Bei dieser Anklage läuft es einem eiskalt den Rücken herunter: In Essen steht eine junge Mutter vor Gericht, die ihr gerade einmal drei Monate altes Baby fast totgeschüttelt hat. „Er hat geweint und geweint“, sagte die 19-Jährige zum Prozessauftakt am Donnerstag (16.03.2023). Sie habe einfach nicht mehr gewusst, was sie machen sollte. „Da habe ich ihn geschüttelt und aufs Bett geworfen.“
Die Folgen waren dramatisch. Als die Mutter der Angeklagten am nächsten Tag den Notruf wählte, hat der Säugling bereits unter schlimmen Krampfanfällen gelitten. „Das sieht nicht gut aus“, soll auch einer der Rettungssanitäter sofort gesagt haben.
„Dachte, es wird alles gut“
Die schreckliche Vorahnung hat sich in der Klinik bestätigt. In der Anklage der Staatsanwaltschaft heißt es, dass der kleine Junge zeitlebens schwerstbehindert bleiben wird – wenn er überhaupt überlebe. Schon beim nächsten Krampfanfall könne alles vorbei sein. Schon jetzt soll feststehen, dass er auf dem linken Auge erblinden und nie laufen oder sprechen lernen wird. Die Kopfverletzungen seien einfach zu schwer.
„Ich dachte, es wird alles wieder gut“, sagte die Angeklagte den Richtern am Essener Landgericht. Erst als ihr Baby angefangen habe zu zittern, sei ihr klargeworden, wie dramatisch alles sei. „Ich habe geweint und mir gedacht: Warum hast du nicht früher den Krankenwagen gerufen“, so die 19-Jährige. „Ich weiß nicht, wie ich das je wieder gutmachen kann.“
Arm und Bein gebrochen
Im Krankenhaus waren außerdem zahlreiche Knochenbrüche festgestellt worden – am Arm, am Ellenbogen, am Schienbein. Damit will die Angeklagte allerdings nichts zu tun haben. „Ich kann mir das gar nicht vorstellen“, sagte sie den Richtern. „Davon habe ich selbst erst im Gefängnis erfahren.“
Der kleine Junge war bereits das zweite Kind der Angeklagten. Auch der ältere Bruder ist laut Staatsanwaltschaft misshandelt worden. In der Anklage ist von Schlägen und schweren Hämatomen im Gesicht die Rede. Das müsse nach Angaben der 19-Jährigen jedoch beim Zähneputzen passiert sein. „Ich musste das immer mit Zwang machen.“
Alles Geld abgenommen
Die Angeklagte war alleinerziehend. Nach ihren Angaben gab es allerdings einen Freund, der sich täglich in ihrer Wohnung aufgehalten habe. Der habe ihr jedoch immer nur alles Geld abgenommen. Möglicherweise komme auch er für die Knochenbrüche in Betracht. „Obwohl der immer ganz lieb zu den Kindern war. Zumindest, wenn ich dabei war.“
Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag, Kindesmisshandlung und schwere Körperverletzung. Die 19-Jährige befindet sich seit ihrer Festnahme in der JVA Iserlohn. Die 5. Strafkammer hat für den Prozess zunächst noch fünf Verhandlungstage bis zum 21. April vorgesehen.
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