Nach Äußerungen von Merz Weiter Debatte über Umgang mit AfD

Nach Äußerungen von Merz: Weiter Debatte über Umgang mit AfD
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Die Kritik an CDU-Chef Friedrich Merz wegen Äußerungen zum Umgang seiner Partei mit der AfD auf kommunaler Ebene reißt nicht ab. Der CDU-Politiker und ehemalige saarländische Ministerpräsident Tobias Hans zweifelte die Eignung von Merz als Kanzlerkandidat der Union an und attestierte dem Parteichef mangelnde Führungsstärke. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sieht Merz hingegen nicht als beschädigt an.

Äußerungen von Merz im ZDF-Sommerinterview zum Umgang mit der AfD auf kommunaler Ebene waren von vielen als Aufweichung der klaren Abgrenzung der CDU zu der rechtspopulistischen Partei interpretiert worden. Merz nannte solche Vorwürfe abwegig und machte deutlich, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei gelte und es auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD gebe. Für seine Äußerungen vom Sonntag hatte der Parteichef auch in den eigenen Reihen viel Kritik geerntet.

Hans zweifelt an Merz‘ Eignung als Kanzler

Der CDU-Politiker Hans sagte dem Magazin „Stern“ auf die Frage, ob Merz noch der richtige Vorsitzende sei: „Mittlerweile muss man vor jedem Sommerinterview zittern, weil man nicht weiß, was am Ende dabei herauskommt. Ich möchte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ein von der CDU gestellter Bundeskanzler solche Sorgen hervorruft.“

Der ehemalige Ministerpräsident fügte hinzu: „Und wenn jemand das erklärte Ziel hatte, die AfD zu halbieren – und die sich dann aber locker verdoppelt – dann ist das zumindest kein Ausweis für Erfolg. Und auch der Wechsel eines Generalsekretärs nach nur eineinhalb Jahren, spricht nicht für Führungsstärke“, sagte Hans mit Blick auf den Wechsel von Mario Czaja zu Carsten Linnemann auf dem Posten des Generalsekretärs. Die Frage, ob Merz Kanzlerkandidat werde, hält Hans für „völlig offen“.

Hans betonte, die CDU müsse einen Konsens mit demokratischen Parteien suchen und nicht mit der AfD, die er als „politischen Feind“ bezeichnete. Hans warnte zugleich vor einer Kursverschiebung der Union weg von der Mitte. Auf Äußerungen von Merz, der die CDU als „Alternative für Deutschland - mit Substanz“ und die Grünen als Hauptgegner bezeichnet hatte, sagte Hans: „Mir drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass es sich dabei um eine Strategie handelt, um den Versuch, einen neuen Sound in der CDU zu etablieren. Das ist der Abschied vom Kurs der Mitte, mit dem die CDU fast 20 jahrelang erfolgreich regiert hat.“

Ministerpräsident Rhein: „Die Brandmauer steht“

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein sprach in den ARD-„Tagesthemen“ mit Blick auf das Merz-Interview von „Missverständnissen“ und „Fehlinterpretationen“. Am Ende habe Merz seine Position klargemacht. „Es gibt eine klare, eindeutige und auch sehr dicke Brandmauer zur AfD“, sagte Rhein. „Die Brandmauer steht und sie steht sehr fest“, fügte er hinzu.

CDU-Vize Andreas Jung sieht die kommunale Ebene gar als entscheidend für die Abgrenzung der Union zur AfD an. „Die klare Abgrenzung auch in den Kommunen ist das Fundament der Brandmauer zur AfD“ sagte Jung der „Augsburger Allgemeinen“. „Die AfD ist eine rechtsradikale Partei, die Hass und Hetze duldet“, kritisierte Jung. „Unsere Werte verpflichten: Zur AfD kann es deshalb nur klare Kante geben, auf allen Ebenen, heute, morgen und übermorgen“, betonte der stellvertretende CDU-Chef. Dies sei auch die Haltung von Merz.

Kemmer: Viele in der Partei verärgert

Auch Generalsekretär Linnemann machte bei einer Veranstaltung der Hessen-CDU am Montagabend deutlich, Merz habe erst kürzlich bekräftigt, dass es, solange er Parteivorsitzender sei, keine Zusammenarbeit mit der AfD gebe, egal auf welcher Ebene.

Bei jüngeren Abgeordneten der Union gibt es dennoch Unmut über die Debattenlage in der CDU. „Es ärgert viele in der Partei, dass wir jetzt wieder über die falschen Themen diskutieren“, sagte die Vorsitzende der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ronja Kemmer, den Partner-Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. „Wir brauchen keine Selbstbeschäftigung – weder über die Frage, wer unsere politischen Gegner sind, noch darüber, wer unser Kanzlerkandidat ist“, fügte die CDU-Politikerin hinzu.

Bommert gegen Kooperation mit AfD: Ja zu Anträgen denkbar

Brandenburgs CDU-Landesvizechef Frank Bommert erteilt einer Kooperation mit der AfD in Kommunen eine Absage, hält eine Zustimmung zu bestimmten Anträge aber für möglich. „Wir haben eine relativ klare Linie: Eine Kooperation und Koalition wird es auf kommunaler Ebene nicht geben“, sagte Bommert der Deutschen Presse-Agentur. „Das heißt nicht, dass man nicht irgendwelchen Anträgen zustimmt.“ Der CDU-Politiker brachte als Beispiel einen etwaigen Antrag der AfD für einen Fußballverein, eine Kita oder einen Jugendclub.

„Bei allem, was vernünftig, sachlich und zum Wohl der Gemeinde ist“, werde er das nicht ablehnen, „nur weil es ein AfD-Antrag ist“, sagte Bommert, der auch stellvertretender Vorsitzender der Landtagsfraktion ist. „Das halte ich für falsch.“ Er zog zugleich eine „rote Linie“: Wenn es um „radikal-politische Anträge“ gehe, „sage ich ein klares Nein“. Er betonte auch: „Wir werden keinen gemeinsamen Antrag ausarbeiten.“

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Reul: Merz-Aussagen missverständlich

Für Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sind die Äußerungen von CDU-Chef Friedrich Merz zum Umgang mit der AfD auf kommunaler Ebene „missverständlich“ gewesen und „haben zu Problemen geführt.“ Reul betonte am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin, man müsse eine klare Grenze zur AfD ziehen. „Die Leute müssen wissen, warum wir die AfD problematisch finden. Wenn die Leute merken, was da für ein Gehampel da im Moment unterwegs ist, dann sagen die Leute „Ja Gott, die können es alle nicht“. Und dann wählen sie die AfD.“

Auf die Frage, ob Merz noch die richtige Person für das Amt als CDU-Vorsitzender ist, antwortete Reul: „Er ist der gewählte Vorsitzende von Fraktion und von Partei, und damit hat sich das.“ Er betrachte den Fall nun als „in der Sache geklärt“, da Merz noch einmal klargestellt habe, was er wirklich gemeint habe.

Der Chef der Jungen Union (JU), Johannes Winkel, bekräftigte im Deutschlandfunk, dass die CDU eine klare Kommunikation und keine Missverständnisse bei diesem Thema brauche. Auf die Frage, ob Merz‘ Aussagen ein Fehler gewesen sei, antwortete Winkel: „Es hat zumindest Anlass gegeben, ihn misszuverstehen. Das sollte natürlich nicht passieren.“ Neben der klaren Kommunikation brauche die Union Geschlossenheit, „beides hat in den letzten beiden Tagen nicht ganz gestimmt“.

dpa