächst bundesweit einheitlich festgelegt. Die Länder hatten schließlich noch die Möglichkeit, davon abzuweichen, was NRW aber nicht getan hat. Und der Hebesatz ist Sache der Kommunen.
Tatsächlich konnte man im Vorfeld viel errechnen, doch so ganz genau wusste niemand, was passieren wird. Jetzt ist sicher: Die große Empörung über viel zu hohe Steuerforderungen blieb aus. Auf Nachfrage war von der Stadtverwaltung zu hören, dass zwar rege angerufen wurde, aber man kaum von einer echten Beschwerdewelle sprechen könne. „Die Anzahl der Rückmeldungen ist nach dem Verschicken der Jahresbescheide generell hoch“, erklärte Stadtsprecherin Anna Ludewig.

Insofern mag es sich ausgezahlt haben, dass die lokale Politik sich Anfang Dezember für zwei unterschiedliche Hebesätze entschieden hat: Es wird für Wohngrundstücke ein Hebesatz von 663 v.H. genommen, während für Nicht-Wohngrundstücke, also in der Regel Gewerbegrundstücke, 1173 v.H. fällig werden. Damit bildete Recklinghausen in der unmittelbaren Umgebung eine fast schon einsame Ausnahme, die meisten anderen Kommunen beließen es bei einem einheitlichen Hebesatz, was Hauseigentümer und Mieter deutlich stärker belastet.
Trotzdem sei die (neue) Grundsteuer das vorrangige Thema bei den Anrufenden gewesen, erklärt Anna Ludewig weiter: „Der Schwerpunkt der Telefonate lag deutlich bei der Grundsteuerreform, insbesondere den geänderten (erhöhten) Messbeträgen und der Grundstücksart.“
Doch für diese Anfragen sei die Stadt eigentlich nicht zuständig: „Fragen hinsichtlich Grundsteuerwert, Grundsteuermessbetrag und Grundstücksart sind an das Finanzamt Recklinghausen zu richten. Die Stadt ist die richtige Ansprechpartnerin für die angewandten Hebesätze der Grundsteuer und Fragen in Zusammenhang mit den veranlagten Gebühren.“
Mischkalkulationen sind gesetzlich nicht möglich
Allerdings ergeben sich manche Probleme schon zwangsläufig: Was geschieht mit Häusern, die unten Gewerbe und oben Wohnungen haben? Müssen die grundsätzlich den höheren Hebesatz zahlen oder gibt es da auch Mischkalkulationen? Auch das weiß Anna Ludewig: „In einem solchen Fall bewertet das Finanzamt die Grundstücksart in der Regel als sogenanntes gemischt genutztes Grundstück. Diese Objekte werden demnach in Recklinghausen mit dem Hebesatz für Nicht-Wohngrundstücke von 1.173 % veranlagt. Ob im Endeffekt damit ein höherer Grundsteuerbetrag als bislang zu zahlen ist, hängt nicht nur vom Hebesatz ab, sondern auch vom neu festgesetzten Grundsteuerwert für das Grundstück, der vom Finanzamt ermittelt worden ist.“ Ganz sicher sei jedoch: „Eine Mischkalkulation erfolgt nicht, da dies gesetzlich nicht möglich und die Stadt Recklinghausen an die Festsetzungen des Finanzamtes zur Grundstücksart gebunden ist.“ Im Zweifelsfall ist das dann ärgerlich für die Mieter, da die erhöhte Grundsteuer sich auf der Nebenkostenabrechnung wiederfinden wird.
Auch unsere Redaktion erreichten Klagen über deutlich erhöhte Jahresbescheide. In einem Fall sprach ein Leser davon, „dass sich die zu zahlenden Beträge teilweise vervielfacht haben“, doch wirklich konkret wurde niemand. Sollte bei Ihnen der Jahresbescheid deutlich erhöhte Abgaben einfordern, dann wenden Sie sich doch an uns unter rzredaktion@medienhaus-bauer.de.