Nach tödlichem Schuss in Offenburger Schule Hintergründe zu möglichem Motiv und Waffe

Schüler soll Person mit Schusswaffe verletzt haben: Polizeieinsatz in Offenburg
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Update, 11.11., 7.40 Uhr: Die Ermittlungen nach den Schüssen an einer Schule in Offenburg gehen weiter. Ein tatverdächtiger 15-Jähriger, der nach Behördenangaben Deutscher ist, sitzt wegen mutmaßlichen Totschlags in Untersuchungshaft. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) will am kommenden Mittwoch die Mitglieder des Innenausschusses über den Stand der Ermittlungen informieren. Was wir bisher wissen:

Tatort und Zeitpunkt

Der Angriff soll sich in der 9. Klasse des Tatverdächtigen abgespielt haben. Zum Großeinsatz der Polizei kam es am Donnerstag gegen 12.00 Uhr. Der 15-jährige Schüler soll in sein Klassenzimmer gekommen sein und seinem Mitschüler mit einer Handfeuerwaffe unvermittelt in den Kopf geschossen haben. Das 15 Jahre alte Opfer wurde von insgesamt zwei Schüssen getroffen. Danach sei eine Lehrerin im Flur vor dem Klassenzimmer auf den mutmaßlichen Täter getroffen, teilten die Ermittler mit. Der Tatverdächtige habe ihr auf den Kopf geschlagen. Die Frau sei leicht verletzt worden.

Ein Vater eines unbeteiligten Schulkindes hielt den mutmaßlichen Todesschützen nach der Tat auf. Laut Polizei hat er den Jugendlichen lautstark angesprochen und ihn dazu bewegt, die Schusswaffe abzulegen. „In der Folge hielt der Vater den mutmaßlich aufgebenden Täter bis zum Eintreffen der schnell vor Ort erschienenen Polizeikräfte fest.“ Die Wohnung des Festgenommenen wurde durchsucht. Hierbei wurden weitere Beweismittel sichergestellt.

Woher stammt die Schusswaffe?

Die Schusswaffe, die der Schütze benutzte, ist nach dpa-Informationen eine alte Beretta 765 gewesen. Es sei noch nicht bekannt, ob die Waffe etwa in rechtmäßigem Besitz eines Familienangehörigen war oder ob ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vorliege. Die „Bild“ meldete, es handle sich um ein Erbstück des Opas.

Der Verdächtige soll eine große Menge an Munition dabei gehabt haben. Neben der Schusswaffe trug er auch einen Molotowcocktail bei sich. Bei der Durchsuchung des Schulgebäudes fanden Einsatzkräfte der Polizei im Treppenhaus eine Flasche mit mutmaßlich brennbarer Flüssigkeit und stellten diese sicher. Inwieweit diese Flasche mit dem Tatgeschehen im Zusammenhang steht, muss noch ermittelt werden.

Warum schoss der 15-Jährige auf seinen Mitschüler?

Laut Polizei kommt Eifersucht infrage. Mehr zu den Hintergründen und dem Verhältnis von Täter und Opfer wurde noch nicht bekannt gegeben.

Update, 10.11., 12.50 Uhr: Nach dem tödlichen Schuss in einer Schule in Offenburg haben Ermittler eine Sonderkommission mit dem Namen „Mühlbach“ eingerichtet. Es gehe bei den Ermittlungen unter anderem um die Frage, warum der 15-jährige Tatverdächtige auf seinen Mitschüler geschossen habe und woher die Schusswaffe stamme, teilte die Polizei mit. Das Opfer war am Donnerstag an seinen schweren Verletzungen gestorben. Der tatverdächtige Deutsche kam wegen mutmaßlichen Totschlags in Untersuchungshaft.

„Zunächst stehen viele sensibel zu führende Vernehmungen von Zeugen an, die es zusammen mit den bereits kursierenden Darstellungen zu bewerten gilt“, berichten die Ermittler. Am Tatort würden weiter Spuren gesichert. In der sonderpädagogischen Waldbachschule findet heute kein Unterricht statt.

Update, 10.11., 10.50 Uhr: Nach dem tödlichen Schuss in einer Schule in Offenburg betreuen Schulpsychologen die jungen Leute der umliegenden Bildungseinrichtungen. Sie unterstützten in der Nachsorge beim Umgang mit der Gewalttat, teilte das baden-württembergische Kultusministerium am Freitag mit. Die Krisennachsorge vor Ort in der Waldbachschule werde am Montag fortgesetzt.

Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) sagte: „Unsere Gedanken sind jetzt bei der Familie und den Angehörigen des Opfers.“ Ein Ereignis wie dieses schlage tiefe Wunden in eine Schulgemeinschaft. „Was wir tun können, für die Hinterbliebenen, für Schülerinnen und Schüler sowie für die Lehrkräfte der Waldbachschule, das werden wir tun.“

Update, 10.11., 8.30 Uhr: Nach dem tödlichen Schuss in einer Schule in Offenburg laufen die polizeilichen Ermittlungen weiter auf Hochdruck. Am Freitag wollten die Beamten unter anderem erneut in die Schule gehen und dort Spuren sichern, wie ein Polizeisprecher am Morgen sagte.

Nach dem Schusswaffenangriff an einer Schule im badischen Offenburg sind Kriminalpolizisten im Einsatz.
Nach dem Schusswaffenangriff an einer Schule im badischen Offenburg sind Kriminalpolizisten im Einsatz. © Einsatz-Report24/

Update, 10.11., 7 Uhr: Nach dem tödlichen Schuss in einer Schule in Offenburg hat der Opferbeauftragte der baden-württembergischen Landesregierung Angehörigen und Mitschülern Hilfe angeboten. „Als Opferbeauftragter stehe ich allen Betroffenen mit meinem Team als Ansprechpartner zur Verfügung“, erklärte Alexander Schwarz. Mit den Engagierten vor Ort sei es ihnen ein Anliegen, für sie da zu sein und sie in dieser schweren Situation nicht alleine zu lassen.

Ein 15-Jähriger soll in einer sonderpädagogischen Schule auf einen gleichaltrigen Mitschüler geschossen haben, der kurz darauf seinen Verletzungen erlag. Der tatverdächtige Deutsche kam wegen mutmaßlichen Totschlags in Untersuchungshaft, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Abend mitgeteilt hatten.

„Als Motiv kommt nach derzeitigen Sachstand ein persönliches Motiv in Betracht“, hieß es weiter. Details dazu blieben zunächst unklar. Eine Frage ist auch, woher der Teenager die Handfeuerwaffe hatte.

Nach dpa-Informationen hatte er noch mehr Munition dabei. Dass es nicht noch mehr Verletzte oder gar Tote gab, ist wohl einem Zufall zu verdanken: Ein zufällig anwesender Erwachsener hielt den mutmaßlichen Schützen fest, bis die Polizei nach wenigen Minuten eingetroffen war. Dabei habe es sich nicht um einen Lehrer gehandelt - wohl aber um jemanden, der berechtigt auf dem Schulgelände unterwegs war.

Seelsorge und Opferbetreuung

Die Waldbachschule soll an diesem Freitag geschlossen bleiben. Oberbürgermeister Marco Steffens (CDU) erklärte: „Als Stadt stehen wir mit allen Behörden und Einrichtungen im Austausch, um diese schwere Situation gemeinsam auch bewältigen zu können. Sicherlich werden die nächsten Tage und Wochen nicht einfach.“

Notfallseelsorger verschiedener Hilfsorganisationen waren nach der Tat umgehend vor Ort. Sie betreuten die Kinder, deren Eltern und Lehrkräfte in einer nahe gelegenen Sporthalle. „Es ist mir unbegreiflich, auf welche Weise heute ein junges Menschenleben beendet worden ist“, sagte Schuldezernent Hans-Peter Kopp. „Von Seiten der Stadt bieten wir jede Hilfe an, die uns möglich ist, um den betroffenen Eltern, ihren Kindern, Lehr- und Erziehungskräften sowie den Psychologen der Polizei und Notfallseelsorgern der Hilfsorganisationen in den kommenden Tagen zur Seite zu stehen.“

Der Opferbeauftragte Schwarz sagte: „Es erschreckt mich sehr, dass es an einer Schule in unserem Land zu einer so schlimmen Tat gekommen ist.“ Den Angehörigen des getöteten Schülers sprach er seine Anteilnahme aus. „Wir denken aber auch an die zahlreichen jungen Schülerinnen und Schüler, die Furchtbares erleben und über Stunden hinweg große Ängste erdulden mussten.“ Der Opferbeauftragte ist Ansprechpartner für alle Angehörigen sowie Menschen, die selbst verletzt wurden oder das Geschehen als Augenzeuge miterleben mussten.

