
© Jörg Gutzeit
Musiker aus Recklinghausen schreibt der Emscher eine Liebeserklärung
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Das geht bluesig ins Ohr: Eddie Wagner und „Crazy“ Jim Demant huldigen der Emscher mit einer Hymne. „Emscherstrand“ ist die Musik gewordene Erfüllung der Sehnsucht nach einem sauberen Fluss.
Es klampfet der Wagner am rauschenden Bach: „Die Sonne scheint und wir sitzen schön – am Strand vonne Emscher.“ Das stadtbekannte Musik-Duo „Captain Twang“ hat der einstigen Köttelbecke eine Blues-Hymne geschrieben, die ins Ohr geht. Der Song „Emscherstrand“ von Eddie Wagner (63) und „Crazy“ Jim Demant (63), die sonst auch mal für Augenzwinkerndes gut sind, ist eine zutiefst ernstgemeinte Liebeserklärung an die neue Emscher.
„Letzte Woche war hier alles voller Gift“
Ganz neu ist das Stück nicht. Aufgenommen haben Wagner und Demant es schon Anfang 2019, es findet sich auf ihrem Album „Kohlenpott Wolfsgeheul“. Doch der Zeitpunkt, das Lied ins Rampenlicht zu rücken, könnte kein besserer sein. Denn bekanntlich ist die Emscher seit Anfang des Jahres abwasserfrei. „Früher hieß es ja, dass man stirbt, wenn man auch nur einen Finger in die Emscher steckt“, sagt Wagner. Und so heißt es im Lied: „Letzte Woche war hier alles voller Gift, im Wasser schwamm die Scheiße, es war mit Plastikmüll versifft.“
Am Emscherstrand im tiefen Süden von Recklinghausen – „Captain Twang“ hat für den Pressetermin die „Stromschnellen“ einige Meter nördlich des einmündenden Landwehrbachs gewählt – sagt Wagner, der an der Emscher aufgewachsen ist: „Für uns ist es ja das größte Wunder, dass wir das noch erleben dürfen.“ Pünktlich zum Jahresende 2021 sei die Renaturierung der Emscher abgeschlossen worden, er habe das Fortschreiten der Maßnahme regelmäßig in Augenschein genommen: „Noch vor drei Jahren hätten wir hier vermutlich nicht stehen können, weil es zu sehr gestunken hätte.“
Die Idee zur Emscher-Hymne kam bei einer Fahrradtour
Seit zehn Jahren gibt es das Duo „Captain Twang“. Wagner aus Recklinghausen-Süd und Demant aus Oer-Erkenschwick kennen sich seit ihren „späten Teenagerjahren“, haben auch vor „Captain Twang“ schon gemeinsam Musik gemacht. „Eddie hat schon immer von der Renaturierung der Emscher gesprochen“, erzählt Demant. „Und er hat mir regelmäßig die Fortschritte dieses Projekts gezeigt.“ Bei einer gemeinsamen Fahrradtour sei den beiden dann die Idee gekommen, der neuen Emscher eine Hymne zu schreiben. Den Text dazu habe er in weniger als einer Stunde geschrieben, so Wagner. Für die Musik haben er und Demant dann aber doch ein bisschen länger gebraucht. Stilistisch sei das übrigens „Ruhrpott-Americana“.
Im Emscherstrand-Song ist die ehemalige Köttelbecke längst zum Paradies geworden, über das „goldene Wolken“ und „bunte Vögel“ ziehen und an dessen Ufer sogar ein Einhorn grast. „Captain Twang“ wähnt sich schon auf Blumenwiesen liegend, während dazu die Emscher vor sich hin plätschert: „Guck mal, wie schön: ein Regenbogen über der Stromschnelle.“ Willkommen an der neuen Emscher.
Zuhören, beobachten, nachfragen und die Erkenntnisse anschaulich und kurzweilig bei Leserinnen und Lesern abliefern: Das macht guten Journalismus für mich aus. Und das Große im Kleinen zu finden. Aufgewachsen am „Westfälischen Meer“ (Möhnesee), habe ich erste journalistische Erfahrungen in der Soester Börde gesammelt. 2003 dann Umzug ins Ruhrgebiet. Seit 2015 Redakteur beim Medienhaus Bauer, seit März 2021 bei der Recklinghäuser Zeitung. Großes Faible für Filme, Serien, Musik und Belletristik, aber auch fürs Unterwegssein.