Marler Haus mit Geschichte und Promi-Faktor Viele Zimmer und ein riesiger Garten suchen Käufer

Haus mit Geschichte und Promi-Faktor: Ehepaar Freund zieht es ans Meer
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Stephanie und Olaf Freund sind waschechte Marler. Doch ihren Ruhestand wollen die beiden an der holländischen Küste genießen. Schweren Herzens bieten sie nun ihr Heim, in dem sie 20 Jahren gemeinsam gelebt haben, zum Kauf an. „Ich bin schon als Kind mit dem Rad an diesem Haus vorbeigefahren“, sagt der 59-Jährige heute: „Damals habe ich nur gestaunt und gedacht: Wie kann man nur so groß wohnen?“

278 Quadratmeter Wohnfläche auf 1276 Quadratmetern Eigengrund - das ist schon eine echte Ansage. Wobei der riesige Keller und der Dachboden noch gar nicht mit eingerechnet sind. Und jeder Quadratmeter dieses Hauses in Drewer atmet ein Stück Marler Industriegeschichte. „Unser Haus wurde 1938 erbaut und ist eines der Musterhäuser der Bereitschaftssiedlung“, weiß Stephanie Freund: „In diesen so genannten Doktorenhäusern wohnte die Chefetage der Chemischen Werke Hüls mit ihren Bediensteten.“ Bei einem Rundgang durch die vielen Zimmer der Immobilie wird klar: Hier ging es einst hochherrschaftlich zu.

Olaf und Stephanie Freund stehen im Wohnzimmer ihres Hauses in Marl neben dem Fernseher.
Kaminholz und Riesen-Fernseher: Auch in einem denkmalgeschützten Haus sind viele moderne Gestaltungselemente möglich. © Thomas Brysch

599.000 Euro soll die unter Denkmalschutz stehende Immobilie kosten. „Eigentlich ist das ein Schnäppchen“, sagt Olaf Freund: „Aber wir wollen nicht allzu lange auf einen Käufer warten.“ Das Ehepaar will das Haus ganz ohne Makler an den Mann oder die Frau bringen. „Da spart der Käufer noch einmal zusätzlich die Courtage und wir haben immer den direkten Kontakt mit möglichen Käufern“, sagt Freund.

Blick aus einem Badfenster auf die Straße.
Aus einem Badezimmer des Hauses fällt der Blick auf die unter Denkmalschutz stehende Bereitschaftssiedlung. © Thomas Brysch

„Heute ärgern wir uns schon ein wenig, dass wir das Haus nicht vor drei Jahren angeboten haben, in der Nullzinsphase hätten wir sicher 100.000 Euro mehr erzielen können und das Haus wäre uns aus den Händen gerissen worden“, so Stephanie Freund: „Aber damals waren wir eben noch nicht so weit.“

Stephanie Freund in einem Raum mit Bett.
Eines von vielen individuell gestalteten Zimmern zeigt Stephanie Freund in ihrem Haus, das einen neuen Besitzer sucht. © Thomas Brysch

Mit neun Zimmern ist die Immobilie angegeben. Doch der Gang durch die drei Geschosse des Hauses gibt dem Betrachter schnell das bestimmte Gefühl: Es sind eigentlich viel mehr. Schon der separate Seiteneingang bietet die Möglichkeit eines Zweigenerationenhauses. Das Haus liegt baurechtlich in einem Mischgebiet. Hier kann im Erdgeschoss also auch eine Arztpraxis, ein Büro oder eine Kanzlei einziehen.

Stephanie Freund vor einer Holztreppe.
In dem modern gestalteten Inneren des Hauses finden sich noch Elemente aus dem Jahr 1938 wie diese Holztreppe. © Thomas Brysch

Die Baupläne des Hauses, die an den Käufer übergehen werden, tragen noch den Stempel der IG Farbenindustrie Aktiengesellschaft, einst das größte Chemie- und Pharmaunternehmen der Welt, das nach 1945 von den alliierten Siegermächten zerschlagen wurde. Nach Olaf Freunds Angaben wuchs in diesem Haus der 2022 verstorbene Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele auf, der 1959 am Albert-Schweizer-Gymnasium Abitur machte, dann Jura studierte, sich als Verteidiger von RAF-Terroristen einen Namen machte und später als langjähriges Bundestagsmitglied vom Bündnis 90/Grüne sehr populär war. Sein Vater Rudolf Ströbele war Chef der Organischen Chemie der Chemischen Werke Hüls und hatte daher das Recht, mit seiner Familie in diesem Haus zu wohnen.

Hans-Christian Ströbele vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Hans-Christian Ströbele vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Der inzwischen verstorbene Rechtsanwalt und Bundestagsabgeordnete (Bündnis 90/Grüne) hat seine Jugend in dem Haus in der Bereitschaftssiedlung verbracht. © picture alliance / Uli Deck/dpa

Die Häuser der Bereitschaftssiedlung sind heute ganz überwiegend in Privateigentum. Die Grundsteuerreform trifft die Besitzer dieser Immobilien besonders hart. Für das große Haus von Familie Freund hat sich die Grundsteuer B für 2025 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt, von 900 auf 1.800 Euro. „Für uns ist das sehr ärgerlich und absolut nicht nachvollziehbar“, sagt Stephanie Freund. Die künftigen Besitzer dürfen immerhin darauf hoffen, dass bei einer möglichen Einführung von geteilten Hebesätzen für Gewerbe- und Wohnimmobilien die Steuerlast wieder sinkt.

Stephanie Freund steht in einer Tür.
Historische Holztür: Stephanie Freund heißt Interessenten für ihr Haus willkommen. © Thomas Brysch

Das Haus wird mit Fernwärme beheizt, auch ein Gasanschluss besteht. Es ist mit modernen Bädern und Fenstern mit Doppelverglasung ausgestattet. „Aktuell besteht kein Sanierungsbedarf“, beteuert Olaf Freund. Seit Jahresanfang ist das Haus inseriert: „Wir hatten gestern noch Interessenten hier“, sagt Stephanie Freund: „Die haben über das Haus wirklich gestaunt, waren von den vielen Gestaltungsmöglichkeiten begeistert, aber am Ende war es ihnen einfach zu groß.“

Familie Freund ist telefonisch zu erreichen unter: 0178/1976504

Stephanie Freund kurbelt Rolladen.
Praktische Nostalgie: Mit einer Kurbel lassen sich die historischen Holzfensterladen öffnen und schließen. © Thomas Brysch