Mordfall Claudia Ruf Spurensuche im Kreis RE: Ermittlern liegen jetzt 180 DNA-Proben vor

Spurensuche im Kreis RE: Ermittlern liegen jetzt 180 DNA-Proben vor
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Der „Cold Case“ Claudia Ruf ist längst wieder ein aktueller Fall: Rund 200 Männer aus dem Kreis Recklinghausen sind im Rahmen einer DNA-Reihenuntersuchung von der Polizei gebeten worden, eine Speichelprobe abzugeben. „Und 180 Proben haben wir inzwischen vorliegen“, sagt der Sprecher der Bonner Polizei, Robert Scholten, auf Anfrage dieser Redaktion.

Die Ermittler gehen in dem Fall des vor 27 Jahren ermordeten Mädchens aktuell einer der sogenannten Fahrzeugspuren nach. Basierend auf einer Zeugenaussage interessieren sie sich für die Personen, die im Mai 1996 ein Auto mit den Kennzeichen-Fragementen RE - DB (?) oder RE - BD (?) oder RE - (?) 146 fuhren. „Einige der Fahrzeughalter sind inzwischen verstorben“, so Scholten. Deshalb seien unter den 180 Proben auch welche von direkten Angehörigen. Außerdem habe man Menschen im Blick, die in den vergangenen drei Jahrzehnten aus dem Kreis Recklinghausen weggezogen seien. „So hat sich beispielsweise ein Mann aus Thüringen von sich aus bei uns gemeldet und freiwillig eine Speichelprobe abgegeben“, sagt Scholten.

„Für die Angehörigen wäre es immens wichtig, wenn die Tat noch aufgeklärt werden könnte“: Robert Scholten, Sprecher der Polizei Bonn.
„Für die Angehörigen wäre es immens wichtig, wenn die Tat noch aufgeklärt werden könnte“: Robert Scholten, Sprecher der Polizei Bonn. © Polizei Bonn

Aufklärung wäre für die Angehörigen „immens wichtig“

Der Erste Polizeihauptkommissar geht davon aus, dass in der ersten Juni-Hälfte alle 200 DNA-Proben vorliegen werden. Und die würden dann als Gesamtpaket in einem Block mit der DNA-Spur abgeglichen, die „im Opferbereich“ gefunden worden sei und vom Täter stammen dürfte. Anders gehe man nur vor, wenn es vorher schon eine neue heiße Spur gäbe. „Das ist aktuell aber nicht der Fall.“

Dennoch beobachtet Scholten bei seinen ermittelnden Kollegen einen großen Grundoptimismus, den Mörder von Claudia Ruf nach fast 30 Jahren noch ausfindig zu machen. Das läge an den beeindruckenden wissenschaftlichen Fortschritten, die im Bereich der Rechtsmedizin gemacht würden. Dabei denkt Scholten konkret eben an die große Aussagekraft von DNA-Spuren, die zur Tatzeit noch keine Rolle gespielt hätten. „Aus kriminalistischer Sicht sind wir von der Aufarbeitung dieses ‚Cold Case‘ auch nach so vielen Jahren absolut überzeugt“, so Scholten. Und er betont auch die menschliche Seite des Falles: „Für die Angehörigen wäre es immens wichtig, wenn die Tat noch aufgeklärt werden könnte.“

Es hilft auch, Personen ausschließen zu können

Am 11. Mai 1996 ging die damals elf Jahre alte Claudia Ruf gegen 18.15 Uhr mit dem Nachbarshund in ihrem Wohnort Grevenbroich-Hemmerden (Rhein-Kreis Neuss) spazieren. Um 18.50 Uhr kehrte der Hund alleine zurück. Verstört.

Das Mädchen wurde entführt, sexuell missbraucht und zwei Tage später an einem Feld im 70 Kilometer entfernten Euskirchen-Oberwichterich ermordet aufgefunden. Ihr Leichnam war mit Benzin übergossen und anschließend angezündet worden. Es ist ein Fall, der viele Menschen bis heute bewegt.

Lösen wollen ihn Mordermittler aus mehreren Behörden gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach. Und dabei verfolgen sie eben auch eine Zeugenbeobachtung, wonach ein Auto mit Recklinghäuser Kennzeichen im Zusammenhang mit der Tat stehen könnte. Gleichzeitig gehen sie aber auch von einer sogenannten Nahraumtat aus. Das heißt, „dass der Fahrer des gesuchten Wagens im Mai 1996 mit hoher Wahrscheinlichkeit entweder in Hemmerden gelebt hat oder zumindest einen starken Bezugspunkt nach Hemmerden hatte und am Abend des 11. Mai 1996 auf Claudia Ruf traf“, heißt es in einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach und der Polizei Bonn von Mitte April.

Im Mordfall Claudia Ruf sind bislang etwa 2500 Speichelproben genommen worden, zuletzt 180 von Männern aus dem Kreis Recklinghausen. Einen „Treffer“ hat es noch nicht gegeben.
Im Mordfall Claudia Ruf sind bislang etwa 2500 Speichelproben genommen worden, zuletzt 180 von Männern aus dem Kreis Recklinghausen. Einen „Treffer“ hat es noch nicht gegeben. © picture alliance/dpa

Bereits 2019 wurde der „Cold Case“ neu aufgerollt: Eine aufwendige DNA-Massenuntersuchung, für die mehr als 2000 DNA-Proben genommen und analysiert wurden, hatte aber keinen Verdächtigen ans Licht gebracht. Inzwischen liegen laut Scholten schon etwa 2500 Proben vor. „Über einen ‚Treffer‘ würden wir uns sehr freuen, aber auch der Ausschluss von Personen ist für uns von ganz wesentlicher Bedeutung“, so der Erste Polizeihauptkommissar.

Die Ermittlungsakten im Mordfall Claudia Ruf füllen nach seinen Angaben inzwischen 160.000 Seiten. Die Kunst bestehe darin, hier den Überblick zu behalten. Und das gelänge, so Scholten: „Wenn wir heute einen Hinweis bekommen, können wir anhand unserer Erkenntnisse einordnen, ob das richtig ist, was der Zeuge sagt.“

Und auch bei diesen Sätzen klingt diese Grundüberzeugung durch, den Fall noch lösen zu können. Nach 27 Jahren.

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