Gefangen in der eigenen Wohnung Kein Fahrstuhl für schwer kranke Marlerin (65)

Gefangen in der eigenen Wohnung: Kein Fahrstuhl für kranke Marlerin
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Wenn Sonja Prittwitz an ihren bevorstehenden Umzug denkt, wird sie sehr nervös. „Am 5. November wollte ich in meine neue Wohnung“, sagt die 65-jährige Marlerin. Aktuell hat sie allerdings ein großes Problem, das diesen Schritt unmöglich macht. Der Fahrstuhl in dem von ihr bewohnten Mehrfamilienhaus in Marls Stadtmitte streikt. An der Aufzugtür weist seit dem 15. Oktober ein Zettel darauf hin, dass die Anlage wegen Servicearbeiten außer Betrieb ist. Der Lift soll aber in Kürze wieder laufen, verspricht der Aufdruck. Während ihre Nachbarn in der fünften Etage die 74 Stufen nach unten laufen können, ist das für Sonja Prittwitz unmöglich. Die Marlerin ist an Multipler Sklerose erkrankt.

Ein Zettel neben einer Fahrstuhltür weist darauf hin, dass die Anlage außer Betrieb ist.
Ein Zettel neben der Fahrstuhltür weist darauf hin, dass die Anlage außer Betrieb ist. © Patrick Köllner

Arztbesuche fallen aus

Sonja Prittwitz ist bettlägerig, kann Dank ihrer Tochter aber kurzzeitig einen Rollstuhl nutzen. Damit geht es gewöhnlich zu Ärzten, aber auch diese Besuche fallen jetzt aus. „Der Fahrstuhl war in der Vergangenheit immer wieder kaputt“, sagt die 65-Jährige. In diesem Sommer sogar acht Wochen lang. Auch danach gab es wiederholt Störungen. „Man kann sich einfach nicht darauf verlassen.“

Ohne fremde Hilfe käme Sonja Prittwitz nicht zurecht. Ihre Beine sind nahezu taub, laufen ist ausgeschlossen. „Von der Hüfte abwärts ist das nicht mehr mein Körper“, schildert sie ihren Gesundheitszustand. Umso wichtiger ist es, dass ihre Tochter für sie da ist - und dass der Aufzug funktioniert. Sonja Prittwitz ist übrigens nicht die einzige Person in der Wohnung, die auf Hilfe angewiesen ist. Auch ihr Mann ist nicht gesund.

Ersatzteil ist da, Auftrag fehlt

Die neue Hausverwaltung war nach einem Eigentümerwechsel Anfang Oktober bisher nicht zu erreichen. Ein Anruf bei der für den Fahrstuhl zuständigen Firma Schindler ergab, dass das nötige Ersatzteil auf Lager ist. „Die sagten mir, dass die Arbeit in zwei Tagen erledigt sei“, sagt Sonja Prittwitz. Was dazu jedoch fehle, sei der Auftrag der Hausverwaltung. Die Mieterin denkt bereits über Alternativen nach.

Eine Möglichkeit wäre, dass Feuerwehrleute sie nach unten tragen. Auf Nachfrage bestätigt uns ein Mitarbeiter der Marler Feuerwehr, dass die Kollegen das im Notfall grundsätzlich machen. In dieser Angelegenheit allerdings wäre es ratsam, zuerst beim Hausarzt nachzufragen. Der kann bei Bedarf einen Schein für einen Krankentransport ausstellen. Lehnen Arzt oder Krankenkasse das ab, wäre die Aktion vermutlich auch gegen private Zahlung möglich.

Rechtsanwalt Dieter Thomczyk vom Marler Mieterschutzverein empfiehlt, den Vermieter im Vorfeld per Einwurfeinschreiben darauf hinzuweisen, dass der Fahrstuhl am Umzugstag funktionieren muss. Steht der Aufzug, wäre der Vermieter schadenersatzpflichtig und müsste die Kosten tragen.

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