
© Stefan Milk
Mit Video: Straßen in Kamen und Bergkamen nach 21 Uhr fast völlig leer
Ausgangssperre
Offenbar befolgen die Bürger in Bergkamen und Kamen die nächtliche Ausgangssperre sehr diszipliniert. Die wenigen, die am ersten Abend des Wochenendes unterwegs sind, haben dafür einen guten Grund.
Claus Rademacher vom Bergkamener Ordnungsamt brachte es auf den Punkt: „Das ist so, als wenn Deutschland im Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft steht“, sagte er, als er mit seiner Kollegin Jana Bräutigam und dem Bezirksbeamten Volker Meyer von der Polizei durch die nächtliche Bergkamener Fußgängerzone auf dem Nordberg lief. Dort, wo sich an anderen Abenden junge Leute mit dem Auto treffen, herrschte vollkommene Ruhe.
Das war wahrscheinlich auch ein entscheidender Unterschied zum einem Abend mit Endspiel: Es war fast gespenstisch still in der gesamten Stadt.
Die Kontrollrunde durch Bergkamen hätten sich die Mitarbeiter des Ordnungsamtes und der Bezirksbeamte fast sparen können. Wohin sie auch kamen – ob in den Wasserpark oder auf den Schulhöfen – nirgendwo war irgendjemand.

Der Alte Markt in Kamen ist an diesem lauen Frühlingsabend um kurz nach 21 Uhr gespenstisch leer. © Stefan Milk
Das gleiche Bild bot sich unserem Reporter Stefan Milk in Kamen, als er sich gegen 21.15 Uhr auf eine Runde machte, um zu erkunden wie sich die Kamener und Bergkamener an der Ausgangssperre halten. Der Alte Markt in Kamen: leer. Die Umgebung der Pauluskirche und das Sesekeufer, an denen sonst an Frühlingsabenden oft Jugendliche mit Getränken sitzen: wie leergefegt.
Die Verbindungsstraßen zwischen den beiden Städten wie die Werner Straße, die sonst auch in der Nacht viel befahren sind: kaum etwas los. Zwar waren wenige Lkw unterwegs und sogar ein Linienbus – aber fast kein einziger Pkw. Das galt auch für die Koppelstraße, die um die Kamener Innenstadt herumführt.

Auch an der Pauluskirche, sonst beliebter Treffpunkt von Jugendlichen, war nach 21 Uhr niemand mehr. © Stefan Milk
Ein Bild, das auch Michael Wilde, der Wirt der Gaststätte „Kümpers“ bestätigte, als er die Nase vor die Tür hielt: Es war niemand unterwegs in der Kamener Innenstadt.
Ein Eindruck, der sich auch bei Ulrike Blume, von der Rathaus-Apotheke bestätigte, die an diesem Abend Notdienst hatte. Bis 20.45 Uhr sei der Andrang sogar ungewöhnlich groß gewesen, berichtete sie – und danach wie abgeschnitten.

Selbst zum Apotheken-Notdienst kommt nach 21 Uhr fast niemand mehr, sagt Apothekerin Ulrike Blume von der Rathaus-Apotheke in Kamen. © Stefan Milk
„Die Menschen sind sehr diszipliniert“, bestätigte Claus Rademacher vom Bergkamener Ordnungsamt. Auf seiner Streife traf er immerhin noch zwei Menschen auf dem Nordberg an. Erst einen Mann auf dem Fahrrad, der eilig die Maske über die Nase zog, als er sich der dreiköpfigen Streife näherte. Er sei auf dem Weg in die Moschee, sagte er – und das durfte er auch.

Der einzige Radfahrer, den die Streife trifft, darf unterwegs sein. Er ist auf dem Weg in die Moschee. © Stefan Milk
Auf dem Parkplatz des um diese Zeit längst geschlossenen Nordbergcenters war noch eine Frau unterwegs. Sie sei Altenpflegerin im „Haus am Nordberg“, sagte sie und nach dem Ende ihrer Schicht auf dem Heimweg. „Ich habe auch eine Bescheinigung von meinem Arbeitgeber“, versicherte sie. Die Streife wünschte ihr einen guten Heimweg.

Die beiden Mitarbeiter des Bergkamener Ordnungsamtes laufen in Begleitung des Bezirksbeamten durch die völlig leere Präsidentenstraße. © Stefan Milk
Erst als Stefan Milk sich später auf den Heimweg machte, vernahm er ein Indiz, dass sich doch irgendjemand nicht an alle Bestimmungen der Allgemeinverfügung des Kreises Unna gehalten haben könnte. Er vernahm von irgendwo in der Kamener Innenstadt schnelle, laute Beats. Ob nur irgendjemand aus Langeweile während der Ausgangssperre seine Anlage aufgedreht hatte oder ob es sich doch um eine Privatparty mit möglicherweise mehr Personen als erlaubt handelte – das ließ sich nicht ausmachen.
Ab diesem Samstag dürfen die Bergkamener und Kamener eine Stunde länger unterwegs sein: Dann wird die Allgemeinverfügung des Kreises durch die Bundesnotbremse abgelöst. Ausgangssperre ist dann ab 22 Uhr statt ab 21 Uhr.
Lebt und arbeitet in Kamen und mag die Region, vor allem ihre Menschen. Von denen kennt er hier ziemlich viele. Ist viel mit dem Rad unterwegs, kocht gern für seine Lieben, werkelt, spielt Karten und hat nie Langeweile.
