Nabu-Experte aus Holzwickede Volle Beerensträucher sind Warnzeichen für Vögel

Ein Warnzeichen für die heimische Vogelwelt
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Knallrote Beeren hängen massenhaft an hohen Sträuchern und schaukeln leicht im Wind. Gleich daneben trägt ein weiteres prächtiges Gewächs viele kleine schwarzen Beeren. Etwa 50 Meter weiter reihen sich Apfelbäume aneinander, die ebenfalls teilweise reichlich Früchte tragen. Ein hübscher Anblick zwar, aber eigentlich ein Warnzeichen.

„Da hängen so viele Beeren an den Sträuchern, weil es kaum mehr Vögel gibt, die diese sonst fressen“, weiß Thomas Griesohn-Pflieger vom Naturschutzbund (Nabu). Als Leiter der hiesigen Ortsgruppe kennt er sich mit Flora und Fauna in Holzwickede und darüber hinaus aus.

Viehweiden für die Artenvielfalt

„Viehweiden sind mit der beste Lebensraum, den wir hier in der Gegend haben.“ Pferde locken beispielsweise Insekten an. Die wiederum locken Vögel, die diese fressen. „Zudem speichern Weiden viel Kohlenstoffdioxid“, weiß er beim Gang durch die Natur auf dem Haarstrang, als er auf eine Weide blickt.

An einigen Stellen ist das Gras unterschiedlich hoch, teilweise stehen Pflanzen unberührt. „Was die Tiere nicht mögen, lassen sie stehen.“ Auch Stellen, an denen kaum bis gar kein Gras mehr wächst, sind für bestimmte Tiere von Vorteil. „Für Wildbienen etwa. Die graben sich Nester in der Erde und legen dort ihre Eier ab. Besonders sandigen Boden mögen sie“, sagt Griesohn-Pflieger.

Auf einem Blatt sitzt ein Schmetterling. Es handelt sich um einen braunen Admiral mit weißen Punkten an den Rändern der Flügel und einem orangenen Streifen auf dem Flügel.
Ein Admiral ist mittlerweile ein seltener Anblick geworden. Generell sind Schmetterlinge eher zur Rarität geworden. © Privat

Einige Arten erholten sich

Kommt der Naturschützer auf die heimische Vogelwelt zu sprechen, wechseln Sorge und Hoffnung. „Die Feldlerche ist stark bedroht und der Kiebitz ist hier sogar komplett verschwunden“, sagt der Mann vom Nabu. Doch es gibt auch einige wenige Populationen, die sich hier erholt haben. „Die Rotmilane waren fast weg. Bis in die 1970er-Jahre wurden Greifvögel in Deutschland und auch hier gejagt. Mit einem Verbot hat sich das verbessert und viele Arten haben sich erholt“, erklärt er, während ein solcher Rotmilan in der Luft seine Kreise zieht.

Dafür sind Kanadagänse und Schwarzmilane neu in der Gegend. Eine weitere Besonderheit gibt es ebenfalls auf dem Haarstrang nahe Wasserschloss Opherdicke: Jährlich ziehen hier zig Vögel auf ihrem Weg gen Süden durch. Auch einige seltene Jagdvögel konnte Thomas Griesohn-Pflieger hier schon beobachten.

Ziemlich gewöhnlich ist hingegen die Drossel, die hier etwa Mitte bis Ende Oktober durchzieht. „Die Vögel fressen dann alles, was noch an Beeren an den Sträuchern hängt. Die gehen auch an Äpfel und anderes Obst, das entweder noch an den Bäumen hängt oder schon heruntergefallen ist. Die sieht man dann oft in Schwärmen von 40 bis 50 oder sogar 100 Tieren. Im Gegensatz zu manchen anderen Zugvögeln reisen die Drosseln auch tagsüber und machen nur Pausen, um zu fressen“, weiß der Experte vom Nabu.

Thomas Griesohn-Pflieger hält leuchtend-rote Beeren in der Hand, während er vor einer grünen Hecke steht.
Für Thomas Griesohn-Pflieger vom Nabu ist es ein Warnsignal, wenn voll behangene Hecken, Sträucher und Bäume nicht abgefressen werden. © Linus Budde

Politik muss tätig werden

Damit sich die Lage für viele Tiere verbessert, sieht Griesohn-Pflieger die Politik unter Zugzwang. Seine Sicht allerdings: „Naturschutz spielt da keine Rolle. Es braucht Verpflichtungen etwa bei Bauarbeiten“, fordert er. Konkrete Maßnahmen weiß er auch: pflichtmäßige Begrünung von Dächern und Grundstücken oder zusätzlich angelegte Blühstreifen. „Und wenn irgendwo Fläche versiegelt wird, wird allerdings nirgendwo eine Fläche auch entsiegelt“, ärgert er sich über die Regelungen für Ausgleichsmaßnahmen, die für Bauprojekte gelten.

Auch die Gemeindeverwaltung müsse tätig werden: „Blühstreifen müssen angepasst werden. Pflanzen vom Mittelmeer sehen zwar schön aus, bringen den Insekten hier allerdings kaum etwas. Auch mehr Wildsträucher wären schön.“

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 25. September 2023.

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