Nach Razzia bei Abou-Chaker-Cousin in Oer-Erkenschwick „Millionen-Prozess“ startet im April

Nach Razzia in Kfz-Werkstatt: „Millionen-Prozess“ startet im April
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Jetzt wird es ernst: In sieben Wochen (19.4.) startet vor der 10. Strafkammer am Bochumer Landgericht der „Millionen-Prozess“ um Scheinrechnungen, Bestechung und Schwarzarbeit im ganz großen Stil. Neben dem Werkstatt-Chef (41) aus Oer-Erkenschwick sind auch vier Männer (70, 38, 47 und 40) aus Datteln, Recklinghausen, Herten und Bottrop angeklagt.

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft konzentrieren sich auf kriminelle Geschäfte einer von dem Cousin des Berliner Clanchefs Arafat Abou-Chaker offenbar parallel zu seinem Kfz-Betrieb in Oer-Erkenschwick geleiteten Sicherungsfirma.

Am 22. Juni 2023 war der 41-Jährige am Rande eines polizeilichen Großeinsatzes in seiner Werkstatt vorläufig festgenommen worden, später gegen 100.000 Euro Kaution von weiterer U-Haft verschont worden.

Mit einem Großaufgebot waren Polizeibeamte, Mitarbeiter des Zolls und der Steuerfahndung sowie des Kommunalen Ordnungsdienstes in Oer-Erkenschwick im Einsatz.
Mit einem Großaufgebot waren Polizeibeamte, Mitarbeiter des Zolls und der Steuerfahndung sowie des Kommunalen Ordnungsdienstes in Oer-Erkenschwick im Einsatz. © Stefan Korte

Die Sicherungsfirma, um die es jetzt geht, hatte ihren Sitz an anderer Stelle in Oer-Erkenschwick und soll von März 2021 bis Juni 2022 für die Deutsche Bahn AG, deren Tochterfirmen und einem Dienstleister im Bereich der Gleissicherung aktiv gewesen sein.

Laut Anklage wurden Arbeiter dort im großen Umfang an der Sozialversicherung vorbei „schwarz“ bezahlt. Zur Verschleierung sollen von den Angeklagten gefälschte und fingierte (Schein-)Rechnungen in die Buchhaltung eingepflegt, daraus Vorsteuern geltend gemacht und Bargeld zur Auszahlung von Schwarzlöhnen verwendet worden sein.

Mitangeklagte in verschiedenen Rollen

Laut Staatsanwaltschaft hatte der Werkstatt-Chef in der mutmaßlichen „Betrugsfirma“ das absolute Sagen. Der Mitangeklagte aus Datteln soll als formeller Geschäftsführer installiert, für Botengänge und Bargeldabhebungen eingesetzt worden sein.

Der Mitangeklagte aus Recklinghausen war laut Anklage gemeinsam mit dem Bottroper für Organisation und Durchführung, insbesondere für die Anwerbung und Einweisung von Schwarzarbeitern zuständig. Der Angeklagte aus Herten dafür, Fremdfirmen mit Bargeld zu bestechen.

Sozialversicherungsbeiträge veruntreut

Durch überhöhte Rechnungen soll die Sicherungsfirma ihre Auftragsgeber um rund 150.000 Euro, durch Doppelabrechnungen mit Hilfe manipulierter Stundenzettel um weitere rund 80.000 Euro geprellt haben.

An Sozialversicherungsbeiträgen sollen gegenüber der Bahn-BKK (Betriebskrankenkasse) als zuständiger Einzugsstelle binnen eines Jahres rund 1,6 Millionen Euro vorenthalten und veruntreut worden sein. Das Volumen der von der Sicherungsfirma verbuchten Scheinrechnungen von anderen Firmen erreicht laut Anklage den Bereich von 3,5 Millionen Euro.

Termine bis zum 24. Juni

Dem vorbestraften Werkstatt-Chef droht im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe ohne Bewährung.

Für den Prozess sind noch sechs weitere Verhandlungstage bis zum 24. Juni anberaumt.