Von einem normalen Alltag ist die Familie Woitas in Recklinghausen-Hochlar noch weit entfernt: Zwar ist Vater Sven rund zwölf Tage nach seinem verheerenden Zusammenprall mit einer Geisterfahrerin auf der A40 auf eigenen Wunsch nach Hause zurückgekehrt, doch seine beiden Töchter (5/9) können noch nicht wieder mit dem 36-Jährigen herumtoben. Und zwar noch lange nicht. „Den Umständen entsprechend geht es Sven gut“, kann Ehefrau Nina berichten, „anders kann man das im Moment nicht sagen.“
Im Detail bekommt man allerdings eine Gänsehaut, wenn man hört, was ihm zugestoßen ist: Bei dem Unfall ist der Brustwirbel von Sven Woitas regelrecht zertrümmert worden. Mit Platten und Schrauben hat man diesen erst einmal rekonstruiert und fixiert – für die nächsten zwölf bis achtzehn Monate. Danach muss eine weitere Operation erfolgen, bei der alle Metallteile wieder entfernt werden.

Doch das wirklich Gruselige daran ist: „Die Ärzte haben uns erklärt, dass sie es noch nie erlebt hätten, dass jemand mit einer solchen Verletzung nicht sofort querschnittsgelähmt gewesen wäre“, so Nina Woitas. Und diese Bedrohung ist nicht wirklich aus der Welt: Sven Woitas muss sich in ernst zu nehmender Weise schonen, er muss hauptsächlich liegen.
An eine Reha ist deswegen auch überhaupt nicht denken, die Gefahr, dass sich am Brustwirbel etwas lockert, ist viel zu groß. In acht Wochen könnte man vielleicht daran denken, hat man der Familie Woitas erklärt. Und erst dann wird es wohl auch Möglichkeiten der psychologischen Betreuung geben. Dabei ist diese vermutlich mindestens ebenso wichtig.
„Sven kann sich noch in jeder Einzelheit an den Unfall erinnern, er weiß alles“, erläutert Nina Woitas, „aber er hat darum gebeten, dass ich nicht frage. Wenn er etwas rauslassen möchte, dann macht er das von sich aus.“
Es war tatsächlich der erste Tag nach dem Urlaub, als er in den schrecklichen Unfall verwickelt wurde: Die Geisterfahrt endete für zwei Menschen tödlich, für die Geisterfahrerin selbst und für den Bochumer Jens Koslowski (35), ebenfalls Vater von zwei Kindern. Sven Woitas überlebte als einziger, mit den genannten Folgen: Nach Haus wollte er nun vor allem deshalb, weil seine Töchter wegen möglicher Corona-Infektionen nicht ins Krankenhaus durften. „Und er hat es nicht geschafft, die Kinder von dort aus anzurufen“, so Nina Woitas, die jetzt die Pflege übernimmt: „Man darf nicht vergessen, dass er auch schon vorbelastet ist. Er hat im Bergbau in Ibbenbüren gelernt, da hat er sich seine Bandscheibe so ramponiert, dass sie so wirkt, als gehöre sie einem viel älteren Mann, haben die Ärzte gesagt.“
Spendenaktion von Freunden bringt Tausende Euro
An eine Rückkehr in den Job ist erst einmal nicht zu denken. Ob das überhaupt jemals wieder gehen wird, ist derzeit noch völlig unklar. Es ist auch überhaupt noch nicht abzuschätzen, wann sich Sven Woitas, der seit Langem im Käfer-Club Recklinghausen aktiv ist, wieder hinter das Steuer setzen kann. „Innerhalb einer Sekunde ist alles anders geworden. Wir wissen nicht, wie unser Leben künftig aussehen wird“, sagt Nina Woitas.
Eine Freundin hat deswegen auf der Internet-Plattform www.betterplace.me eine Spendensammlung eingerichtet, dort kann man kleine oder größere Beträge geben. „Die Idee kam gar nicht von uns, doch die Freundin hat uns überzeugt“, so Nina Woitas weiter: „Sie meinte, dass wir unverschuldet in diese Situation geraten sind und jetzt die kommenden Jahre stemmen und zum Beispiel das Haus abbezahlen müssen.“ Über 46.000 Euro sind auf diesem Wege schon zusammengekommen. Und ein Kontakt zur Opferschutzorganisation „Weißer Ring“ ist auch schon hergestellt.
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