Der katholische Erzbischof Stephan Burger aus Freiburg teilte mit: „Die entsetzliche Gewalttat an der Offenburger Schule erschüttert mich zutiefst und macht mich fassungslos.“ Auch wenn noch viele Fragen offen sind, sei klar: „Gewalt und Blutvergießen hinterlassen, egal warum und wo, immer nur Schmerz und Verzweiflung.“

Erstmeldung, 9.10.: Nach dem Schusswaffenangriff an einer Schule im badischen Offenburg ist ein Schüler an seinen schweren Verletzungen gestorben. Das teilte die Polizei am Abend mit. Der tatverdächtige Jugendliche wurde festgenommen und ist wegen mutmaßlichen Totschlags in Untersuchungshaft gekommen. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Donnerstagabend mit.

Der minderjährige Tatverdächtige, ein Deutscher, werde kriminaltechnisch untersucht, wie die Ermittler sagten. Das Motiv für den Angriff dürfte im persönlichen Bereich liegen. Wie ein Polizeisprecher in der Nähe des Tatorts ergänzte, gab es nach ersten Erkenntnissen eine Vorbeziehung zwischen dem mutmaßlichen Täter und seinem Opfer. Alle Schüler wurden demnach von Psychologen betreut.

Angriff in der 9. Klasse

Nach dpa-Informationen soll sich der Angriff in der 9. Klasse des Tatverdächtigen abgespielt haben. Ein Erwachsener, der nicht zur Schule gehöre, soll den Jugendlichen gestellt haben - Hintergründe dazu sind noch unklar. Das Einschreiten sei ein glücklicher Umstand gewesen - es hätte noch mehr passieren können. Der mutmaßliche Täter habe Munition dabeigehabt. In der 9. Klasse werden üblicherweise Schülerinnen und Schüler im Alter von 15 bis 16 Jahren unterrichtet.

Die Schule wurde laut Polizei weiträumig abgesperrt, sie liegt in der Nordstadt der Kommune im Ortenaukreis. Die Beamten sprachen von einem Großeinsatz, laut Polizeikreisen war auch ein Spezialeinsatzkommando (SEK) dabei. Auch aus anderen Revieren und Polizeipräsidien der Region kam Unterstützung. Von einer Amoktat werde explizit nicht gesprochen, sagte ein Polizeisprecher.

Anwohner berichteten von Hubschraubern, die stundenlang über dem Areal kreisten. Sirenen von Einsatzfahrzeugen heulten, auf einer wichtigen Verkehrsachse gab es eine Straßensperre. Offenburg mit rund 62.000 Einwohnern ist in der Region ein wichtiges Verkehrs- und Wirtschaftszentrum, das Leben ist aber sonst eher beschaulich.

Rund 180 Schüler mussten zunächst in den Klassenräumen bleiben, konnten diese dann aber später verlassen. Die jungen Menschen wurden zunächst von Fachpersonal betreut, konnten aber dann zu ihren Eltern zurückkehren, wie die Polizei berichtete.

Die Waldbachschule ist nach eigenen Angaben ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Schülerinnen und Schüler werden in 15 Klassen unterrichtet.

Schulgebäude weiter abgesperrt

Auch Stunden nach der Tat war das Schulgebäude noch abgesperrt. Die Kriminaltechnik sei noch an Ort und Stelle, hieß es. Auch einzelne Schüler seien noch in der Schule. Um das Schulareal, auf dem sich auch die Waldbachschule befindet, war außergewöhnlich viel los: Eltern holten ihre Kinder ab, Jugendliche waren an Ort und Stelle und schauten auf ihre Mobiltelefone. Polizisten und Polizistinnen wachten darüber, dass nur berechtigte Menschen in die Nähe der Schule gelangten.

Ein Großvater, der gerade seine beiden Enkelinnen aus einer nahe gelegenen Schule abholte, war sichtlich mitgenommen. "Zum Glück ist ihnen nichts passiert", sagt er mit Tränen in den Augen. Eine Mutter, deren Kind einen Kindergarten direkt gegenüber der Waldbachschule besucht, erzählte, die Kleinen hätten nichts vom dem Vorfall mitbekommen. Per Kita-App sei sie aufgefordert worden, ihr Kind abzuholen.

In der Nord-West-Halle am Nordende des Schulareals gab es eine Anlaufstelle für Schüler und Eltern. Dort herrschte großer Andrang. Viele Rettungswagen standen in der Nähe.

dpa