Nach Feuer an Heiligabend in Recklinghausen Hakan Saydan rettet Foto seines toten Vaters

Nach Feuer an Heiligabend: Hakan Saydan rettet Foto seines toten Vaters
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Wann Hakan Saydan (50) seine Wohnung wieder beziehen kann, weiß er nicht. Dass irgendetwas von seiner Einrichtung nach dem verheerenden Brand an Heiligabend noch brauchbar ist, bezweifelt der Mieter: „Alle Möbel sind vermutlich Müll, die Couch ist total verraucht.“ Die Monteurwohnung, in der er untergekommen ist, muss er verlassen. Ein Angebot aber macht ihm Hoffnung. Und auch Saydan selbst macht ein ehrenhaftes Angebot.

Ruß überall – sogar im Kleiderschrank

„Wenn ich wieder in meiner Wohnung bin, kann jeder, der sich nach einem Brand in einer ähnlichen Situation wie ich jetzt befindet, bei mir einziehen – kostenlos“, sagt der 50-Jährige. Bis zu zwei Personen würde er im Falle des Falles für einige Tage bei sich aufnehmen. Über die Feuer-Katastrophe, die ihm noch merklich zu schaffen macht, sagt Saydan: „So etwas wünsche ich meinem schlimmsten Feind nicht.“

Dass der so traurig wie zuversichtlich wirkende Mann nur wenige Tage nach dem verheerenden Brand solche noblen Gedanken entwickelt, ist bemerkenswert. Ein Blick in die Wohnung und auf Saydans aktuelle Situation machen die Geste noch ehrenwerter: Die Scheiben der Balkontür hat die enorme Hitze der Flammen zerbersten lassen, der Balkon selbst ist ein verkohltes Trümmerfeld – und einsturzgefährdet, sagt der 50-Jährige. Die einstmals weißen Wände und auch die Decke der Wohnung sind über und über mit Ruß bedeckt, der Rauchmelder angeschmolzen, die Deckenlampe aus Glas pechschwarz. Sogar im Kleiderschrank des angrenzenden Schlafzimmers liegt Ruß. Es riecht nach verbranntem Plastik. „Wenn ich ein paar Minuten in der Wohnung bin, bekomme ich Kopfschmerzen“, sagt Saydan.

Eine Wohnung in Recklinghausen nach einem Brand. Die Fenster der Balkontür sind zerstört, der Rahmen teilweise verbrannt.
Ein Bild der Zerstörung bietet die Wohnung von Hakan Saydan nach dem Brand, der Heiligabend in einem Innenhof an der Löhrhofstraße wütete. © Christian Pozorski

Foto vom verstorbenen Vater gerettet

Die ersten zwei Nächte nach dem Brand habe er in einem Hotel verbracht, sei dann aber in eine Monteurwohnung gezogen. Zu seinem Bruder hätte er auch gekonnt, habe diesem aber nicht zur Last fallen wollen. Den 50-Jährigen zieht es immer wieder in „seine Gegend“ an der Löhrhofstraße in der Altstadt. „Ich habe mich in meiner Wohnung wohlgefühlt“, sagt er. „Mit vielen meiner Nachbarn habe ich ein familiäres Verhältnis. Das möchte man nicht mehr missen.“ Täglich komme er her, um abends wieder in der Monteurwohnung zu schlafen.

Als das Feuer ausbrach, habe er mit seiner Mutter gerade beim Frühstück gesessen. Der Tisch in der Wohnung ist noch gedeckt. Saydan zeigt ein von der Hitze verformtes Foto seiner Mutter mit seinem 2014 verstorbenen Vater. Dass er das Bild einigermaßen unbeschadet habe retten können, bedeutet Saydan viel.

Ein gedeckter Frühstückstisch in einer Wohnung in Recklinghausen
Als das Feuer ausbrach, saß Hakan Saydan mit seiner Mutter beim Frühstück. Der Tisch ist noch gedeckt. © Christian Pozorski

Wie es für ihn weitergeht, entscheide demnächst ein Besichtigungstermin mit seinem Vermieter und einem Gutachter. Ihm sei aber bereits signalisiert worden, dass er seine Wohnung wieder beziehen kann, sagt Saydan. Der 50-Jährige ist optimistisch, dass es nicht allzu lange dauert bis zu seiner Rückkehr an die Löhrhofstraße. Die Monteurwohnung am Börster Weg müsse er bereits zum Sonntag, 8. Januar, wieder verlassen, weil die Wohnung ab dem Tag darauf im Vorfeld bereits an jemand anderen vermietet worden ist. „Ich kann mir das auch finanziell nicht mehr lange erlauben“, sagt er. 75 Euro pro Tag bezahle er dort. Das Geld bekomme er zwar sicher noch erstattet, erklärt Saydan schulterzuckend, aber er müsse erst einmal in Vorkasse gehen.

Kamenerin will Einrichtung spenden

Die Nachricht über den Heiligabend-Brand in der Altstadt von Recklinghausen – das Restaurant „Monrive“ ist fast vollständig zerstört worden, die Gaststätten „Flic-Flac“ und „Maha‘s“ sowie acht Wohnungen sind erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden – hat hohe Wellen geschlagen. Auch außerhalb der Festspielstadt hat die Katastrophe, bei der wie durch ein Wunder niemand verletzt worden ist, für Bestürzung gesorgt. Eine Frau aus Kamen hat das Schicksal von Hakan Saydan so berührt, dass sie ihm nun eine komplette Wohnungseinrichtung anbietet. Die Möbel wolle er sich demnächst gerne mal anschauen, sagt Saydan mit feuchten Augen. Auch sein Vermieter kümmere sich gut um ihn, habe bereits mehrere Wohnungen vorgeschlagen. Doch der Recklinghäuser möchte nichts anderes als in seine alte, liebgewonnene Bleibe zurück.

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