Massive Tierquälerei in Unna Tierärzte des Kreises Unna deckten Extremfall auf

Tierärzte des Kreises Unna decken extremen Fall von Tierquälerei auf
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Amtsveterinäre des Kreises Unna deckten auf einem Hof in Unna massive Verstöße gegen den Tierschutz auf. Nachdem die Staatsanwaltschaft Dortmund den Fall öffentlich gemacht hatte, klärt eine Tierärztin jetzt über die maßgebliche Rolle der Kreisveterinärbehörde in dem Fall auf.

Es waren mehr als 200 Tiere, die bei zwei Terminen Ende Januar und Ende Mai auf einem Hof in Unna ihrem Halter weggenommen und in Obhut gebracht wurden. Im Raum stehen laut Staatsanwaltschaft der Verdacht illegalen Welpenhandels, illegaler Reitveranstaltungen sowie Verstöße gegen das Tierarzneimittelgesetz.

„Standen plötzlich vor einem Tierschutzfall“

Die Missstände in der Tierhaltung waren indes erst aufgedeckt worden, nachdem vier Amtsveterinäre des Kreises Unna beim ersten Durchsuchungstermin auf dem Hof des 50-Jährigen in Unna näher hingeschaut hatten.

„Da standen wir plötzlich vor einem Tierschutzfall“, sagt Dr. Schönfelder, Amtsveterinärin beim Kreis Unna. Sie und ihre Kollegen waren am 30. Januar ganz spontan von den Kriminalisten aus Dortmund hinzugezogen worden – allerdings ging es da noch um einen ganz anderen Straftatverdacht gegen den Mann.

Eine Frau führt mehrere Hunde an der Leine.
Mehrere private Tierpflegestellen haben die beschlagnahmten Hunde, Pferde sowie weitere Vierbeiner aufgenommen. © picture alliance / Christian Charisius/dpa
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Den Tierärzten bot sich im Januar dann allerdings ein Bild, das kein Zuwarten mehr zuließ. „Wir haben sehr mutig entschieden, dass wir schon Tiere mitnehmen“, so Dr. Schönfelder. Man handelte praktisch wegen Gefahr in Verzug, so dramatisch schlecht muss sich der Zustand der Tiere dargestellt haben – darunter 43 Hunde inklusive 23 Welpen, vier trächtige Hündinnen sowie 26 Pferde und Ponys.

Einzelheiten darf auch die Kreisveterinärbehörde wegen der noch laufenden strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Beschuldigten nicht nennen. So viel aber schon: Mehrere Monate befassten sich die Veterinäre beim Kreis Unna schwerpunktmäßig mit den massiven Tierschutzverstößen in Unna.

Amtstierärzte erstatten Strafanzeige

Den Zustand jedes einzelnen Tiers mussten sich die Veterinäre individuell ansehen. Am Ende stand ein 500 Seiten starkes Gutachten und für die Amtstierärzte gab es nur eine Entscheidung: Sie erstatteten Strafanzeige gegen den Tierhalter. Die Staatsanwaltschaft zog dieses weitere Verfahren danach ebenfalls an sich.

Anschließend kam es zu dem zweiten Durchsuchungstermin auf dem Hof am 23. Mai. Es wurden die dort noch verbliebenen Tiere beschlagnahmt; darunter 50 Enten, 38 Kaninchen und 13 Schafe. Hierfür habe es im Januar noch keine Handhabe gegeben. Zudem habe der Beschuldigte, der aus Wetter (Ruhr) stammt, in der Zwischenzeit noch weitere Tiere auf den Hof geholt.

Ein vorläufiges Halteverbot war unterdessen allerdings bereits von der Kreisveterinärbehörde erwirkt worden. Der Beschuldigte hatte zwar Rechtsmittel eingelegt; das Verwaltungsgericht gab im Eilverfahren aber dem Kreis Unna Recht.

Bei einer Durchsuchung eines weiteren Hofes des Halters in Wetter (Ruhr) selbst waren die Kreisveterinäre aus Unna zwar ebenfalls hinzugezogen worden; dort mussten laut Dr. Schönfelder aber keine Tiere beschlagnahmt werden. Der 50-Jährige sei allerdings in der Vergangenheit schon einmal aufgefallen, nicht jedoch wegen solch massiver Anschuldigungen.

Private Tierhaltung „unterm Radar“

Für die Kreisveterinärbehörde sei der Fall in dieser Form einzigartig in jüngerer Vergangenheit. Man habe nur mit Hilfe der Stadt Hamm und privater Pflegestellen die beschlagnahmten Tiere überhaupt unterbringen können. 28 Pferde etwa seien von Ställen außerhalb des Kreises Unna aufgenommen worden.

Weil es sich um eine private Tierhaltung gehandelt habe, aber kein Verdacht gegen den Mann vorlag, hätten die Amtsveterinäre vor der Durchsuchung am 30. Januar überhaupt nicht tätig werden können. „Das lief unterm Radar“, so Dr. Schönfelder.

Erst Ende April hatte der Kreis Unna auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigt, dass die Veterinärbehörde einen starken Anstieg bei Tierschutzfällen registriere; kürzlich waren auch zusätzliche Stellen für das Amt ausgeschrieben worden.

Anders als in der Landwirtschaft oder bei Schlachthöfen geben es keine routinemäßigen Kontrollen bei privaten Tierhaltern.

„Das können wir nur anlassbezogen tun“, betont Dr. Schönfelder. Eine Tierschutzanzeige könne jeder auch online über die Website des Kreises Unna stellen – auf diese Hinweise sei die Kreisveterinärbehörde angewiesen, um einschreiten zu können.