Die frühere Einwanderungspolitik Donald Trumps hatte Einfluss auf die Biografie der Marlerin. Schon im Wahlkampf vor seiner ersten Amtszeit als US-Präsident hatte der Republikaner angekündigt, Ausländer abzuschieben. Nataly Bernhard kam als Kind zusammen mit ihrer Mutter in die USA, lebte als Erwachsene viele Jahre als Deutsche mit der Green Card in Arizona. Sie entschied sich 2016, Amerikanerin zu werden, um nicht länger Ausländerin zu sein. Zu groß war die Sorge nach der Ankündigung Trumps, ohne den in Amerika geborenen Sohn abgeschoben zu werden. Die gleiche Angst treibt auch jetzt wieder Einwanderer in den Vereinigten Staaten um, seit Donald Trump erneut Massen-Abschiebungen angekündigt hatte.
Nataly Bernhard erreicht man am späten Samstagvormittag per Telefon in Litchfield Park, einem kleinen Vorort. Wie in den Gesprächen zuvor blickt sie gefasst auf den Wahlausgang - auch wenn sie auf die erste Frau im US-Präsidentenamt gehofft hatte. Und das nicht nur wegen der Frauenrechte. Nataly Bernhard sagt: „Ich werde mein Leben weiterleben.“ Sie meint ihr amerikanisches Vorstadtleben als alleinerziehende Mutter mit zwei Söhnen (bald sechs und zehn Jahre alt). Schon einmal hatte sie berichtet, dass die meisten Amerikaner zwei oder drei Jobs hätten, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben.
Mittelschicht hofft auf sinkende Kosten
Wie viele der amerikanischen Mittelschicht auch, hofft sie nun, dass das alltägliche Leben günstiger wird - wie Donald Trump es versprochen hatte. Sie hat da aber so ihre Zweifel. „Die Kosten kann sich keiner leisten“, sagt sie. Ob sich die Situation für den durchschnittlichen Amerikaner bessern wird? Nataly Bernhard bleibt pragmatisch: „Wir müssen es abwarten.“ Grundsätzlich spreche sie nicht viel über Politik. Im Alltag der meisten Amerikaner sei die Amtseinführung kein großes Thema. Das eigene Leben fordert alle genug. Themen wie die verheerenden Brände bei Los Angeles bewegten die Menschen gerade mehr. Auch aus Arizona seien Feuerwehrleute an die Westküste geflogen, um zu helfen. Nataly Bernhard betont besonders: „Wenn wir Hilfe brauchen, die Mexikaner helfen.“ Und das, obwohl die angekündigten Abschiebungen gerade sie besonders treffen würden.

Anders als im Spätherbst, als die Stimmung durch den Wahlkampf besonders aufgeheizt war, sei sie jetzt „sehr ruhig“, berichtet Nataly Bernhard. Sie selbst arbeitet unter der Woche als Lehrerin, die beiden Söhne gehen zur Schule. Am Wochenende ist Zeit für Sport. „Wir als normale Menschen können sowieso nichts machen“, sagt sie. Es klingt fatalistisch, aber nicht unzufrieden. Sie hat gelernt, sich zu arrangieren.
Einfluss von Elon Musk und Mark Zuckerberg
Gefragt, ob der Einfluss des Unternehmers und Milliardärs Elon Musk auf die Politik die Amerikaner störe, sagt sie: „Ich weiß nicht genug über ihn. Aber ich glaube, er ist nicht der Schlauste.“ Die von Meta-Chef Mark Zuckerberg angekündigten weniger strengen Faktenchecks bei Facebook und Instagram bereiten ihr zwar keine Sorgen, aber korrekt findet sie die Neuerung nicht. Anfang der Woche erst hatte sie selbst ein „komisches Erlebnis“: Ihr Instagram-Account war plötzlich gesperrt. Sie habe gegen Regeln verstoßen, warf man ihr vor. Nataly Bernhard war sich keiner Schuld bewusst. Um ihren Account zurückzubekommen, habe sie zehn Fragen beantworten müssen. Sie kann sich den Vorfall nicht erklären. Ob es einen Zusammenhang zur neuen Unternehmenspolitik gibt?
Im Sommer will Nataly Bernhard mit ihren Söhnen für einen Urlaub nach Marl kommen. Ihr Vater und ihre Großmutter hoffen jedes Mal, dass sie bleibt. Wären die Söhne nicht in Amerika geboren und hätten dort nicht die ersten Jahre ihrer Kindheit verbracht, sie wäre längst zurück. „Deutschland ist mein Zuhause“, sagt Nataly Bernhard.