Nach Schließung des Stadtlohner Krankenhauses Diabetiker fürchten um Versorgung

Von Sven Kauffelt
Nach Schließung des Stadtlohner Krankenhauses: Diabetiker fürchten um Versorgung
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Für Patienten sei es „schlimm“, sagt Ute Bach. Die Borkenerin ist Vorsitzende der hiesigen Diabetes-Selbsthilfegruppe. Denn aus Sicht der Betroffenen geht mit der Verlegung Klinik für Diabetologie von Stadtlohn nach Ahaus auch eine deutlich schlechtere Gesamtversorgung von Diabetes-Patienten in den Häusern des Klinikums Westmünsterland einher. „Wenn man als Diabetiker eingeliefert wird, ist keine kompetente Fachkraft mehr da“, sagt sie.

Die Deutsche Diabetes-Hilfe sieht das ganz ähnlich und hat sich mit einem offenen Brief an die Klinikleitung gewandt. „Wir sorgen uns um die stationäre Versorgung von Diabetikern im Kreis Borken“, sagt der Landesvorsitzende Norbert Kuster. Mit der Schließung der Klinik in Stadtlohn gehe viel Kompetenz im Klinikum verloren. Die dortige Fachklinik „hatte in der Region einen guten Ruf und war hochspezialisiert“, so Kuster.

Das Klinikum Westmünsterland sieht sich hingegen auch weiterhin gut aufgestellt. Mit der neuen Klinik in Ahaus sei die stationäre Behandlung gesichert, sagt Kliniksprecher Tobias Rodig. Er betont aber auch, dass Diabetes mellitus „gemeinhin als ambulant zu behandelnde Krankheit angesehen“ werde. Hier komme zum einen den niedergelassenen Fachärzten wie der Praxis Dr. Heidemann in Borken besondere Bedeutung zu.

In Ahaus gebe es, analog zu Borken, eine Diabetespraxis unter Leitung von Dr. Martin Lederle im Ärztehaus am Krankenhaus. Der frühere Chefarzt der Diabetologie in Stadtlohn, Dr. Joachim Kersken, ist im Ruhestand. Für die Diabetologie innerhalb der neuen Klinik in Ahaus sei man aktuell auf der Suche nach einem ärztlichen Leiter.

„Es gibt aktuell keinen reinen Diabetologen mehr im Klinikum und ich finde, das geht nicht“, stellt Martin Hadder fest. Der Raesfelder ist seit 40 Jahren in der Diabetes-Selbsthilfe aktiv und weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig auch die richtige Diagnostik in den Kliniken ist. „Von allen eingewiesenen Patienten sind Schätzungen zufolge bis zu 30 Prozent auch an Diabetes erkrankt“, sagt Hadder.

„Das erfordert eine spezielle Behandlung, weil durch Diabetes zum Beispiel die Wundheilung eingeschränkt ist.“ Das können Internisten nicht einfach „mitmachen“, findet er und fordert: „In jedes Krankenhaus gehört ein Diabetologe.“

Kliniksprecher dementiert

Auch hier hält Kliniksprecher Rodig dagegen: „Die internistischen Fachbereiche am St. Marien-Hospital Borken, am St. Agnes-Hospital Bocholt und am St. Marien-Hospital Vreden verfügen über hohe Kompetenz in der Behandlung von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes.“ Gerade weil die Zahl der Patienten mit der Begleitdiagnose Diabetes „demografisch bedingt stark zunimmt“, nehme das Klinikum das Thema Diabetes sehr ernst und stelle „eine qualifizierte Betreuung für Menschen mit Diabetes an allen internistischen Standorten sicher“.

Er zählt auf, dass an den Standorten des Klinikums zehn angestellte Diabetesberater und acht Mediziner mit der Zusatzbezeichnung Diabetologie angestellt seien. Die geforderten Spezialisten seien also bereits vorhanden, und das zudem an allen Klinikstandorten.

Dennoch haben die Betroffenen die Sorge, dass ihre Belange nicht ausreichend gewürdigt werden und zunehmend dem Spardiktat in den Häusern zum Opfer fallen. „In Deutschland gibt es pro Jahr etwa 40.000 Amputationen aufgrund von Diabetes-Erkrankungen“, rechnet Martin Hadder vor. „Von denen könnten viele vermieden werden, wenn in den Kliniken mehr Fachleute und Fachabteilungen vorgehalten würden.“